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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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vorbei. Er rollte sich herum und sah, wie Hideo einen weiteren Schritt seines Tanzes vollführte – die scharfe Pfeilspitze drehte sich in seiner Hand, bis der Schaft flach auf dem Handteller zwischen den starren Fingern lag. Mit einer blitzschnellen Bewegung stieß er ihn Riviera in den Handrücken. Die Flechette schlug einen Meter weiter auf die Fliesen.
    Riviera schrie auf. Aber nicht vor Schmerz. Es war ein schriller Schrei so reiner, klarer Wut, dass er nichts Menschliches mehr hatte.
    Zwei dünne Lichtstrahlen, rubinrote Nadeln, schossen Riviera aus dem Bereich des Brustbeins.
    Der Ninja grunzte, taumelte zurück, riss die Hände an die Augen und fand dann sein Gleichgewicht wieder.

    »Peter«, sagte 3Jane. »Peter, was hast du getan?«
    »Er hat deinen Klonboy geblendet«, sagte Molly tonlos.
    Hideo senkte die gewölbten Hände. Case, der starr auf den weißen Fliesen lag, sah kleine Dampfwölkchen aus den zerstörten Augen aufsteigen.
    Riviera lächelte.
    Hideo nahm seinen Tanz wieder auf. Er tat ein paar Schritte nach hinten. Als er über Pfeil und Bogen und über der Remington stand, war Rivieras Lächeln erloschen. Hideo bückte sich – verneigte sich, wie es Case schien – und ergriff Pfeil und Bogen.
    »Du bist blind«, sagte Riviera. Er wich einen Schritt zurück.
    »Peter«, sagte 3Jane, »weißt du denn nicht, dass er’s im Dunkeln kann? Zen. So übt er.«
    Der Ninja legte seinen Pfeil ein. »Lenkst du mich jetzt mit deinen Hologrammen ab?«
    Riviera wich noch weiter ins Dunkel jenseits des Pools zurück. Er streifte einen weißen Stuhl; die Beine schabten über den Fliesenboden. Hideos Pfeil zuckte.
    Riviera drehte sich um, rannte davon und warf sich über eine niedrige, schartige Mauer. Hideos Gesicht war verzückt, von stiller Ekstase erfüllt. Lächelnd tappte er in den Schatten hinter der Mauer, die Waffe schussbereit.
    »Jane-Lady«, sagte Maelcum leise. Case wandte sich zu ihm um und sah, wie er die Schrotflinte von den Fliesen aufhob. Blut tropfte auf den weißen Keramikbelag. Er schüttelte seine Locken und legte den dicken Lauf in die Ellbogenbeuge seines verletzten Arms. »Das reiß’ dir den Kopf ab. Kein Babylon-Doktor kriegt das wieder hin.«
    3Jane starrte auf die Remington. Molly befreite ihre Arme aus den Falten der gestreiften Decke und hob die schwarze Kugel, die ihre Hände umschloss. »Mach’s ab«, sagte sie. »Mach mir das Ding ab!«

    Case erhob sich von den Fliesen. Er schüttelte sich. »Hideo kriegt ihn, obwohl er blind ist?«, fragte er 3Jane.
    »Als ich noch klein war«, sagte sie, »haben wir uns immer einen Spaß draus gemacht, ihm die Augen zu verbinden. Auf zehn Meter Entfernung hat er die Augen von Spielkarten mit seinen Pfeilen durchbohrt.«
    »Peter ist sowieso schon so gut wie tot«, sagte Molly. »Spätestens in zwölf Stunden treten die ersten Lähmungserscheinungen auf. Am Schluss kann er nur noch die Augen bewegen.«
    »Wieso?« Case drehte sich zu ihr um.
    »Hab seinen Stoff vergiftet«, sagte sie. »Zustand wie bei der Parkinson’schen Krankheit oder so.«
    3Jane nickte. »Ja. Wir haben die übliche medizinische Kontrolle durchgeführt, bevor er eingelassen wurde.« Sie berührte den Ball auf eine bestimmte Weise, und er sprang von Mollys Händen ab. »Selektive Zerstörung der Zellen der Substantia nigra . Anzeichen für die Bildung eines Lewy-Körpers. Er schwitzt stark im Schlaf.«
    »Ali«, sagte Molly. Ihre zehn Klingen blitzten auf, als sie einen Moment lang ausgefahren wurden. Sie zog sich die Decke von den Beinen, so dass der aufgeblähte Gipsverband sichtbar wurde. »Es ist das Meperidin. Hab mir von Ali’ne Spezialmischung machen lassen. Die Reaktionszeiten sind durch erhöhte Temperaturen verkürzt worden. N-Methyl-4-Phenyl- 1236«, sang sie wie ein Kind, das die Schritte eines Hüpfspiels aufsagt, »Tetrahydro-pyridin.«
    »Ein goldener Schuss«, sagte Case.
    »Tja«, sagte Molly, »ein echt langsamer goldener Schuss.«
    »Das ist ja entsetzlich«, sagte 3Jane kichernd.
     
    Es war eng im Aufzug. Case wurde Becken an Becken gegen 3Jane gedrückt. Er hielt ihr die Remington-Mündung unters
Kinn. Sie grinste und presste sich an ihn. »Lass das!«, sagte er mit einem Gefühl der Hilflosigkeit. Obwohl das Gewehr nicht entsichert war, hatte er Angst, sie zu verletzen, und das wusste sie. Der Aufzug war ein Stahlzylinder von weniger als einem Meter Durchmesser und nur für eine Person ausgelegt. Maelcum hatte Molly auf dem Arm. Sie hatte seine

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