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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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und wieder aufbauen! Du wirst die Mauern wieder hochziehen, immer fester und immer dicker … Ich hab keinen blassen Schimmer, was passiert, wenn Wintermute gewinnt, aber irgendwas wird sich ändern!« Er zitterte, und seine Zähne klapperten.
    3Jane erschlaffte. Mollys Hände lagen immer noch um ihren schlanken Hals, und ihr dunkles Haar hing verfilzt in der Luft, ein weiches braunes Netz.
    »Der herzogliche Palast von Mantua«, sagte sie, »enthält eine Reihe immer kleiner werdender Zimmer. Sie ranken sich um die großen Gemächer herum. Durch herrlich geschnitzte Türstöcke tritt man gebückt ein. Dort haben die Palastzwerge gewohnt.« Sie lächelte matt. »So etwas könnte ich vielleicht ebenfalls anstreben, aber meine Familie hat in gewissem Sinn schon eine imposantere Version desselben Plans geschaffen …« Ihr Blick war ruhig und entrückt. Dann sah sie zu Case hinunter. »Nimm dein Wort, du Dieb!«
    Er steckte ein.
     
    Kuang glitt aus den Wolken heraus. Unter ihm die Neonstadt. Hinter ihm schwand eine dunkle Sphäre.
    »Dixie? Bist du da? Hörst du mich? Dixie?«

    Er war allein.
    »Der Scheißkerl hat dich gekriegt«, sagte er.
    In rasendem Flug jagte er über die grenzenlose Datenlandschaft.
    »Irgendwen wirst du hassen, bevor das Ding gelaufen ist«, sagte die Stimme des Finnen. »Die, mich, das spielt keine Rolle.«
    »Wo ist Dixie?«
    »Das ist nicht ganz einfach zu erklären, Case.«
    Er spürte die Präsenz des Finnen – den Geruch von kubanischen Zigaretten, den im muffigen Tweed festsitzenden Rauch, die alten Maschinen, die dem mineralischen Ritual des Röstens anheimgegeben waren.
    »Der Hass bringt dich da durch«, sagte die Stimme. »Gibt so viele kleine Auslöser im Hirn, und du betätigst sie alle. Lass deinem Hass freien Lauf! Die Sperre, die Abschirmung für die Festverdrahtung ist unter den Türmen, die die Flatline dir gezeigt hat, als ihr reingekommen seid. Er wird nicht versuchen, dich aufzuhalten.«
    »Neuromancer«, sagte Case.
    »Seinen Namen kann ich nicht wissen. Aber er hat aufgegeben. Nur mit dem T-A-Eis musst du aufpassen. Nicht wegen der Mauer, sondern wegen der internen Virussysteme. Kuang ist sehr anfällig für so’n paar Sachen, die hier drin rumschwirren.«
    »Hass«, sagte Case. »Wen hasse ich? Sag’s mir!«
    »Wen liebst du?«, fragte die Stimme des Finnen.
    Er riss das Programm in eine Kurve und tauchte zu den blauen Türmen hinunter.
    Dinge schossen von den schmuckvollen, sonnenbeschienenen Turmspitzen empor, glitzernde Blutegelgebilde aus fließenden Lichtflächen. Es waren Hunderte, und sie wirbelten herauf wie Papier in zugigen Straßen am frühen Morgen.

    »Systemstörungen«, sagte die Stimme.
    Er kam steil herunter, vom Selbsthass angespornt. Als das Kuang-Programm auf die ersten Verteidiger traf und die Lichtblätter zertrümmerte, spürte er, wie das Haifischgebilde geringfügig an Substanz verlor. Das Informationsgefüge lockerte sich.
    Und dann – alte Alchimie des Gehirns und seiner reichen Apotheke – strömte sein Hass in seine Hände.
    Unmittelbar bevor er den Kuangstachel durch das Fundament des ersten Turms trieb, erreichte er ein Leistungsniveau, das alles übertraf, was er bisher gekannt oder für möglich gehalten hatte. Er handelte jenseits von Ego, Persönlichkeit und Bewusstsein, und Kuang tat es ihm gleich; sie wichen den Angreifern mit einem alten Tanz aus, mit Hideos Tanz, und die Klarheit und Zielstrebigkeit seines Todeswunsches gewährte ihm in diesem Moment eine besondere Gnade: das Interface von Geist und Körper.
    Und ein Schritt in diesem Tanz war ein federleichter Tastendruck, der kaum zum Umschalten reichte …
    … jetzt und seine Stimme der Schrei eines unbekannten Vogels, 3Janes Antwort ein Lied, drei Töne, hoch und rein. Ein wahrer Name.
    Neonwald, prasselnder Regen auf heißem Pflaster. Der Duft von brutzelnden Speisen. Mädchenhände auf seinem Kreuz in dem verschwitzten Dunkel eines Sargs am Hafen.
    Aber all das verblasst, wie die Stadtlandschaft verblasst: eine Stadt wie Chiba, wie die hierarchisch geordneten Daten der Tessier-Ashpool SA, wie die Straßen und Querstraßen auf
einem Mikrochip, wie das schweißfleckige Muster auf einem gefalteten, verknoteten Schal …
     
    Erwachen. Eine Stimme wie Musik. Das Platinterminal zählte mit melodiöser Stimme unablässig Schweizer Nummernkonten auf, sprach von einer Zahlung an Zion, die über eine auf den Bahamas beheimatete Orbitalbank geleistet werden sollte, von Pässen

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