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Neun Tage Koenigin

Neun Tage Koenigin

Titel: Neun Tage Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Meissner
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die Scheidung wollte. Es war mir noch gar nicht in den Sinn gekommen, dass es auch meine Entscheidung war, ob ich mich von ihm scheiden lassen wollte oder nicht. Und in dem Moment, als mir das klar wurde, wusste ich, dass ich es nicht wollte. Brad hatte mich verletzt, aber ich wollte mich nicht von ihm scheiden lassen. Eine Scheidung kam mir vor wie ein bodenloser Abgrund.
    „Liebst du Papa noch, Mama?“ Connors behutsame Frage holte mich aus meiner Innenschau zurück.
    Ich hatte ihn zwar verstanden, fragte aber trotzdem nach: „Wie bitte?“
    „Ich habe gefragt, ob du Papa noch liebst.“
    Und als ich jetzt in meinem Antiquitätenladen stand, umgeben von Hunderten von Relikten vergangener Leben, glücklicher wie unglücklicher, da wusste ich, dass es so war. Ich liebte Brad. Nicht aus einem großen, offensichtlichen Grund, sondern aus einer Million kleiner Gründe, Gründe, die zu unspektakulär und zu zahlreich schienen, um sie alle aufzuzählen. Wir waren wie zwei Menschen in einer arrangierten Ehe, die einander bei der Hochzeit noch völlig fremd sind, und zwanzig Jahre später eines Morgens aufwachen und sich nicht mehr vorstellen können, ohne den anderen an ihrer Seite jemals glücklich zu sein. Ich jedenfalls fühlte mich jetzt so. Und ich wusste, dass ich meine Augen für diese Unmenge kleiner, unspektakulärer Gründe öffnen musste. Wir beide mussten das.
    Er hatte mich verletzt, aber ich liebte ihn immer noch.
    Diese beiden Wahrheiten waren wundervoll und schrecklich zugleich.
    „Ja“, sagte ich und hörte Connor am anderen Ende der Leitung aufatmen.
    „Und wie geht es jetzt weiter?“, wollte er wissen.
    Ich wollte gerade sagen, dass ich das nicht wisse, als die Ladentür aufging und meine Mutter mit einem großen Wäschekorb und einer alten, ausgebleichten Tüte von Macy’s hereinkam. Ich musste mich also jetzt kurzfassen, ganz besonders bei diesem Anruf.
    „Deine Großmutter ist gerade zur Tür hereingekommen, Connor, tut mir leid. Ich kann dich ja heute Abend noch mal anrufen, ja?“
    „Ja, klar.“
    Ich sagte ihm, dass ich ihn lieb hätte, und wir beendeten das Gespräch. Meine Mutter kam forsch auf mich zu, und sowohl Stacy als auch Wilson begrüßten sie im Vorbeigehen. Der Wäschekorb in ihren Armen war mit irgendwelchen Stofffetzen gefüllt. Ich erkannte darunter auch eine ihrer alten Weihnachtstischdecken wieder. Sie stellte die Tüte von Macy’s zu ihren Füßen auf dem Boden ab und sagte: „Ich richte ein Haus in Brooklyn für den Verkauf her und brauche dafür unbedingt dein Meißener Geschirr. Es würde perfekt in das dortige Esszimmer passen.“
    „Hallo, Mama, ich freue mich auch, dich zu sehen“, begrüßte ich sie und steckte mein Handy wieder in die Tasche.
    „Also, krieg ich es jetzt oder nicht?“ Sie trug einen melonengrünen Leinenanzug mit einem cremeweißen Top darunter.
    „Ich habe das Service aber nur für sechs Personen.“
    „Das ist perfekt. Mehr Plätze hat der Esstisch dort auch gar nicht. Und kann ich auch das Marmorschachspiel haben? Das kleine? Ich habe ein paar alte Tischdecken zerrissen, um die Sachen zu verpacken. Ich brauche auch gar nicht das ganze Service, nur die Dessertteller, Tassen und Untertassen. Bitte. Das Haus ist bestimmt bis Ende des Monats verkauft, dann hast du die Sachen in Nullkommanichts wieder zurück.“
    „Klar, komm mit. Ich helfe dir beim Einpacken.“
    Wir gingen zu dem alten gedrechselten Eichentisch, auf dem das Meißener Porzellan derzeit seine Tage fristete.
    „Ja, das passt perfekt“, flötete sie und nahm einen Teller in die Hand. Sie schaute über die Schulter nach hinten, sah, dass Wilson gerade einen Kunden bediente und Stacey hinten im Laden am Computer war, und fragte: „Und, wie ist es am Wochenende gelaufen?“
    Ich nahm einen Teller vom Tisch und wickelte ihn in einen der Tischtuchfetzen mit Weihnachtssternen darauf. Ich wusste, was sie eigentlich wissen wollte, aber ich antwortete ihr nur, dass Connor seine Sache großartig gemacht hätte.
    Sie schürzte die Lippen. „Das meine ich nicht! Ich meine, wie es mit dir und Brad gelaufen ist! Habt ihr geredet? Habt ihr die Sache in Ordnung gebracht? Leslie hat gesagt, du hättest bei ihm übernachtet.“
    Vielen Dank, Leslie.
    „Natürlich haben wir geredet, Mama.“
    „Und?“
    „Und es gibt Dinge, die wir klären müssen.“
    „Was denn? Was denn für Dinge?“
    „Mama!“
    „Was denn? Ich sage doch nur, wenn du dir eingestehen würdest, dass du Hilfe

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