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Neun Tage Koenigin

Neun Tage Koenigin

Titel: Neun Tage Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Meissner
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es jemandem zeigen konnte, nicht einmal der lieben Jane, aber ich hatte versprochen, es ihr zu zeigen, sobald es fertig war. In der Zwischenzeit beschrieb ich ihr, wie ich es mir vorstellte.
    Also begann ich einmal mehr mit meiner Beschreibung.
    „Es hat einen langen, fließenden Rock aus weichem goldenem Batist, der hier und da in bauschigen Falten gerafft ist. Das Mieder werde ich mithilfe von Silberfäden mit winzigen Disteln besticken, die wie Diamanten glitzern. An den Schultern wird der Stoff zu Puffärmeln aus weißer und silberner Gaze gebauscht. Und es hat einen Kragen, der ebenfalls mit Silberfäden bestickt ist und mit venezianischer Spitze eingefasst.“
    „Und dein Schleier?“, fragte Jane lächelnd.
    „Der wird wie ein Wasserfall aussehen, und es werden winzige weiße Rosen und rosa Astern und Rittersporn von oben bis hinunter zur Schleppe wie Streublumen darauf gestickt sein.“
    „Ich wünschte, du würdest etwas von meinem Schmuck tragen.“ Janes Stimme klang sehnsüchtig. „Meine Kette mit den Diamanten und Amethysten würde sicher wundervoll zu dem Kleid passen.“
    Das sagte sie, um mich zu necken, denn Jane wusste natürlich, dass ich unmöglich bei meiner Hochzeit ihren Schmuck würde tragen können. Wahrscheinlich würde sie nicht einmal die Erlaubnis bekommen, überhaupt an der Hochzeit teilzunehmen.
    Jane erhob sich vom Sofa. An diesem Tag trug sie eine Robe aus schlichtem Samt mit wenig Spitze am Hals. So schlicht kleidete sie sich schon, seit sie fünfzehn war, es sei denn, ihre Eltern gingen mit ihr aus und bestanden auf etwas Prunkvollem. Ansonsten trug sie Schwarz, Grau und Dunkelbraun. Als ihre Schneiderin hatte es mich lange Zeit traurig gemacht, sie ständig in so düstere Töne gekleidet zu sehen, und das auch noch freiwillig. Aber Jane war immer stiller und in sich gekehrter geworden, während ihr Schicksal weiter ungeklärt blieb und wie ein zerbrochenes Pendel über ihr hing, das weder in die eine noch in die andere Richtung ausschlug. Dieser Zustand spiegelte sich in ihrer Kleidung wider. Die Herzogin kümmerten Janes Bemühungen um extreme Bescheidenheit nicht weiter, aber es gab ganz offensichtlich vieles, das die Herzogin nicht kümmerte, wenn es um Jane ging. Obwohl sie auch selbst Protestantin war, verstand die Herzogin den Wunsch ihrer Tochter nicht, frei zu sein von allem Eitlen und Gottlosen und Überheblichen. Ich verstand es ehrlich gesagt auch nicht richtig, denn für mich war auch Schönheit etwas, das von Gott geschaffen war und ihm gefiel – doch Jane und ich lebten ja auch in unterschiedlichen Welten. Das war mir sehr bewusst, und deshalb respektierte ich ihre Entscheidungen und bewunderte sie sogar dafür.
    „Ich wünschte, du könntest mein Hochzeitskleid nähen“, sagte Jane und wandte sich mir zu. „Du solltest es sein, aber meine Mutter wird ganz sicher auf ihrer eigenen Schneiderin bestehen.“
    „Es wird gewiss ganz wunderschön werden, Mylady. Ganz bestimmt. Wie soll es denn aussehen?“
    Sie atmete schwer aus. „Wie sähe es denn aus, wenn du es nähen würdest, Lucy?“
    Ihr Blick auf mich war gleichermaßen verzagt und sehnsüchtig. Es war ein Blick, der so gar nicht zu einer jungen Frau passen wollte, die bald heiraten würde. Sorgfältig wählte ich meine Worte.
    „Vielleicht ein Kleid nach der italienischen Mode, hmmm? Ein Rock aus silbernem Gewebe mit einem Mieder, das mit silbrigem Netzgewebe überzogen ist und mit euren Lieblingsedelsteinen besetzt. Passende, leicht geraffte Ärmel –“
    „Und kein Reifrock“, unterbrach Jane mich. „Ich will schließlich nicht wie ein Zwiebelturm aussehen.“
    Ich lachte. „Also kein Reifrock. Stattdessen soll Euer Rock aus schmalen Streifen von Silberstoff sein, eingefasst mit goldener Spitze und verschnürt mit Perlenschnüren.“
    „Und keine Rüschen. Ein schlichter Schleier. Mit Blumen, so wie deiner?“
    „Natürlich.“
    Jane nahm wieder auf dem Sofa Platz. Ich machte mich wieder an meine Flickarbeit und wartete darauf, dass sie mir jetzt erzählen würde, was Edward tragen sollte. Ich wartete eine Weile, aber es blieb still. Als ich schließlich zu ihr aufblickte, starrte sie mich an.
    „Hast du Angst?“, fragte sie mich.
    „Angst?“
    Ich errötete ein wenig. Jetzt, wo der Augenblick näher rückte, dass Nicholas und ich endlich zusammen sein würden, rang ich mit einer seltsamen Art von Ängstlichkeit, die aber mehr mit Sehnsucht als mit Furcht zu tun hatte. Doch ich spürte,

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