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Neun Tage Koenigin

Neun Tage Koenigin

Titel: Neun Tage Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Meissner
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Antwort. „Jemanden vom Königshof?“
    Ihr Lächeln wurde breiter, und sie blickte mich hoffnungs- und erwartungsvoll an.
    „Edward Seymour“, flüsterte sie. „Den Sohn des Lordprotektors. Den, der den Brief geschickt hat.“
    Einen Moment sagten wir beide nichts. Ich merkte, dass sie eine Verbindung zu mir spürte, und zwar nicht nur, weil ich sie am Vortag tröstend in den Arm genommen hatte und wir außerdem beide etwa im gleichen Alter waren. Ich hatte den Brief von Edward Seymour gesehen. Ich hatte ihn zwar nicht gelesen, aber ich hatte ihn gesehen. Ich hatte die flüssige Handschrift gesehen, die Form der Buchstaben, den Schwung seiner Feder.
    Der Grund für die Unruhe, die ich am Vorabend bei ihr bemerkt hatte, war also nicht der, dass sie den Inhalt des Briefes fürchtete, sondern dass der junge Mann, dessen Aufmerksamkeit sie erröten ließ, ihr einen Brief geschickt hatte und ihr die Freude verwehrt worden war, ihn zu lesen. Und ihn noch einmal zu lesen. Und noch einmal.
    „Ich hätte nicht gedacht, dass er sich überhaupt an mich erinnert“, sagte sie leise. „Ich bin ihm nur ein einziges Mal begegnet, aber ich erinnere mich gut an ihn. Ich erinnere mich, welche Gefühle er bei mir weckte. Wahrscheinlich denkst du, dass ich noch viel zu jung bin, um diese Gefühle zu kennen, nicht wahr?“
    Ich schüttelte den Kopf. „Nein, Mylady. Das denke ich nicht.“
    „Hast du ihn gesehen, als er in Bradgate war?“
    „Ja, Mylady.“
    „Was hältst du von ihm, Lucy?“ Ihr Tonfall war hoffnungsvoll.
    „Er … er scheint ein freundlicher Mensch zu sein. Er war höflich zu Euren Eltern und nett zu Euren Schwestern, und er hat ein gewinnendes Lächeln.“
    Sie lächelte, und ihr Blick drückte Freude aus, und dann, genauso schnell, wurde sie wieder bange. „Du darfst darüber nicht mit dem Admiral sprechen, Lucy. Es würde ihn sicher verärgern, wenn er wüsste, dass ich Zuneigung für den Sohn seines Bruders empfinde. Er und sein Bruder, der Lordprotektor … also … sie …“ Aber mehr konnte sie nicht sagen, denn in dem Augenblick ging hinter uns die Tür auf, und Mrs Ellen kam ins Zimmer gerauscht.
    „Ach, da seid Ihr!“, sagte Mrs Ellen munter, während sie auf uns zukam.
    Und Jane und ich nahmen wieder jede unsere Stellung ein –
sie die der Base zweiten Grades des Königs von England und ich die der bescheidenen Tochter eines Herrenschneiders.

Zehn
    Der Lord Admiral kehrte schon kurz nachdem Königin Katherine zur letzten Ruhe gebettet worden war nach Sudeley zurück. Er teilte nicht mit, wo er sich während seiner Abwesenheit aufgehalten hatte, aber unter den Bediensteten munkelte man, er habe Zeit mit Prinzessin Elisabeth verbracht, und solches Gerede wurde immer von Gekicher und anzüglichen Gesten begleitet. Der Lord Admiral verkündete dem gesamten Haushalt sogleich nach seiner Rückkehr, dass wir nach Hanworth umziehen würden. Es wurde dafür zwar kein Grund genannt, aber Mrs Ellen erzählte mir, dass der Admiral die Absicht hätte, Janes Eltern davon zu überzeugen, sie unter seiner Obhut zu belassen und dass seine Aussichten, eine Heirat zwischen Mylady und Ihrer Majestät zu arrangieren, immer noch günstig stünden. Hanworth sei besser mit der Kutsche zu erreichen als Sudeley, und so könne man Jane viel einfacher aus Bradgate zurückholen.
    Jane war während der Reisevorbereitungen melancholisch und wortkarg, während ich damit beschäftigt war, ihre Kleider, Schleier und Umhänge zusammenzusuchen.
    Als ich Mrs Ellen später fragte, ob Mylady krank sei, antwortete sie: „Lady Jane ist hier auf Sudeley glücklich gewesen. Es fällt ihr schwer, von hier fortzugehen, auch wenn die Königin nicht mehr lebt. Und das Baby wird nicht mitkommen.“
    Das überraschte mich. „Aber wieso denn nicht?“
    Sie zuckte nur mit den Achseln. „Der Admiral benötigt das Kind nicht.“
    „ Benötigt ?“
    Mrs Ellen senkte den Kopf und beugte sich verschwörerisch zu mir. „Für den Fall, dass du bei uns bleibst, ist es wohl am besten, wenn du es auch erfährst – je früher, desto besser –,
aber wenn du das irgendeiner Menschenseele gegenüber wiederholst, besonders Lady Jane gegenüber, werde ich leugnen, es je gesagt zu haben.“
    Sie wartete ab, bis ich ihr durch ein Nicken zu verstehen gab, dass ich ihre Worte zur Kenntnis genommen hatte. Aber das Nicken genügte ihr offenbar noch nicht.
    „Du sagst von all dem nichts zu Jane“, beharrte Mrs Ellen. „Sie ist ganz vernarrt in den

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