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Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition)

Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition)

Titel: Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meira Pentermann
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vorwarnen. Mein Freund, Mike Mitchell…“
    Leonard runzelte die Stirn.
    „Der Typ, der dir heute Morgen den Arsch gerettet hat, indem er deinen Zugangscode zurückgesetzt hat?“
    „Ja. Klar. Natürlich.“
    „Er meinte, dass der Sicherheitsdienst bei ihm vorbeigekommen ist und Fragen gestellt hat.“
    „Er arbeitet doch beim Sicherheitsdienst.“
    „Nein, du Schwachkopf. Der Sicherheitsdienst. Carlyles Jungs.“
    „Oh“, erwiderte Leonard und tat so, als ob er das Problem verstand.
    „Ich dachte mir, ich warne dich einfach mal vor.“ McGinnis richtete sich plötzlich wieder auf und lachte laut, als wollte er, dass alle es mitbekamen. Zum ersten Mal wurde Leonard bewusst, dass das oberflächliche Verhalten seines Freundes vielleicht auch nur Teil einer Rolle war, die er spielte. „Wir sehen uns dann in der Pause.“ McGinnis drehte sich um und ging. „Wenn du dann überhaupt noch hier arbeiten solltest“, murmelte er, während er die Kabine verließ.
    Leonard widmete seine Aufmerksamkeit wieder dem Computer. Er gab tramerlm als Benutzernamen ein und klickte ins Passwortfeld.
    „Mr. Tramer?“
    „Was?“, fuhr Leonard den Eindringling an und drehte sich im Stuhl um.
    Ein junger Mann, nicht älter als zwanzig, stand vor Leonards Arbeitskabine. Er war von Kopf bis Fuß in Grau gekleidet und mit den Nummern und Symbolen, die auf den Brustbereich gestickt waren, machte die Uniform des jungen Mannes insgesamt einen sehr eintönigen Eindruck.
    Leonard richtete sich auf, als ihm bewusst wurde, dass der Eindringling möglicherweise die Befugnis hatte, ihn abführen zu lassen, wenn er nicht aufpasste. „Ja?“, fragte er in einem ruhigen, freundlichen Ton.
    „Commander Carlyle würde sie gerne sehen, Sir.“
    „Natürlich. Kein Problem. Wo soll ich ihn treffen?“
    Der junge Mann sah sich zögernd um. Er lehnte sich vor, ohne dabei die Schwelle der Arbeitskabine zu überschreiten. „In seinem Büro, Sir“, sagte er langsam, als ob jede andere Möglichkeit einfach nur lächerlich wäre.
    Leonard versuchte ein Stöhnen zu unterdrücken. Seine Reise würde übel enden, wenn er ziellos durch das Gebäude irrte. Er wusste ja noch nicht einmal, in welchem der drei Bauwerke er mit dem Suchen anfangen sollte. Er warf einen Blick auf das Namensschild des jungen Mannes und fragte: „Würde es Ihnen etwas ausmachen, mich dorthin zu begleiten, Reilly?“
    Reilly senkte die Stimme. „Sind sie nervös, Sir?“
    Natürlich , dachte Leonard, aber er fragte sich, was passieren würde, wenn er Reilly die Wahrheit sagte. Welcher Unterton steckte in dieser Frage? Ernsthafte Sorge? Schadenfreude? War der junge Mann ein weiterer Garrett – ein passionierter Fanatiker, der nur darauf wartete, Leonard zu zeigen, wo es langgeht?
    Reillys nächste Worte beseitigten seine Befürchtungen.
    „Es wäre mir eine Ehre, Sie zu begleiten, Sir.“

Kapitel Sieben

     
    Leonard hielt einen Moment inne, bevor er an Carlyles Bürotür klopfte. Er hatte schon fast damit gerechnet, in einen dunklen, höhlenartigen Gang mit flackerndem Neonlicht geführt zu werden. Stattdessen hatte Reilly ihn in einen geräumigen Korridor im obersten Stockwerk des Hauptgebäudes gebracht. Eine der Wände bestand aus großen Glasscheiben, die eine wunderbare Aussicht auf die Felder und das Ackerland boten. Einige Meilen entfernt konnte man mit viel Mühe die schwachen Umrisse der Innenstadt von Denver erkennen. Auf der gegenüberliegenden Seite der Wand trennte lediglich eine große Eichentür Leonard von dem berühmt–berüchtigten Commander Carlyle.
    Er klopfte vorsichtig. Ein leises Summen war zu hören und am Türknauf blinkte ein grünes Licht auf. Er machte sich auf das Schlimmste gefasst und öffnete langsam die Tür.
    „Leonard“, begrüßte ihn eine fröhliche Stimme. „Komm doch rein. Komm doch rein.“
    Leonard war überrascht. Er hatte sich alle möglichen Szenarien ausgemalt. Ein enthusiastisches Willkommen war nicht dabei gewesen. Er folgte der Aufforderung, trat ein und ließ die Tür hinter sich zufallen. Es ertönte ein Summen und mehrfaches Klicken; das Geräusch schnürte Leonard die Kehle zu. Wohl durchaus nicht unbegründet fragte er sich, ob er gerade eingesperrt worden war. Er versuchte, das Beste aus seiner Situation zu machen und begutachtete den Raum. Es war ein hübsches Zimmer mit einem Schreibtisch aus Kirschholz und einer Aussicht auf den gesamten Stützpunkt, welche den sonderbar kleinen Mann vor ihm noch winziger erscheinen

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