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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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versuchte.
    Also war Slick hierher runtergekommen, hatte sich im Dunkeln und in der Kälte neben einen Schergen gehockt und noch einmal nachvollzogen, was er mit all den vielen verschiedenen Werkzeugen gemacht und wo er jedes Teil aufgetrieben hatte, und dann streckte Cherry ihre kalte Hand aus und strich ihm über die Wange.
    »Alles okay?«, fragte sie. »Ich dachte, du kriegst es vielleicht gerade wieder …«
    »Nein. Ich muss halt manchmal einfach hier runterkommen.«
    »Er hat dich in den Kasten des Count eingestöpselt, oder?«
    »Bobby«, sagte Slick. »So heißt er. Ich hab ihn gesehen.«
    »Wo?«
    »Da drin. Ist eine ganze Welt. Da gibt’s ein Haus,’ne Art Schloss oder so, und da ist er drin.«
    »Allein?«
    »Er sagt, Angie Mitchell ist auch da.«
    »Vielleicht spinnt er. War sie da?«
    »Gesehen hab ich sie nicht. Aber ein Auto, das ihr gehört. Behauptet er.«
    »Sie ist in einer Entgiftungsklinik für Promies auf Jamaika, hab ich zuletzt gehört.«
    Er zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung.«
    »Wie ist er so?«
    »Er sieht jünger aus. Aber mit all den Schläuchen und dem ganzen Scheiß würde jeder schlecht aussehen. Er glaubt, Kid
Afrika hat ihn hier abgeladen, weil er Schiss gekriegt hat. Er sagt, wenn ihn jemand suchen kommt, sollen wir ihn in die Matrix einstecken.«
    »Warum?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Hättest ihn fragen sollen.«
    Er zuckte erneut mit den Achseln. »Hast du Bird irgendwo gesehen?«
    »Nein.«
    »Müsste längst zurück sein.« Er stand auf.
     
    Little Bird kam bei Einbruch der Dämmerung auf Gentrys Motorrad zurück. Die dunklen Haarbüschel waren feucht vom Schnee und flatterten hintendrein, als er mit einem Affenzahn über Solitude angebraust kam. Slick zuckte zusammen; Little Bird hatte den falschen Gang drin. Er schoss einen Hang aus gepressten Ölfässern hinauf und bremste, wo er hätte Gas geben sollen. Cherry sperrte den Mund auf, als Bird und Bike sich im Flug voneinander lösten; das Bike schien sekundenlang in der Luft zu hängen und landete dann mit einem Salto in dem rostigen Stahlblechhaufen eines früheren Nebengebäudes der Fabrik, während Little Bird sich auf dem Boden mehrmals überschlug.
    Irgendwie hörte Slick die Maschine gar nicht auftreffen. Er stand gerade neben Cherry im Schutz einer türlosen Ladebucht, und im nächsten Moment rannte er über schneefleckigen Rost zu dem verunglückten Fahrer. Dazwischen war nichts. Little Bird lag auf dem Rücken. Er hatte Blut an den Lippen, und sein Mund war teilweise von dem Durcheinander aus Lederriemen und Amuletten verdeckt, die er um den Hals trug.
    »Nicht anfassen«, sagte Cherry. »Kann sein, dass Rippen gebrochen sind oder dass er innen nur noch Brei ist …«

    Little Bird machte die Augen auf, als er ihre Stimme hörte. Er spitzte die Lippen und spuckte Blut und ein Stück Zahn aus.
    »Nicht bewegen.« Cherry kniete sich neben ihn. Sie war zu der knappen Diktion übergegangen, die sie in ihrer medizinisch-technischen Ausbildung gelernt hatte. »Du bist möglicherweise verletzt.«
    »Sch-scheiß drauf, Lady«, würgte er hervor und rappelte sich mit Hilfe von Slick unbeholfen auf.
    »Na schön, Arschloch«, sagte sie. »Innere Blutungen. Ist doch nicht mein Problem.«
    »Hab ihn nich gekriegt«, sagte Little Bird und schmierte sich mit dem Handrücken Blut übers Gesicht, »den Laster.«
    »Das seh ich«, erwiderte Slick.
    »Marvie und die haben Gesellschaft bekommen. Wie Fliegen auf der Scheiße. Paar Hover und’n Hubschrauber und so. Und’n Haufen Leute.«
    »Was für Leute?«
    »Wie Soldaten, sind aber keine. Soldaten gammeln rum, klönen und reißen Witze, wenn kein hohes Tier hinschaut. Aber die nicht.«
    »Bullen?« Marvie und seine zwei Brüder züchteten in einem Dutzend halbversunkener Eisenbahnkesselwagen mutierte Ruderalpflanzen; hin und wieder versuchten sie, einfache Aminobausteine zusammenzubrauen, aber ihr Labor flog ständig in die Luft. Sie waren, wenn überhaupt, Factorys einzige sesshafte Nachbarn. Sechs Kilometer.
    »Bullen?« Little Bird spuckte noch ein Stück Zahn aus und tastete vorsichtig mit einem blutigen Finger im Mund herum. »Die tun da nix Verbotenes. Abgesehen davon können Bullen sich so was gar nich leisten, neue Hover und’nen neuen Honda …« Er grinste durch einen Film aus Blut und Speichel. »Hab mich draußen auf Solitude rumgedrückt und sie mir
angesehn. Mit solchen Typen möcht ich nix zu tun haben, und du garantiert auch nich. Gentrys Bike is’ wohl im

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