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Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition)

Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition)

Titel: Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meira Pentermann
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versuchte überzeugend zu klingen.
    „Du lügst.“
    Er verzog das Gesicht. „Man wird nur ein wenig klaustrophobisch. Und es ist laut. Alina, hast du irgendwelche Ohrstöpsel?“
    Sie seufzte, griff in ihre Tasche und zog ein Tempo heraus. Sie riss es in kleine Stücke, rollte die viereckigen Teile zu improvisierten Ohrstöpseln zusammen und steckte sie Natalia in die Ohren. „Hör auf rumzutrödeln, Leonard. Ich weiß nicht, wie viel Zeit wir haben.“
    „Niemand wird uns stören.“
    Sie sah ihn finster an, half Natalia auf den Tisch und legte die Arme ihrer Tochter behutsam neben ihren Körper. Sie gab ihr hastig einen Kuss und zog Leonard in den Seitenraum.
    Der kleine Raum war düster und bedrückend und in ihm befanden sich zwei Bildschirme und eine Reihe von Kabeln, die zu einem Computer führten. Der Raum hatte drei Wände – eine in Richtung MRT, eine hinter ihnen und eine rechts. Die linke Seite war offen und schien weiter in den Keller zu führen. Alina verschwendete keine Zeit und brachte das Gerät sofort zum Laufen. Es sprang wieder an und erfüllte den Raum mit seinem disharmonischen Rhythmus. Alina legte hoch konzentriert die Stirn in Falten und zeigte Leonard, wie man das Gerät anschaltete und welche Optionen er wählen musste, um die Maschine richtig zu bedienen, sobald Alina an der Reihe war.
    Fünfzehn Minuten später sprang Natalia erleichtert vom Tisch. Alina lief aus dem Seitenraum, um sie zu untersuchen. „Alles klar.“
    Eine Sekunde später war ein schwaches Ping–Geräusch zu hören und signalisierte, dass der Aufzug im Keller angekommen war.
    Alinas Gesicht wurde kreidebleich. „Pssst“, befahl sie und schaltete das Licht aus. „Wahrscheinlich nur jemand, der Zubehör holen kommt, aber wir wollen trotzdem nicht, dass sie uns hier entdecken.“
    Leonard strengte sich an, die näher kommenden Stimmen zu verstehen.
    „Seltsame Geräusche, Ben. Wo ist dein Elektroschocker?“
    „Entspann dich, Stan. Ich bin sicher, es ist nichts.“
    Alina griff nach Leonards Arm und flüsterte ihm ins Ohr: „Ihr müsst gehen.“
    „Wovon redest du?“
    „Ihr beide müsst hier weg.“
    „Blödsinn“, entgegnete er. „Nicht ohne dich.“ Als seine Augen sich langsam an das schwache Licht gewöhnten, sah er Alinas sowohl ängstliches als auch schmerzverzerrtes Gesicht.
    Sie schüttelte den Kopf und sagte sanft, als ob sie mit einem Kind redete: „Du musst hier weg und Natalia mitnehmen.“
    „Wo sollen wir uns treffen?“
    „Nein“, sagte sie bestimmt.
    „Wo, Alina?“, fragte Leonard verzweifelt.
    Die fremden Stimmen wurden lauter. „Ich höre im Moment nichts“, sagte einer der Männer.
    „Hier lang“, erwiderte der andere.
    Die Sicherheitsmänner schienen auf die andere Seite, parallel zum MRT–Raum, zuzulaufen und ihre Stimmen wurden wieder etwas leiser.
    „Wir warten einfach“, flüsterte Leonard. „Sie werden sicher gleich wieder gehen.“
    Alinas Gesicht versteinerte sich. „Nimm Natalia und geh. Durch den Raum da raus.“ Sie zeigte auf das angrenzende Zimmer in Richtung der fehlenden Wand.
    „Aber—“
    „Jetzt sofort!“
    Natalia griff nach dem Arm ihrer Mutter. „Mom, lass uns doch einfach hier hinten ein Versteck suchen.“
    Alina biss sich auf die Lippe und versuchte einen Gefühlsausbruch zu unterdrücken. „Verdammt nochmal. Geht jetzt. Beide.“ Sie schüttelte Natalias Arm ab und vermied es, ihrer Tochter in die Augen zu sehen. „Ich falle euch jetzt nur noch zur Last.“
    Leonard schreckte zurück. „Wow, mal ganz langsam jetzt. Du fällst uns doch nicht zur Last. Was soll das überhaupt heißen?“
    „Du Dummkopf. Ich habe immer noch einen funktionierenden Sender in mir drin.“
    „Wir warten, bis auch du durch das MRT bist.“
    „Verstehst du es nicht? Selbst wenn die Männer da draußen gleich verschwinden sollten, werden sie sofort wieder hinuntergestürmt kommen, wenn sie noch mal irgendwelche Geräusche hören. Außerdem, wer sagt, dass sie ihren Nachmittag jetzt nicht hier unten verbringen? Es ist zu spät.“
    „Mom.“ Natalia schluchzte leicht und versuchte, dabei so leise wie möglich zu sein.
    Alina ignorierte ihre Tochter weiterhin und richtete ihren Blick auf Leonard. „Wenn wir alle davonlaufen, werden sie uns folgen, aber wenn sie nur mich hier entdecken, wie ich an dem Gerät herumspiele—“
    „Im Dunkeln?“
    „Diese Jungs haben doch keine Ahnung“, sagte sie geringschätzig. „Ich sage ihnen einfach, ich suche nach etwas,

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