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Neun Tage Koenigin

Neun Tage Koenigin

Titel: Neun Tage Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Meissner
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brauchst, dann würdest du nicht versuchen, eure Ehe aus der Ferne in Ordnung zu bringen!“
    Ich legte den alten Deckenfetzen über das blaue Geschirr und holte verhalten Luft. „Es geht nicht nur um mich, Mama. Es geht auch um Brad.“
    „Das sage ich doch! Wie wollt ihr denn die Sache klären, wenn ihr euch nicht professionelle Hilfe holt?“
    Ich stellte das eingepackte Geschirr mit Nachdruck auf dem Tisch ab und sagte: „Bitte, Mama. Wir werden darüber nicht hier und jetzt reden.“
    „Du willst nie darüber reden.“
    „Es ist auch nichts, worüber du und ich reden müssten!“ Ich griff nach einer Tasse.
    „Na ja, aber mit irgendjemandem solltest du schon darüber reden – und zwar mit einem Profi, einem Eheberater zum Beispiel. Sie helfen Paaren, mit ihrer Unterschiedlichkeit zurechtzukommen.“
    Ich hätte beinah die Tasse auf den Boden gepfeffert. „Brad und ich kabbeln uns nicht wegen irgendwelcher Unterschiede, Mama! Er hat beinah eine Affäre gehabt. So, jetzt weißt du es!“
    Meine Stimme war nur noch ein raues Flüstern, aber wenigstens war es jetzt heraus. Alles war heraus. Brad war in New Hampshire, weil er in New York beinah eine Affäre angefangen hätte.
    Die Augen meiner Mutter wurden ganz groß. „Brad … hat eine Affäre gehabt?“
    „Ich habe gesagt ,fast‘. Er ist nach New Hampshire gezogen, um von ihr wegzukommen, nicht von mir. Weil er Angst hatte, dass er sich sonst in sie verlieben und die Sache aus dem Ruder laufen würde.“
    Meine Mutter schaute nach unten auf das verpackte Geschirr in ihren Händen. „Das glaube ich nicht. Das kann ich nicht glauben!“
    Aber ich sah ihr an, dass sie es doch glaubte. Die Enttäuschung in ihrem Gesicht war ernüchternd.
    „Hast … hast du ihn deshalb rausgeworfen, und er ist daraufhin erst nach New Hampshire gegangen?“
    „Er ist gegangen, bevor ich überhaupt davon erfahren habe.“
    Ich wickelte eine weitere Tasse ein, während meine Mutter stocksteif wie eine Statue mit einer Tasse in der Hand dastand.
    „Warum?“, meinte sie schließlich. „Warum hätte er denn so etwas tun sollen?“
    Da packte mich wirklich die Wut. Ich stemmte beide Hände auf den Tisch, und Janes Ring funkelte mich an. Es war fast so, als ob der Ring an meinem Finger mich furchtlos machte.
    „Willst du damit sagen, dass es irgendwie meine Schuld ist?“, gab ich zurück.
    Sie blickte zu mir auf. „Und, ist es so? Hast du ihn weggestoßen?“
    Meine Mutter wollte nicht glauben, dass Brad mir praktisch untreu gewesen war, aber sie war kurz davor zu glauben, dass ich ihn in die Arme einer anderen Frau getrieben hatte. Ich schaute auf meine Hände hinunter, die ich immer noch auf die hölzerne Tischplatte gestemmt hatte, und ich sah den Ring. Der blaue Stein in der Mitte erinnerte mich an das Meer, die Rubine an Blut. Ich konnte nicht anders, als an die Frau zu denken, von der ich mir wünschte, dass er ihr gehört hatte. Die Frau, die nicht den Hauch einer Wahl gehabt hatte. Und meine Wut verrauchte.
    „Warum wolltest du, dass ich Brad heirate, Mama? Warum hat er dir so gefallen?“
    „Was? Was soll denn jetzt diese Frage?“
    „Warum, Mama?“
    „Ich fasse es nicht, dass du das fragst!“
    „Ich will es aber wissen.“
    „Weil ich wollte, dass du glücklich wirst!“
    „Glücklich?“
    „Ja, glücklich! Alles, was dein Vater und ich uns jemals für dich gewünscht haben, ist, dass du glücklich wirst. Brad war ein wunderbarer junger Mann mit einer strahlenden Zukunft. Wir wollten einfach, dass du glücklich bist! Ist das denn so schrecklich?“
    „Aber du bist nicht für mein Glück verantwortlich, Mama!“
    Sprachlos starrte sie mich an.
    Und ich war ebenfalls sprachlos.
    Meine Eltern waren nicht für mein Glück verantwortlich.
    Das war niemand außer mir selbst.
    Plötzlich fiel alles in meinem Leben an seinen Platz. Es war, als wäre die Zeit stehen geblieben und ich bekäme einen überwältigenden Augenblick geschenkt, in dem ich den Unterschied zwischen diesem Augenblick und dem unmittelbar davor begriff. Das hatte mir Dr. Kirtland begreiflich zu machen versucht. Niemand traf Entscheidungen für mich. Ich traf sie selbst. Wenn ich bei den Entscheidungen, die ich traf, keine Risiken einging, dann war das so, weil ich nicht den Mut hatte, sie zu treffen, oder weil ich nicht bereit war, mit den Folgen zu leben. Ich wollte nicht das Risiko eingehen, mich selbst zu enttäuschen. Es war sicherer gewesen abzuwarten, als selbst zu handeln. Es war

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