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Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition)

Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition)

Titel: Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meira Pentermann
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gezeigt.“
    „Collins?“
    „Der Verwaltungsleiter. Aus dem Krankenhaus.“
    „Ach so, klar. Sorry.“
    „Das war sehr verdächtig.“ Trotz der aufdringlich lauten Stimme des Sprechers der Natursendung flüsterte Alina. Leonard musste sich näher zu ihr vorbeugen, um sie bei all dem Lärm überhaupt verstehen zu können. „Alle waren schon mal getestet worden. Einfach jeder.“ Sie hielt einen Moment inne und suchte nach den passenden Worten. „Warum sollte man ihn also erneut testen?“
    „Mit Sicherheit kann das Virus hier und da einfach mal wieder auftauchen. Ihr könnt es ja nicht komplett ausgerottet haben.“
    „Ich weiß, aber warum haben sie dann ausschließlich ihn noch mal getestet? Zu dem Zeitpunkt wurden nur wenige Wiederholungstests durchgeführt. Aber nicht lange nach der Sache mit Collins wurden plötzlich immer mehr Wiederholungstests angesetzt.“
    „Ich versteh nicht, was—“
    „Es ist ein Vorwand, um die Leute umzusiedeln , die…“ Alina starrte betroffen auf den Boden, so, als ob sie in irgendeiner Form für diese Verschwörung verantwortlich wäre. „…die nicht allzu begeistert von der Regierung sind.“
    „Das ist eine interessante Vorgehensweise, um Regimekritiker loszuwerden.“
    „Pssst.“
    Leonard hielt ihre Hände fest. „Aber das bedeutet doch noch lange nicht, dass unser Haus verwanzt ist.“
    „Ich bin noch nicht fertig. Als Collins drei Tage hintereinander nicht zur Arbeit gekommen war, wunderte ich mich. ‚Ist er krank?‘, fragte ich eine Krankenschwester namens Brenda.“
    „Ist das dieselbe Brenda, mit der du damals studiert hast?“
    „Ja. Wie dem auch sei, Brenda sagte mir laut und deutlich, dass er CARS habe und wie schade es doch sei und so weiter und so fort. Dann stieß sie ein Tablett mit Operationsbesteck vom Tisch und gab mir ein Zeichen, dass ich ihr beim Aufsammeln helfen sollte. Während wir das Besteck zurück auf das Tablett legten, machten wir mehr Krach als eigentlich nötig. Auf dem Boden zwischen all dem klappernden Operationsbesteck flüsterte mir Brenda ins Ohr: ‚Pass auf, was du sagst Alina. Überall und immer. Im Krankenhaus, im Einkaufsladen, sogar bei dir Zuhause . Geh spazieren, wenn du mit jemandem reden willst, dem du vertraust, aber nur, wenn du dieser Person wirklich vertraust. Eigentlich dürfte ich nicht einmal dir trauen.‘“
    „Ich versuchte zu widersprechen und sie an all die Nächte zu erinnern, die wir gemeinsam in der Bücherei verbracht hatten, aber sie klapperte lediglich mit dem Operationsbesteck und führte ihre Warnung weiter aus. ‚Geh einfach davon aus, dass du niemandem trauen kannst‘, sagte sie. ‚Besonders nicht deinen Kindern.‘“
    „Deinen Kindern?“, fragte Leonard schockiert.
    Alina schlug Leonard aufs Bein. „Sprich leiser.“
    „Und was ist mit deinem Ehemann?“
    „Ich habe dir schon seit Jahren nicht mehr vertraut.“
    „Warum erzählst du mir das dann alles?“
    Sie starrte ihn einen Moment angestrengt an. „Weil es mir so vorkommt, außer das hier ist gerade eine unglaublich gute schauspielerische Darbietung, dass du einfach nur ein unbeteiligter Zuschauer in einer Welt bist, die vom rechten Weg abgekommen ist.“
    Leonard neigte den Kopf und zog eine Augenbraue leicht hoch. „Ich nehme an, das bin ich.“ Er runzelte die Stirn. „Es sei denn, ich bin derjenige, der dieses Chaos verursacht hat.“
    „Nichts davon hättest du verursachen können, Leonard“, erwiderte Alina verzweifelt.
    „Wie erklärst du dir das Ganze dann sonst?“
    Sie tippte ihm mit dem Finger an die Stirn. „Die Zeitmaschine existiert nur hier drin. Deine Erinnerung wurde irgendwie ausgelöscht, oder… was weiß ich.“
    Leonard seufzte, er war es leid, sich immer wieder erklären zu müssen. „Vielleicht ist es eine alternative Realität, eine Art Paralleluniversum.“
    „Ja klar, Schatz.“ Alina stand auf. „Ein Paralleluniversum.“ Sie ging um die Couch herum. „Möchtest du einen Kamillentee, Schatz?“, fragte sie übertrieben laut. „Diese Natursendung ist alles andere als entspannend.“
    In Gedanken vertieft antwortete er geistesabwesend. „Ja klar,… ich trinke, was du trinkst.“
    Er grübelte weiter. Paralleluniversum. Es ist das Einzige, was einen Sinn ergibt. Alina hat recht. Ein Mann allein kann so einen Albtraum gar nicht verursachen. Also bleibt nur noch die Frage, wie ich hier wieder rauskomme. Wenn ich noch eine Zeitmaschine baue, kann ich dann wieder zurückreisen?
    Alinas

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