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Neun Tage Koenigin

Neun Tage Koenigin

Titel: Neun Tage Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Meissner
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dass er Jane als sein Mündel behält.“
    „Er bezahlt ihn?“
    Mrs Ellen verzog das Gesicht. „Ja, zweitausend Pfund.“
    Die Herbstmonate verbrachten wir dann am Seymour Place in London. Den Admiral bekamen wir nur selten zu Gesicht. Lady Janes Hauslehrer sorgte dafür, dass sie mit Unterricht beschäftigt war, sehr viel beschäftigter, als ich es bei einer jungen Frau ihres Standes vermutet hätte. Ich verbrachte die Wochen damit, Risse zu flicken, Säume herauszulassen, Knöpfe und Haken und Ösen wieder anzunähen, und in meiner Freizeit arbeitete ich an einem Weihnachtskleid für Jane, einer cremefarbenen Robe, die mit Schwänen und Lilien bestickt und mit Hermelin besetzt war. An den meisten Tagen war ich allein in der Garderobe.
    Ich schrieb meinen Eltern, dass ich nicht glaubte, über die Festtage nach Hause kommen zu können, weil es den Anschein hätte, dass Jane und ich zum Fest am Seymour Place in London bleiben müssten. Es wäre dann schon das zweite Jahr in Folge, dass ich zum Fest nicht würde zu Hause sein können. Meine Mutter hatte wohl gespürt, wie traurig ich darüber war, und in ihrem Antwortbrief schrieb sie mir, dass es vielleicht Gottes Plan für mich sei, das Weihnachtsfest mit der jungen Lady Jane zu verbringen, die mich ja offenbar in ihr Herz geschlossen hätte und auf meine Freundschaft sehr angewiesen sei. Meine Mutter hatte dem Brief ein Taschentuch beigelegt, das mein Vater in seinem Sessel am Feuer genäht hatte. Ich steckte es gleich in meinen Ärmel, um es immer bei mir zu haben, denn es roch nach ihm und nach zu Hause.
    Ich gab mir Mühe, mich nicht weiter um den Dienstbotenklatsch zu scheren, aber das erwies sich als schwierig, denn ein großer Teil davon hatte mit Lord Admiral Seymore zu tun.
    Es wurde gemunkelt, er hätte die Königin vergiftet, was ich mich schlicht zu glauben weigerte, denn es hätte gar keinen Sinn ergeben. Ich war erleichtert, dass es Jane erspart blieb, diese haarsträubenden Gerüchte zu hören zu bekommen. Aber es gab andere Gerüchte, die man nur schwer von ihr fernhalten konnte.
    Eine der Küchenmägde erzählte mir, dass der Admiral im vergangenen Frühjahr in Hanworth noch vor Sonnenaufgang ins Schlafgemach von Prinzessin Elisabeth geschlichen sei und sie gekitzelt hätte, als sie noch im Bett gelegen hatte. Und das, obwohl er mit der Königinwitwe gerade frisch vermählt gewesen sei.
    Und als der Admiral dann im November abgelehnt hatte, am Parlament teilzunehmen, hatte es Gerede gegeben, dass er zu viel Zeit oben im Norden verbrächte, wo er allem Anschein nach zu einem Zweck, den niemand kannte, eine kleine Armee aushob, und dass er, ebenfalls aus unbekannten Gründen, mit Piraten verkehre.
    Die Weihnachtsfeiertage verbrachte er zwar bei uns, aber mit den Gedanken war er ganz woanders. Ich sah ihn seltener als Lady Jane, aber sie fragte mich dennoch – ausgerechnet mich –, mit welchen Dingen der Admiral wohl beschäftigt sein könne, die ihn so viel Zeit kosteten.
    Das wusste ich natürlich nicht, aber dann hörte ich zufällig ein Gespräch zwischen ihm und seiner Mutter, Lady Margery, mit an. Diese war Janes Anstandsdame, wenn der Admiral nicht zu Hause war. Ich hörte nur ein paar Gesprächsfetzen, als ich zwei Tage vor Weihnachten in der Bibliothek am Fenster saß, wo ich gerade einen Brief an meine Eltern schrieb.
    Lady Margery und der Admiral unterhielten sich in gedämpftem Ton, als sie an der offenen Bibliothekstür vorbeigingen und dann kurz dahinter stehen blieben. Sie hatten mich offenbar nicht bemerkt.
    Lady Margery sagte: „Aber er ist dein Bruder!“
    Worauf der Admiral etwas entgegnete, das ich nicht verstehen konnte.
    „Was du da machst, ist Hochverrat, Thomas! Ich bitte dich, überleg es dir noch einmal! Das kannst du nicht ohne die Zustimmung des Thronrates tun, und das weißt du auch!“
    „Und Ihr solltet wissen, dass ich dort Freunde habe. Verbündete. Ihr macht Euch zu viele Sorgen, Mutter.“
    Dann gingen sie weiter, aber erst nachdem Lady Margery den Lord Admiral noch einmal mit gequälter Stimme daran erinnert hatte, dass der Lordprotektor schließlich sein Bruder sei.
    Der Januar kam mit grimmiger Kälte, und das ganze Haus schien den Atem anzuhalten, während wir alle darauf warteten, dass es wieder wärmer wurde. Jane vertiefte sich ganz in das Lernen, um die Zeit herumzubringen, und ich bot an, Lady Margery ein neues Kleid zu nähen, sodass auch ich etwas hatte, um mich von der Anspannung abzulenken, die um

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