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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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hatten sie wohl bewusst ausgesucht. Mollys Signale wurden mit einer Ein-Meter-Parabolantenne hochgeschickt, die auf dem Dach eines schwarzen, gläsernen Bankenturms von beinahe der gleichen Höhe wie das Sense/Net-Gebäude mit Epoxidharz befestigt worden war.

    Atlanta. Der Erkennungscode war einfach. Von Atlanta nach Boston, nach Chicago, nach Denver, jeweils fünf Minuten pro Stadt. Falls es jemandem gelingen sollte, Mollys Signal aufzufangen, zu entschlüsseln und ihre Stimme zu synthetisieren, würde der Code es den Moderns verraten. Sollte Molly länger als zwanzig Minuten im Gebäude bleiben, war es höchst unwahrscheinlich, dass sie je wieder herauskommen würde.
    Case kippte den letzten Rest Kaffee, legte die Troden an und kratzte sich durchs schwarze T-Shirt an der Brust. Er hatte nur eine vage Ahnung, was die Panther Moderns vorhatten, um das Wachpersonal von Sense/Net abzulenken. Sein Job war es, dafür zu sorgen, dass sich das von ihm geschriebene Invasionsprogramm in die Systeme von Sense/Net einkoppelte, wenn Molly es brauchte. Er verfolgte den Countdown in der Ecke des Bildschirms. Zwei. Eins.
    Er steckte ein und startete sein Programm. »Volles Rohr«, hauchte der Verbindungsmann. Seine Stimme war der einzige Laut, als Case in die leuchtenden Eisschichten von Sense/Net eintauchte. Gut. Mal sehen, was Molly machte. Er schaltete auf Simstim und wechselte in ihr Sensorium.
    Der Verzerrer trübte die eingehenden Bildsignale ein wenig. Sie stand kaugummikauend vor einer goldgesprenkelten Spiegelwand im riesigen, weißen Foyer des Gebäudes und bewunderte anscheinend ihr Spiegelbild. Abgesehen von der großen Sonnenbrille, die ihre verspiegelten Einsätze verdeckte, gelang es ihr erstaunlich gut, unauffällig zu wirken, als wäre sie eine Touristin, die Tally Isham zu Gesicht zu bekommen hoffte. Sie trug einen pinkfarbenen Plastikregenmantel, ein weißes Netztop und eine weitgeschnittene, weiße Hose, wie sie letztes Jahr in Tokio modern gewesen war. Sie grinste blöde und ließ ihren Kaugummi knallen. Case hätte am liebsten laut losgelacht. Er spürte das Mikropor-Heftpflaster quer über ihrem Brustkorb, die flachen, kleinen Geräte darunter: Sender, Simstim-Einheit
und Verzerrer. Das Halsmikro, das an ihrer Kehle klebte, glich so weit wie möglich einer schmerzlindernden Dermadisk. In den Taschen des pinkfarbenen Mantels vollführten ihre Hände systematisch eine Serie isometrischer Übungen. Es dauerte einige Sekunden, bis er erkannte, dass das eigenartige Gefühl an ihren Fingerkuppen von den Klingen herrührte, die ein Stückchen ausgefahren und wieder eingezogen wurden.
    Er schaltete um. Sein Programm hatte das fünfte Tor erreicht. Er verfolgte, wie der Eisbrecher vor seinen Augen flackerte und herumschwenkte, und merkte kaum, dass seine Hände über das Deck tanzten und kleinere Korrekturen vornahmen. Transparente Farbschichten mischten sich wie bei einem Trickkartenspiel. Zieh’ne Karte, dachte er. Irgendeine.
    Das Tor huschte vorüber. Er lachte. Das Eis von Sense/Net hatte seine Eingabe als routinemäßigen Datentransfer vom Los-Angeles-Komplex des Konsortiums akzeptiert. Er war drin. Hinter ihm schälten sich Virensubprogramme ab und verzahnten sich mit der Codestruktur des Tors, um die richtigen Daten von Los Angeles bei deren Eintreffen abzulenken.
    Er schaltete wieder um. Molly schlenderte um die riesige, kreisförmige Rezeption im hinteren Teil des Foyers herum.
    00:01:20 blinkte die Anzeige in ihrem Sehnerv.
     
    Um Mitternacht, synchron mit dem Chip hinter Mollys Auge, hatte der Verbindungsmann in New Jersey sein Kommando durchgegeben: »Voll Stoff.« Neun Moderns, auf einem Radius von über zweihundert Meilen im Sprawl verteilt, hatten gleichzeitig per Münztelefon einen Notruf getätigt. Jeder Modern gab eine knappe, genau abgesprochene Meldung durch, hängte ein und verschwand in der Nacht. Gummihandschuhe abstreifend. Neun verschiedene Polizeireviere und Sicherheitsbehörden erhielten die Information, eine unbekannte Sekte militanter christlicher Fundamentalisten habe
sich gerade dazu bekannt, eine kritische Dosis eines verbotenen psychoaktiven Mittels namens Blau Neun in das Belüftungssystem der Sense/Net-Pyramide eingeleitet zu haben. Bei Experimenten hatte sich herausgestellt, dass Blau Neun, in Kalifornien »Sad Angel« genannt, bei 85 Prozent der Versuchspersonen eine akute Paranoia und Mordpsychose ausgelöst hatte.
     
    Case schaltete um, als sein Programm sich durch die Tore

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