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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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Farbenspiel des Polykarbonats hervor; ihre Anzüge waren dem Chaos von Farben
und Formen, das hinter ihnen wütete, nicht gewachsen. »Bist du verletzt? Komm schon! Tommy stützt dich.« Tommy reichte dem Sprecher einen Gegenstand, eine in Polykarbonat gehüllte Videokamera.
    »Chicago«, sagte sie. »Bin unterwegs.« Und dann stürzte sie, nicht auf den von Blut und Erbrochenem glitschigen Marmorboden, sondern in einen blutwarmen Schlund, in dem es still und dunkel war.
     
    Der Führer der Panther Moderns, der sich als Lupus Yonderboy vorstellte, trug einen Polykarbonatanzug mit Rekorderausstattung, mit dem er aufgezeichnete Hintergründe nach Belieben abspielen konnte. Er saß wie ein ultramoderner Wasserspeier auf der Kante von Cases Arbeitstisch und musterte Case und Armitage mit verhangenen Augen. Er lächelte. Sein Haar war pink. Ein Regenbogenwald von Mikrosofts stand hinter dem linken Ohr ab. Das Ohr selbst war spitz und ebenfalls mit pinkfarbenen Haarbüscheln besetzt. Seine Pupillen waren umgeformt, so dass das Licht wie bei einem Katzenauge einfiel. Case verfolgte die Farben und Strukturen, die über seinen Anzug huschten.
    »Die Sache ist euch außer Kontrolle geraten«, sagte Armitage. Er stand wie eine Statue in der Mitte des Lofts, in die schwarzglänzenden Falten eines teuer aussehenden Trenchcoats gehüllt.
    »Chaos, Mister Who«, sagte Lupus Yonderboy. »Das ist unsere Art und unser Stil. Das gibt uns den großen Kick. Ihre Lady weiß das. Für die arbeiten wir. Nicht für Sie, Mister Who.« Sein Anzug hatte ein bizarres Winkelmuster in Beige und hellem Avocadogrün angenommen. »Sie brauchte ein paar Ärzte. Bei denen ist sie jetzt. Wir kümmern uns schon um sie. Ist alles okay.« Er lächelte wieder.
    »Bezahlen Sie ihn«, sagte Case.

    Armitage funkelte ihn an. »Wir haben die Ware nicht.«
    »Ihre Lady hat sie«, sagte Yonderboy.
    »Bezahlen Sie ihn!«
    Armitage ging steif zum Tisch und zog drei dicke Bündel Neue Yen aus der Tasche seines Trenchcoats. »Wollen Sie nachzählen?«, fragte er Yonderboy.
    »Nein«, erwiderte der Panther Modern. »Ich bin sicher, es stimmt. Sie sind doch ein Mister Who. Sie zahlen, um einer zu bleiben und kein Mister Name zu werden.«
    »Ich hoffe, das soll keine Drohung sein«, sagte Armitage.
    »Das ist Geschäft«, sagte Yonderboy und stopfte das Geld in die einzige Tasche an der Vorderseite seines Anzugs.
    Das Telefon läutete. Case nahm ab.
    »Molly«, informierte er Armitage und reichte ihm den Hörer.
     
    Das erste Morgengrauen erhellte die geodätischen Kuppeln des Sprawl, als Case auf die Straße ging. Seine Glieder waren kalt und unkoordiniert. Er konnte nicht schlafen. Das Loft nervte ihn. Lupus war gegangen, Armitage auch. Molly lag auf irgendeinem OP-Tisch. Der Boden unter seinen Füßen bebte, als ein Zug vorbeiraste. In der Ferne dopplerten Sirenen.
    Er streifte ziellos umher, den Kragen einer neuen Lederjacke hochgestellt, schnippte die erste Yeheyuan einer ganzen Kette in den Rinnstein und steckte sich gleich die nächste an. Unterwegs versuchte er sich vorzustellen, wie sich Armitages Giftsäckchen in seinem Blutstrom zersetzten, wie sich die mikroskopischen Membranen bei jedem Schritt abnutzten. Es kam ihm ganz unwirklich vor, ebenso unwirklich wie die Angst und die Qualen, die er durch Mollys Augen im Foyer von Sense/Net gesehen hatte. Er versuchte, sich an die Gesichter der drei Menschen zu erinnern, die er in Chiba umgebracht hatte. Die Männer waren weiße Flecken; die Frau erinnerte
ihn an Linda Lee. Ein verbeulter Dreiradlaster mit verspiegelten Scheiben ratterte an ihm vorbei. Leere Plastikzylinder zappelten auf der Ladefläche.
    »Case.«
    Er sprang zur Seite und stellte sich instinktiv so hin, dass er eine Mauer im Rücken hatte.
    »Nachricht für dich, Case.« Lupus Yonderboys Anzug durchlief die Grundfarben. »Pardon. Wollte dich nicht erschrecken.«
    Case richtete sich auf, die Hände in den Jackentaschen. Er war einen Kopf größer als der Modern. »Pass bloß auf, Yonderboy!«
    »Das ist die Nachricht: Wintermute.« Er buchstabierte das Wort.
    »Von dir?« Case trat einen Schritt näher.
    »Nein«, sagte Yonderboy. »Für dich.«
    »Von wem?«
    »Wintermute«, wiederholte Yonderboy und nickte, so dass sein pinkfarbener Haarkamm wippte. Sein Anzug wurde mattschwarz, ein dunkler Schatten auf verwittertem Beton. Er vollführte ein seltsames Tänzchen, ließ dabei die dünnen, schwarzen Arme kreisen und war weg. Nein. Da. Mit Kapuze

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