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Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition)

Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition)

Titel: Neun Zehntel (Deutsch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meira Pentermann
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einzufangen. „Das hast du nicht getan, oder? Negative Ergebnisse in positive geändert?“
    Alina wich seinem Blick aus.
    „Oh, Alina.“
    „Es ist ganz einfach, solange es nur irgendwelche Namen auf einem Bildschirm sind.“
    „Ist das so?“
    „Was ich momentan mache, ist viel schlimmer. Ich untersuche besorgte Frauen, die völlig gesunde Föten in sich tragen, und schicke sie fort.“
    Leonard streichelte ihre zitternden Hände. „Ist schon okay.“
    „Nein. Gar nichts ist okay.“ Sie zog ihre Hände weg. „Es ist schlimmer. Während der Abtreibung wird die Frau auf dem Tisch sterilisiert.“
    „Warum?“
    „Woher soll ich das wissen? Diese Leute sind grauenhaft. ‚Sie sind eine gute Ärztin‘, sagten sie, als sie mich rekrutierten . ‚Wir möchten Sie nicht verlieren‘, hieß es.“ Alina legte den Kopf in ihre Hände. „Eine gute Ärztin“, fauchte sie verächtlich. „Was für eine Ärztin macht so etwas?“
    „Alina, schhhh.“
    „Völlig gesunde Babys abtreiben? Stillschweigend zusehen, wie Frauen sterilisiert werden? Was für eine Ärztin macht so etwas?“ Ihre Stimme war während ihrer Schimpfattacke um einige Dezibel angestiegen. Leonard wollte sie beruhigen.
    „Versuch etwas leiser zu reden, Alina. Sonst fliegen wir noch auf.“
    Sie nickte, als sie sich ihrer Umgebung wieder bewusst wurde.
    „Warum werden so viele Abtreibungen vorgenommen?“, bohrte Leonard nach. „Die Babys sind bei Geburt ja wohl kaum gleich Staatsfeinde. Und wenn KASEDU sie eh gleich in ihre Obhut nimmt, warum dann—“
    „Das habe ich mich auch schon gefragt.“
    „Und?“
    „Geburtenkontrolle? Genmanipulation? Beides? Ich versteh‘s auch nicht. Für gewöhnlich werden die älteren, unansehnlichen Frauen als positiv gekennzeichnet und die jungen, werdenden Mütter werden durchgewunken. Ich hatte schon den Verdacht, dass sie einfach nur unattraktive Frauen aussortieren. Aber die Dame von heute war jung, blond und hübsch. Warum sollte man das niedliche, vermutlich intelligente Baby, das diese Frau zur Welt bringen würde, abtreiben wollen?“
    „Das hört sich ja so an, als wenn sie nichts anderes als eine Brutmaschine wäre.“
    Alina senkte niedergeschlagen den Kopf. „Das sind die Frauen, die heutzutage Kinder bekommen, ja quasi, oder? Mütter sind es auf jeden Fall nicht mehr, das steht fest.“
    „Warum sagst du so etwas Schreckliches?“
    „Weil es die Wahrheit ist.“
    Er schloss seine Augen. „Das ist eine grauenvolle Welt. Ich werde eine neue Zeitmaschine bauen. Überall anders wird es besser sein als hier.“
    „Kannst du das?“, fragte Alina voller Hoffnung.
    Leonard rutschte nervös auf dem Sofa hin und her. „Ich weiß nicht, ob sie immer noch hier ist, wenn ich gehe.“
    Sie kniff die Augen zusammen. „Was meinst du?“
    „Ich meine, wenn ich in die Zeitmaschine steige, könnte sie einfach verschwinden, so als ob ich niemals hier gewesen wäre.“
    „Warum können wir nicht alle gemeinsam gehen?“
    Leonards Herz raste. Scham und Panik überkamen ihn. „Es gibt nur Platz für eine Person. Ich muss in einem Stuhl festgeschnallt sein—“
    „Und du hast vor, eine… eine Zeitmaschine zu bauen, in der nur du Platz hast?“
    „Ich… äh—“
    „Du willst flüchten und Natalia und mich in dieser grässlichen Welt zurücklassen?“
    „Ich hatte nicht vor—“
    „Doch, das hattest du vor. Du selbstsüchtiges Arschloch.“ Sie stieß ihn von sich weg. „Du selbstsüchtiger, egoistischer Scheißkerl.“
    „Tut mir leid. Ich bleibe. Wir finden einen anderen Weg.“
    Sie verschränkte die Arme und weigerte sich, ihn anzusehen.
    Sie saßen einen Moment lang schweigend da. Leonard streckte mehrmals seine Hand nach ihr aus, aber Alina schlug sie immer wieder weg. Er beschloss, dass es womöglich besser war, nichts zu sagen und zu warten, bis sie sich beruhigt hatte. In der Hoffnung, dass sie sich tatsächlich beruhigen würde. Vielleicht hatte er seine Chance schon vertan. Ich muss dir noch so viel erzählen, Alina. Bitte vergib mir. Sein Geist schweifte ab und die Ereignisse des Tages, all die Sinneseindrücke, spielten sich wie eine Videoaufnahme vor seinem geistigen Auge ab. Plötzlich runzelte er die Stirn und lehnte sich nach vorn.
    „Alina, die hübsche Blondine—“
    Sie erwiderte endlich seinen Blick, sah ihn dabei jedoch finster an. „Ist auf deinem fliegenden Teppich etwa noch Platz für sie?“
    „Nein, nein, nein.“ Leonard schüttelte energisch den Kopf und winkte

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