Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
Vom Netzwerk:
»Feuerzeug, wa? Na, dann lass uns ma eine schmoken, Japse.« Kumikos Hand fuhr in die Tasche, schoss durch den Schlitz, den die Rasierklinge hinterlassen hatte, und schloss sich um Luft. Der Junge kicherte.

    »Ziesen hatse inner Handtasche«, sagte ein anderer. »Hilf ihr ma, Reg!« Eine Hand schoss vor und durchtrennte das Lederband ihrer Tasche mit einem glatten Schnitt.
    Der erste Dracula packte die Tasche, wickelte den baumelnden Riemen mit einer geübten Bewegung drumherum und steckte sie vorn in den Regenmantel. »Danke.«
    »Ey, die hatse inner Hose!« Lachen, als sie unter den Pulloverschichten herumfummelte. Das Klebeband, das sie benutzt hatte, tat weh am Bauch, als sie die Pistole mit beiden Händen losriss und dem Burschen, der ihr Gerät hatte, an die Wange hielt.
    Nichts geschah.
    Dann türmten die übrigen drei in rasender Eile zur Treppe am anderen Ende des Tunnels, wobei sie mit ihren hohen schwarzen Schnürstiefeln durch den Schneematsch schlitterten und ihre langen Mäntel wie Flügel flatterten. Eine Frau schrie auf.
    Und Kumiko und der Dracula standen immer noch da, als wären sie festgefroren. Die Pistolenmündung war gegen seinen linken Wangenknochen gepresst. Kumikos Arme begannen zu zittern.
    Sie schaute dem Dracula in die Augen, braune Augen, die in einem urzeitlichen, schlichten Entsetzen weit aufgerissen waren: Der Dracula sah die Maske ihrer Mutter. Etwas schlug zu ihren Füßen auf den Beton: Colins Gerät.
    »Lauf!«, sagte sie. Der Dracula krümmte sich zusammen, machte den Mund auf, stieß einen würgenden, schluchzenden Laut aus und wirbelte herum, weg von der Pistole.
    Kumiko schaute nach unten und sah das Maas-Neotek-Gerät im grauen Matsch liegen. Daneben lag das saubere, silberne Rechteck einer einschneidigen Rasierklinge. Als sie das Gerät aufhob, bemerkte sie, dass das Gehäuse gesprungen war. Sie schüttelte Nässe aus dem Sprung und drückte es kräftig
mit der Hand. Der Tunnel war jetzt leer. Colin erschien nicht. Swains Walther-Luftpistole lag groß und schwer in ihrer anderen Hand.
    Sie ging zu einem rechteckigen Abfallbehälter, der an der gefliesten Wand festgemacht war, und steckte die Waffe zwischen eine fettige Warmhaltepackung aus Styropor und ein sauber gefaltetes Nachrichtenfax. Wandte sich ab, drehte sich dann wieder um und griff nach dem Fax.
    Treppe rauf.
    Auf dem Bahnsteig zeigte jemand auf sie, aber da lief schon der Zug mit seinem altmodischen Gepolter ein, und dann glitten die Türen hinter ihr zu.
     
    Sie befolgte Colins Anweisungen: White City und Shepherd’s Bush, Holland Park, dann hob sie das Fax vors Gesicht, als der Zug vor Notting Hill abbremste – der betagte König lag im Sterben -, und behielt es dort, bis sie Bond Street hinter sich hatte. In der Station am Oxford Circus herrschte Hochbetrieb, und sie war froh über die schützenden Menschenmassen.
     
    Colin hatte gesagt, es sei möglich, den Bahnhof zu verlassen, ohne zu bezahlen. Nach einiger Überlegung kam sie zu dem Schluss, dass er nicht gelogen hatte, obwohl man dafür Tempo und Timing brauchte. Sie hatte auch gar keine andere Wahl; ihre Tasche mit dem Mitsu-Bank-Chip und den wenigen englischen Münzen hatten sich die Jack Draculas unter den Nagel gerissen. Zehn Minuten lang beobachtete sie, wie Fahrgäste ihre gelben Plastiktickets in die automatischen Drehkreuze steckten, dann holte sie tief Luft und flitzte los. Dran, drüber, hinter ihr Rufe, lautes Gelächter, und dann rannte sie wieder.
    Als sie zum Ausgang am oberen Ende der Treppe kam, sah sie die Brixton Road vor sich, ein schäbiges Shinjuku voller dampfender Imbissstände.

33
    Der Star
    Mona wartete in einem Wagen, und das gefiel ihr nicht. Sie wartete sowieso nicht gern, aber das Wiz, das sie genommen hatte, machte es erst recht unangenehm. Sie musste sich ständig ermahnen, nicht mit den Zähnen zu knirschen, denn was Gerald auch mit ihnen angestellt haben mochte, sie taten immer noch weh. Jetzt, wo sie daran dachte, tat ihr überhaupt alles weh. Wahrscheinlich war das Wiz doch keine so gute Idee gewesen.
    Der Wagen gehörte der Frau, die Gerald Molly genannt hatte. Irgendein stinknormaler grauer Japaner, eine typische Schlipskarre, ganz nett, aber unauffällig. Er roch noch neu und war ziemlich abgezogen, als sie aus Baltimore draußen waren. Er hatte einen Computer, aber die Frau war die ganze Strecke zurück ins Sprawl selbst gefahren. Jetzt stand er auf dem Dach eines zwanzigstöckigen Parkhauses, das nicht weit

Weitere Kostenlose Bücher