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Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition)

Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition)

Titel: Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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Dafür musste sie nicht einmal lügen, es reichte, wenn sie Anna einfach nicht alles erzählte.
    »Du hast abgenommen«, sagte sie zornig, stand von der Bettkante auf und öffnete den Kleiderschrank.
    »Schon möglich«, sagte Paula.
    »Ja, hast du!«
    Jolin zerrte einen frischen dunkelblauen Pyjama hervor und drückte die Tür geräuschvoll wieder zu.
    Paula berührte sie sanft am Arm. »Redest du mit Anna? … Oder mit irgendjemandem sonst?«
    »Du moderierst eine Kochshow, Ma«, sagte Jolin.
    Sie zog ihren Arm weg, trat einen Schritt zur Seite und schlug den Pyjama auseinander.
    »Das ist mir bewusst.«
    »Dann solltest du auch nicht abnehmen«, knurrte Jolin.
    »Und du solltest mit Anna reden«, wiederholte Paula. Sie sah ihre Tochter flehend an.
    Jolin biss die Zähne aufeinander. Das war doch wirklich nicht zum Aushalten! Wenn Paula nicht endlich aufhörte, rutschte ihr womöglich noch die Hand aus. Sie trat einen Schritt zur Seite, riss die Tür auf und machte eine wütende Geste in den Flur hinaus.
    »Würdest du jetzt bitte gehen, damit ich mich umziehen kann?«
    Paula drückte das Tuch zwischen ihren Handflächen zusammen. »Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dass zwischen Rouben und dir …« Sie brach ab, wahrscheinlich weil ihr in diesem Moment klar wurde, dass sie im Begriff war, etwas komplett Falsches zu sagen. Unruhig glitt ihr Blick über die Einrichtung. »Weißt du eigentlich, dass er jeden Abend unten vor dem Haus steht und zu deinem Fenster hinaufstarrt?«
    Jolin zuckte zusammen, als ob man ihr einen Schlag auf den Kopf versetzt hätte, was Paula allerdings nicht zu bemerken schien. Vielleicht glaubte sie, endlich die richtigen Worte gefunden zu haben, und richtete ihre ganze Konzentration nun auf das, was sie sagte. »Immer, wenn ich ein wenig später aus dem Studio gekommen bin, stand er im Schatten der Straßenlaterne … unbeweglich wie eine Statue«, fuhr sie fort. »Ich bin auf ihn zugegangen, habe ihn angesprochen, aber er hat nicht mal mit der Wimper gezuckt.«
    »Vielleicht war er einfach darauf fixiert, dass ich ans Fenster komme und zu ihm runtersehe, und hat dich deshalb nicht bemerkt«, erwiderte Jolin. Sie musste etwas sagen; wenn sie sich jetzt weiter sperrte, konnte das fatale Folgen haben.
    »Ja.« Paula nickte. »Einmal hätte ich ihm das auch durchgehen lassen. Aber es ist wieder und wieder passiert. Außerdem … Wenn er es tatsächlich darauf angelegt hätte, dass du ihn siehst, hätte er sich ja wohl mitten in den Lichtkegel gestellt, oder nicht?«
    Jolin zuckte die Achseln. »Keine Ahnung«, bemerkte sie kühl. »Und ehrlich gesagt, es interessiert mich auch nicht.«
    Wieder stieß ihre Mutter einen Schwall Luft aus. Plötzlich wirkte sie erleichtert. »Dann hast du dich also von ihm getrennt?«
    Jolin blähte die Nasenlöcher. »Sozusagen«, presste sie hervor.
    Paula runzelte die Stirn. »Es ist also noch nicht …?«
    »Nein, es ist noch nicht perfekt«, bestätigte Jolin mit sarkastischem Unterton. Sie schob das Kinn vor und sah ihre Mutter herausfordernd an. »Ist es das, was du sagen wolltest?«
    Um Paulas Mundwinkel zuckte es. Sie bemühte sich offensichtlich, Jolin in die Augen zu sehen, doch ihr Blick glitt immer wieder zur Seite. »Ich mochte ihn sehr. Wirklich. Aber inzwischen ist er mir nicht mehr ganz geheuer. Und du …«, fügte sie nach einem kurzen Zögern hinzu. »Du bist es auch nicht.«

    Unmittelbar nachdem ihre Mutter das Zimmer verlassen hatte, drückte Jolin die Tür zu, drehte in aller Eile den Schlüssel rum und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Sie stellte sich vor, wie ihre Eltern aufrecht nebeneinander in ihrem Ehebett saßen und erregt miteinander diskutierten.
    Jolin hatte das altmodische Zifferblatt ihres Weckers auf dem Nachttisch genau im Blick, sie verfolgte das Vorrücken des Minutenzeigers und atmete so tief wie möglich bis in den letzten Zipfel ihrer Lungenflügel hinunter, doch es wollte ihr einfach nicht gelingen, sich zu beruhigen.
    Was dachten Paula und Gunnar über sie beide? Glaubten sie, dass sie Drogen nahmen? Oder wie hatte ihre Mutter es sonst gemeint, wenn sie äußerte, dass Rouben ihr nicht geheuer sei? Hielt sie ihn etwa für geistesgestört? Für einen gefährlichen Psychopathen? – Es spielte keine Rolle. Das zumindest versuchte Jolin sich einzureden, denn all das war tausendmal besser als die Wahrheit, die ja nicht einmal sie selbst bis in jede Einzelheit kannte. Sie war sich todsicher, dass Rouben

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