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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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könnten sie jetzt schon hier auf dem Dach sein.«
    Sie lenkte den Wagen hinter ein langes, kastenförmiges weißes Hovercraft mit einer Aufschrift in gedrungenen blauen Lettern an den Hecktüren.
    »Was steht da?«, fragte Mona und merkte dann, wie sie errötete.
    »Cathode Cathay«, las Angie vor.
    Mona glaubte, den Namen schon mal gehört zu haben.
    Molly war schon draußen, machte die großen Türen auf und zog gelbe Kunststofframpen heraus.
    Dann saß sie wieder im Wagen, stieß zurück, rollte an und fuhr ins Hover hinauf. Sie streifte die orangene Kapuze ab und schüttelte ihre Haare frei. »Mona, kannst du wohl aussteigen und die Rampen wieder reinschieben? Sind nicht schwer.« Es hörte sich nicht wie eine Frage an.

    Sie waren wirklich nicht schwer. Mona zog sich hinter dem Wagen hoch und half Molly, die Türen zu schließen.
    Sie spürte Angie im Dunkeln.
    Es war wirklich Angie.
    »Vorne rein, anschnallen und festhalten.« Angie. Sie saß direkt neben Angie!
    Brausend füllte sich das Luftpolster. Dann glitten sie die gewendelte Rampe hinunter.
    »Dein Freund ist inzwischen wach«, sagte Molly, »kann sich aber noch nicht so richtig bewegen. Wird noch’n Viertelstündchen dauern.« Sie bog wieder von der Rampe ab, und diesmal hatte Mona den Überblick über die Geschosszahl verloren. In dieser Etage standen lauter kleine, tolle Schlitten. Das Hovercraft brauste durch einen Mittelgang und schwenkte nach links.
    »Du kannst von Glück reden, wenn er nicht schon draußen auf uns wartet«, bemerkte Angie.
    Molly stoppte das Hover zehn Meter vor einem Stahltor mit schwarzgelben Diagonalstreifen.
    »Nein«, sagte Molly und nahm eine kleine blaue Box aus dem Handschuhfach, »er kann von Glück reden, wenn er nicht draußen wartet.« Mit einem orangenen Lichtblitz und einem Donnerschlag, der Mona ins Zwerchfell traf wie ein kräftiger Boxhieb, flog das Tor aus dem Rahmen. Es krachte in einer Rauchwolke auf die nasse Fahrbahn, und schon waren sie drüber weg, bogen auf die Straße ein und beschleunigten.
    »Ganz schön primitiv, was?«, sagte Angie und ließ tatsächlich ein Lachen hören.
    »Ich weiß«, sagte Molly, aufs Fahren konzentriert. »Manchmal geht’s eben nicht anders. Mona, erzähl ihr von Prior. Von Prior und deinem Lover. Was du mir erzählt hast.«
    Noch nie in ihrem Leben war Mona so schüchtern gewesen.

    »Bitte«, sagte Angie, »erzähl’s mir. Mona.«
    Einfach so. Ihren Namen. Angie Mitchell hatte tatsächlich ihren Namen gesagt! Zu ihr! Gerade eben!
    Sie wäre am liebsten in Ohnmacht gefallen.

34
    Margate Road
    »Hast du dich verlaufen?«, fragte der Nudelverkäufer auf Japanisch. Kumiko hielt ihn für einen Koreaner. Ihr Vater hatte koreanische Geschäftsfreunde – im Baugeschäft, wie ihre Mutter gesagt hatte. Sie waren meist füllig, wie auch der hier, fast so füllig wie Petal, mit breiten, ernsten Gesichtern. »Siehst reichlich durchgefroren aus.«
    »Ich suche jemanden«, sagte sie. »Er wohnt in der Margate Road.«
    »Wo ist die?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Komm rein.« Der Nudelkoch winkte Kumiko um seine Theke herum. Sein Stand war aus pinkfarbener Wellplastik.
    Sie trat zwischen den Nudelstand und den nebenan, der etwas namens Roti feilbot; das Wort war in phantastisch bunten Graffiti-Versalien mit leuchtenden Klecksen und Schnörkeln aufgesprüht. Es roch dort nach Gewürzen und schmorendem Fleisch. Ihre Füße waren eiskalt.
    Sie tauchte unter einer Plastikfolie hindurch. Im Nudelstand war es eng: dicke blaue Butangasflaschen, drei Kochstellen mit hohen Töpfen, Plastikbeutel mit Nudeln, Stapel von Styroporschalen und der mächtige Koreaner selbst, der ständig zwischen den Töpfen patrouillierte. »Setz dich«, sagte er. Sie hockte sich auf einen gelben Plastikbehälter mit Natriumglutamat, so dass ihr Kopf unter der Theke verschwand. »Bist du Japanerin?«

    »Ja«, sagte sie.
    »Tokio?«
    Sie zögerte.
    »Deine Kleidung«, sagte er. »Warum läufst du im Winter in Tabisocken aus Gummi rum? Ist das gerade in Mode?«
    »Ich habe meine Stiefel verloren.«
    Er reichte ihr eine Styroporschale und Essstäbchen aus Plastik. Dicke Nudelschnecken schwammen in einer dünnen gelben Suppe. Sie aß hungrig und trank anschließend die Brühe. Sie sah zu, wie er eine Kundin bediente, eine Afrikanerin, die die Nudeln in ihrem eigenen Topf mit Deckel mitnahm.
    »Margate«, sagte der Nudelmann, als die Frau weg war. Er zog ein fettiges, in Papier eingeschlagenes Buch unter der Theke

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