Neuromancer-Trilogie
erzählte ihm der geklonte Killer, seine Aufgabe sei es, ein bestimmtes Kunstwerk wiederzubeschaffen, einen Apparat von großer Schönheit, der aus dem Hause seines Herrn entwendet worden sei. Ihm sei zu
Ohren gekommen, dass Smith vielleicht nähere Angaben zum Verbleib dieses Objekts machen könne.
Smith erklärte dem Mann, er habe keine Lust zu sterben, und holte den Kopf. Welchen Preis er denn durch den Verkauf des Objekts erzielen wolle, erkundigte sich sein Besucher. Smith nannte einen Betrag, der viel niedriger angesetzt war als der Preis, mit dem er ursprünglich gerechnet hatte. Der Ninja zückte einen Kreditchip und überwies Smith diesen Betrag von einem Schweizer Nummernkonto. Dann wollte der Mann noch wissen, wer ihm das Stück gebracht hatte. Smith sagte es ihm. Schon ein paar Tage später erfuhr er von Jimmys Tod.
»Und da komm ich nun ins Spiel«, fuhr der Finne fort. »Smith wusste, dass ich’ne Menge Geschäfte mit den Leuten von der Memory Lane gemacht hatte, und da geht man hin, wenn man diskrete Infos braucht, deren Herkunft nicht zurückverfolgt werden kann. Ich hab einen Cowboy angeheuert. Ich war der Mittelsmann, also hab ich Prozente genommen. Smith, der war sehr vorsichtig. Er hatte gerade ein sehr eigenartiges Erlebnis gehabt und war nochmal davongekommen, aber die Sache war ihm nach wie vor schleierhaft. Wer hatte mit dem Geld von diesem Schweizer Konto bezahlt? Die Yakuza? Ausgeschlossen. Die haben sehr strenge Regeln für solche Situationen und servieren den Empfänger immer gleich mit ab. Die CIA? Daran glaubte Smith nicht. Geheimdienstgeschichten haben Vibes, die man riechen kann. Na ja, ich hab meinen Cowboy in den Zeitungsarchiven wühlen lassen, bis wir rausfanden, dass Tessier-Ashpool in einen Rechtsstreit verwickelt war. Es ging praktisch um nichts, aber wir haben den Namen der Anwaltskanzlei rausgekriegt. Der Cowboy hat das Eis der Kanzlei geknackt, und so sind wir an die Familienadresse rangekommen. Hat uns’ne Menge eingebracht.«
Case zog die Brauen hoch.
»Freeside«, sagte der Finne. »Die Spindel. Wie sich rausgestellt hat, gehört denen der Laden fast zu hundert Prozent. Interessant war das Bild, das sich ergab, als der Cowboy reguläre Informationen aus den Zeitungsarchiven abgerufen und eine Übersicht erstellt hat. Familienunternehmen. Strukturiert wie eine GmbH. Angeblich kann man sich in so was einkaufen, aber Anteile von Tessier-Ashpool werden schon seit über hundert Jahren nicht mehr auf dem freien Markt gehandelt. Auf keinem Markt, soviel ich weiß. Da haben wir also eine sehr stille, sehr exzentrische Orbitfamilie der ersten Generation vor uns, die wie ein Großunternehmen geführt wird. Viel Geld, sehr medienscheu. Viel Kloning. Im Orbit sind die Gesetze über Genmanipulation nämlich viel lascher. Und man verliert leicht den Überblick, welche Generation oder Kombination von Generationen zu einem bestimmten Zeitpunkt den Laden schmeißt.«
»Wieso?«, fragte Molly.
»Die haben eigene Kryogenanlagen. Sogar nach orbitalen Gesetzen ist man rechtlich gesehen tot, solange man tiefgefroren ist. Anscheinend führen sie den Laden immer abwechselnd, obwohl der Gründungsvater seit dreißig Jahren nicht mehr gesehen worden ist. Die Gründungsmutter ist bei einem Laborunfall umgekommen …«
»Und was ist mit deinem Hehler passiert?«
»Nichts.« Der Finne runzelte die Stirn. »Er hat die Sache fallenlassen. Wir haben uns das unglaubliche Wirrwarr von Vollmachten im Besitz der Tessier-Ashpools kurz angesehen, und das war’s. Jimmy muss in die Straylight reingegangen sein und den Kopf geklaut haben, und T-A hat ihm den Ninja auf den Hals gehetzt. Smith hat beschlossen, das Ganze zu vergessen. War vielleicht gar nicht so dumm von ihm.« Der Finne sah Molly an. »Die Villa Straylight. Die Spitze der Spindel. Streng privat.«
»Du meinst, dieser Ninja gehört denen, Finne?«, fragte Molly.
»Smith war davon überzeugt.«
»Teuer«, sagte sie. »Was wohl aus dem kleinen Ninja geworden ist?«
»Haben ihn vermutlich auf Eis gelegt. Tauen ihn wieder auf, wenn sie ihn brauchen.«
»Okay«, sagte Case, »wir wissen also, dass Armitage seine hübschen Sachen von einer KI namens Wintermute bezieht. Was bringt uns das?«
»Bisher nichts«, meinte Molly. »Aber jetzt hab ich’ne kleine Nebenbeschäftigung für dich.« Sie zog ein gefaltetes Stück Papier aus der Tasche und reichte es ihm. Er faltete es auseinander. Gitterkoordinaten und Zugangscodes.
»Von wem ist
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