Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
Vom Netzwerk:
Wunde zwar verbunden, aber es tat ihm offenbar trotzdem weh, sie zu tragen. Ihre Hüfte presste Case Deck und Konstruktion in die Nieren. Sie fuhren aus der Schwerkraft heraus, hoch zur Achse, zum Kern.
    Der Eingang zum Aufzug war neben der Treppe zum Korridor versteckt, ein weiteres Detail in 3Janes Piratenhöhleninterieur.
    »Eigentlich sollte ich euch das ja nicht sagen«, meinte 3Jane und reckte den Hals, um dem Druck der Gewehrmündung unterm Kinn auszuweichen, »aber ich habe keinen Schlüssel zu dem Raum, in den ihr wollt. Hab nie einen gehabt. Eine der lästigen viktorianischen Marotten meines Vaters. Das Schloss ist mechanisch und äußerst kompliziert.«
    »Ein Chubb-Schloss.« Mollys Stimme wurde von Maelcums Schulter gedämpft. »Und wir haben den verdammten Schlüssel dafür, keine Sorge.«
    »Geht dein Chip noch?«, fragte Case.
    »Zwanzig Uhr fünfundzwanzig, Greenwicher Zeit«, sagte sie.
    »Dann haben wir noch fünf Minuten«, sagte Case, als sich die Tür hinter 3Jane abrupt öffnete. Sie machte einen langsamen Salto rückwärts; der helle, faltige Burnus bauschte sich um ihre Oberschenkel.
    Sie waren an der Achse, im Kern der Villa Straylight.

23
    Molly fischte den Schlüssel an der Nylonschnur heraus. »Weißt du«, sagte 3Jane, die neugierig den Hals reckte, »ich dachte immer, es gibt kein Duplikat. Ich habe die Sachen meines Vaters von Hideo durchsuchen lassen, nachdem du ihn umgebracht hattest. Er konnte das Original nicht finden.«
    »Wintermute hat’s geschafft, den Schlüssel ganz hinten in einem Schubfach zu verstecken«, sagte Molly, während sie behutsam den zylindrischen Schlüsselschaft in die gekerbte Öffnung an der nackten, rechteckigen Tür steckte. »Er hat das kleine Kind getötet, das ihn dort reingelegt hat.« Der Schlüssel ließ sich auf Anhieb mühelos drehen.
    »Der Kopf«, sagte Case. »Da ist’ne Blende an der Rückseite des Kopfes. Mit Zirkonen dran. Mach sie ab! Da steck ich ein.«
    Und dann waren sie drin.
     
    »Himmeldonnerwetter«, sagte die Flatline gedehnt, »du hältst wirklich nichts davon, die Dinge zu überstürzen, was, Junge?«
    »Kuang bereit?«
    »Kaum noch zu zügeln.«
    »Okay.« Er schaltete um.
     
    Und sah durch Mollys heiles Auge eine blasse, ausgemergelte Gestalt vor sich, die mit einem Cyberspace-Deck zwischen den Beinen und einem silbernen Trodenband über den geschlossenen, eingesunkenen Augen in lockerer Fötushaltung in der Luft hing. Ein dunkler Eintagebart ließ die Wangen hohl erscheinen, und das Gesicht war schweißbedeckt.
    Er blickte auf sich selbst.
    Molly hielt ihre Flechette in der Hand. Obwohl ihr Bein bei jedem Pulsschlag schmerzhaft pochte, konnte sie in der Schwerelosigkeit manövrieren. Maelcum schwebte in der Nähe;
seine breite, braune Hand hielt 3Janes dünnen Arm umklammert.
    Ein Glasfaserband schlängelte sich anmutig vom Ono-Sendai zur viereckigen Öffnung an der Rückseite des perlenbesetzten Terminals.
    Wieder drückte er auf den Schalter.
     
    »Kuang Grade Mark 11 haut in neun Sekunden ab. Ich zähle: sieben, sechs, fünf …«
    Die Flatline jagte sie hoch; es ging flott hinauf. Der Bauch des schwarzen Chromhais huschte mikrosekundenschnell als dunkler Schatten vorüber.
    »Vier, drei …«
    Case hatte den seltsamen Eindruck, im Pilotensitz eines kleinen Fliegers zu sitzen. Auf einer ebenen, dunklen Fläche vor ihm leuchtete plötzlich die perfekte Reproduktion seiner Deck-Tastatur auf.
    »Zwei und Arschtritt …«
    Mit dem Kopf voran durch Mauern aus grünem Smaragd und milchiger Jade, das Gefühl einer Geschwindigkeit, die er im Cyberspace noch nicht erlebt hatte … Das Tessier-Ashpool-Eis brach, zerbröckelte unter dem Ansturm des chinesischen Programms. Der beunruhigende Eindruck von etwas Flüssigem und zugleich Festem, als würden sich die Scherben eines Spiegels im Fallen biegen und verlängern …
    »Meine Güte«, sagte Case ehrfürchtig, als Kuang mit jähen Richtungswechseln über die horizontlosen Weiten der Tessier-Ashpool-Kerne hinwegsauste, eine endlose, neondurchflutete Stadtlandschaft von einer Komplexität, die das Auge blendete: brillant, messerscharf.
    »He, Scheiße«, sagte die Konstruktion, »die Dinger da sind das RCA-Gebäude. Kennst du das alte RCA-Gebäude?« Das Kuang-Programm tauchte über die glänzenden Spitzen eines
Dutzends identischer Datentürme hinweg, die allesamt blaue Neonduplikate des Wolkenkratzers in Manhattan waren.
    »Schon mal so’ne hohe Auflösung gesehn?«, fragte

Weitere Kostenlose Bücher