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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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über irgendeinen Fluss hatten sie den Highway verlassen. Wälder und Felder und zweispuriger Asphalt, hie und da ein einsames rotes Licht hoch oben auf einem Turm oder so. Und da hatten sich die anderen Stimmen gemeldet. Und dann ging’s hin und her, hin und her, erst die Stimmen, dann Molly und dann wieder die Stimmen, und das erinnerte sie an Eddy, wenn er einen Deal zu machen versuchte, nur dass Molly das viel besser draufhatte als Eddy; obwohl Mona nur Bahnhof verstand, merkte sie doch, dass Molly ihre Wünsche weitgehend durchsetzte. Aber sie konnte es nicht ertragen, wenn die Stimmen kamen; dann wäre sie am liebsten so weit wie möglich von Angie abgerückt. Am schlimmsten war ein gewisser Sam-Eddy oder so ähnlich. Alle wollten sie, dass Molly Angie irgendwohin brachte, zu einer Vermählung, wie sie es nannten, und Mona fragte sich, ob da
vielleicht Robin Lanier die Hände im Spiel hatte, ob sich Angie und Robin vielleicht trauen lassen wollten und das alles nur eine abgedrehte Show war, wie sie Stars beim Heiraten abzogen. Aber damit kam sie irgendwie nicht weiter, und immer, wenn dieser Sam-Eddy sich zu Wort meldete, kribbelte ihr die Kopfhaut. Worum Molly feilschte, verstand sie jedoch: Es gab eine Liste mit ihren Straftaten, und die sollte gelöscht werden. Mit Lanette zusammen hatte sie mal einen Film über ein Mädchen mit zehn, zwölf Persönlichkeiten gesehen, die alle irgendwann zum Vorschein kamen, zum Beispiel das schüchterne Kindchen oder die Nutte, die voll auf Droge war, aber da war nie die Rede davon gewesen, dass eine von denen eine Polizeiakte löschen konnte.
    Dann diese Ebene im Scheinwerferlicht, mit treibendem Schnee und niedrigen rostfarbenen Erhebungen, wo der Wind das Weiß fortgeweht hatte.
     
    Das Hover hatte einen Straßenkartenmonitor, wie man ihn in Taxis sah oder wenn man von einem Truck mitgenommen wurde, aber den schaltete Molly nur ein einziges Mal ein, nämlich um die Koordinaten zu suchen, die ihr die Stimme angegeben hatte. Nach einer Weile dämmerte es Mona, dass Angie ihr sagte, wie sie fahren musste. Oder vielmehr, die Stimmen sagten es ihr. Mona wünschte sich schon längst, es würde endlich Tag werden, aber es war noch Nacht, als Molly die Scheinwerfer ausschaltete und weiter durch die Dunkelheit brauste.
    »Licht!«, schrie Angie.
    »Ganz ruhig«, sagte Molly, und Mona fiel ein, wie sie sich bei Gerald im Dunkeln bewegt hatte. Das Hover wurde jedoch etwas langsamer, ging in eine lange Kurve und holperte über das unebene Gelände. Die Beleuchtung des Armaturenbretts ging aus, sämtliche Instrumente erloschen. »Keinen Mucks jetzt, okay?«

    Das Hovercraft beschleunigte in der Dunkelheit.
    Grelles Licht hoch oben, das sich bewegte. Durchs Fenster sah Mona kurz einen schwebenden, herumwirbelnden Punkt; darüber etwas anderes, knollig und grau …
    »Runter! Runter mit ihr!«
    Mona zerrte an Angies Gurtschloss, als etwas gegen die Seite des Hovers knallte. Sie zog Angie auf den Boden hinunter, legte die Arme um sie und umklammerte sie mitsamt ihrem Pelz, als Molly scharf nach links schwenkte und etwas auswich, was Mona nicht sah. Mona blickte hoch: Für einen Sekundenbruchteil sah sie ein großes, versifftes schwarzes Gebäude mit einer einzigen hellen Glühbirne über einem offenen Lagerhaustor aufragen. Im nächsten Moment waren sie drin, und die Turbine kreischte in vollem Rückwärtsschub. Rumms.
     
    Ich versteh gar nichts mehr, sagte die Stimme, und Mona dachte: Ja, das kenn ich.
    Dann begann die Stimme zu lachen und hörte nicht mehr auf, und aus dem Lachen wurde ein Stakkatogeräusch, das kein Lachen mehr war, und Mona schlug die Augen auf.
    Ein Mädchen mit einer winzigen Taschenlampe, wie Lanette eine an ihrem dicken Schlüsselbund gehabt hatte; Mona sah sie im schwachen Widerschein, während der Lichtkegel in Angies schlaffes Gesicht strahlte. Dann sah das Mädchen, dass Mona sie anblickte, und das Geräusch hörte auf.
    »Verdammte Scheiße, wer bist du?« Das Licht schien in Monas Augen. Cleveland-Akzent, hartes kleines Fuchsgesicht unter zerzaustem, wasserstoffblondem Haar.
    »Mona. Und du?« Aber dann sah sie den Hammer.
    »Cherry.«
    »Was soll der Hammer?«
    Diese Cherry schaute auf den Hammer. »Jemand ist hinter mir und Slick her.« Sie sah wieder Mona an. »Seid ihr das?«

    »Glaub nicht.«
    »Siehst aus wie sie.« Das Licht fiel auf Angie.
    »Meine Hände aber nicht. Hab jedenfalls nicht immer so ausgesehn.«
    »Ihr seht beide aus wie Angela

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