Neuromancer-Trilogie
ihm unter den Fingern zerbröselten. Er konnte Buchstaben und manchmal ein ganzes Wort ausmachen.
Die metallenen Klapptische waren in L-Form an den Wänden entlang aufgestellt und mit einer Reihe höchst raffinierter Kommunikationsgeräte bestückt. Das Beste, dachte er, was Hosaka hatte auftreiben können.
Er ging langsam und gebückt an den einzelnen Tischen entlang und tippte dabei leicht auf jede Konsole, jede Blackbox. Er sah einen stark modifizierten militärischen Seitenband-Transceiver für die Übertragung komprimierter Informationen, über den ihre Verbindung laufen würde, falls Ramirez und Jaylene ihren Datentransfer vermurksten. Die kurzen Informationsstöße – ausgeklügelte, frei erfundene technische Texte, kodiert von Hosakas Kryptographen – waren bereits aufgezeichnet. Der eigentliche Inhalt eines solchen Informationsstoßes war bedeutungslos, aber durch die Sendefolge ließen sich einfache Nachrichten übermitteln. Folge B/C/A würde Hosaka Mitchells Ankunft melden, F/D würde seinen Aufbruch von der Basis signalisieren, F/G seinen Tod und damit das Ende der Operation. Turner tippte erneut auf das Gerät und runzelte die Stirn. In diesem Punkt war er mit Sutcliffes Vorbereitungen nicht zufrieden. Wenn die Operation in die Hose ging, kamen sie wahrscheinlich nicht mehr hier weg, jedenfalls nicht mit heiler Haut. Webber hatte ihn unter vier Augen davon unterrichtet, dass sie Befehl hatte, die Ärzte in ihrem Mini-OP mit einer Panzerabwehrrakete aus einem mobilen Raketenwerfer zu erledigen, falls es Schwierigkeiten gab. »Das wissen die auch«, hatte sie gesagt. »Und sie werden dafür garantiert extra bezahlt.« Der Rest des Teams war auf die in der Nähe von Tucson stationierten Hubschrauber angewiesen. Turner ging jedoch davon aus, dass Maas – einmal alarmiert – die anfliegenden Hubschrauber leicht vom Himmel holen konnte. Als er diesen Einwand Sutcliffe gegenüber vorbrachte, hatte der Australier nur mit den Achseln gezuckt. »Unter anderen Umständen hätte ich mir was Besseres einfallen lassen, Kumpel, aber wir sind nun mal alle recht kurzfristig hergeholt worden, nicht?«
Neben dem Transceiver stand ein aufwendiger Sony-Biomonitor mit einer Direktleitung zum Med-Container, der mit
Mitchells Anamnese aus seinem Biosoft-Dossier gefüttert war. Nach der Ankunft des Überläufers würden die Ärzte diese Unterlagen sichten; gleichzeitig würden die im Container durchgeführten Untersuchungen wiederum in den Sony eingespeist und geordnet werden, damit Ramirez sie vereisen und in den Cyberspace übertragen konnte, wo Jaylene Slide sie von ihrem Platz auf der Ölbohrinsel aus überwachen würde. Falls alles klappte, lag der aktuelle medizinische Bericht bereits bei Hosaka in Mexico City auf dem Tisch, wenn Turner den Mann im Jet hinflog.
So ein Gerät wie den Sony hatte Turner noch nie zu Gesicht bekommen, aber er nahm an, dass der Holländer in der Klinik in Singapur etwas ganz Ähnliches benutzt hatte. Bei dem Gedanken fuhr er mit der Hand an seine bloße Brust, berührte unbewusst die verschwundene Linie einer Transplantationsnaht.
Auf dem zweiten Tisch stand das Cyberspace-Gerät. Es war das gleiche Deck wie jenes, das er auf der Bohrinsel gesehen hatte, ein Maas-Neotek-Prototyp. Das Deck sah ganz normal aus, arbeitete jedoch laut Conroy mit den neuen Biochips. Ein faustgroßer Batzen einer hellrosa Plastikmasse klebte oben auf der Konsole; jemand – vielleicht Ramirez – hatte zwei Löcher als Augen und eine primitive, geschwungene Linie eingedrückt: ein debil grinsender Smiley. Zwei Drähte, ein blauer und ein gelber, führten von der Stirn des Dings zu einem der dunklen, offenen Rohre, die aus der Wand hinter der Konsole ragten. Noch eine Webber’sche Pflicht für den Fall einer drohenden Erstürmung der Basis. Turner beäugte die Drähte stirnrunzelnd; eine Ladung dieser Größe in einem so kleinen, engen Raum würde garantiert jeden im Bunker ins Jenseits befördern.
Mit schmerzenden Schultern setzte er die Inspektion fort, wobei sein Hinterkopf immer wieder die raue Betondecke streifte. Der Rest des Tisches wurde von der Peripherie des
Decks eingenommen, einer Reihe schwarzer Boxen, die mit geradezu besessener Präzision aufgestellt waren. Er vermutete, dass alle Geräte einen ganz bestimmten Abstand von ihren Nachbarn hatten und genau in Reih und Glied standen. Wahrscheinlich hatte Ramirez sie selber aufgebaut, und Turner war sicher, dass der Jockey es merken würde, wenn
Weitere Kostenlose Bücher