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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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waren die Bäume sehr hoch. Dahinter lag eine Wiese mit hohem Gras und wilden Blumen.
    »Schaut!«, sagte Kumiko, als sie durch die Zweige ein stattliches graues Haus sah.
    »Ja«, sagte Colin, »das Original steht am Stadtrand von Paris. Aber wir sind fast da. Am Ausgang, meine ich.«
    »Colin! Hast du gesehen? Eine Frau. Gleich da drüben …«
    »Ja«, sagte er, ohne den Kopf zu drehen. »Angela Mitchell.«
    »Wirklich? Sie ist hier?«
    »Nein«, sagte er, »noch nicht.«
    Dann sah Kumiko die Drachenflieger. Hübsche Dinger, die im Wind schaukelten.
    »Das sind sie«, sagte Colin. »Tick bringt dich in einem von denen …«
    »Den Teufel werd ich tun«, protestierte Tick von hinten.
    »Ist kinderleicht. Als ob du an deinem Deck zugange wärst. In diesem Fall ist es sogar dasselbe …«
     
    Von der Margate Road klang Gelächter herauf, das Grölen von Besoffenen, das Klirren einer Flasche, die an Backstein zerschellte.

    Kumiko saß reglos im Polstersessel, hielt die Augen fest geschlossen und erinnerte sich an den rasanten Aufstieg des Drachenfliegers in den blauen Himmel … und an noch etwas.
    Ein Telefon begann zu läuten.
    Ihre Augen sprangen auf.
    Sie rappelte sich aus dem Sessel und flitzte an Tick vorbei durch seine Gerätestapel, suchte das Telefon, fand es endlich, und »Na, Amigo«, sagte Sally weit weg durch leises atmosphärisches Rauschen, »was gibt’s denn so Dringendes? Tick? Alles klar, Mann?«
    »Sally! Sally, wo bist du?«
    »In New Jersey. He. Kleine? Was ist denn los, Kleine?«
    »Ich kann dich nicht sehen, Sally. Der Bildschirm ist schwarz!«
    »Ich ruf aus einer Telefonzelle an. New Jersey. Was ist denn?«
    »Ich muss dir so viel erzählen …«
    »Schieß los«, sagte Sally. »Geht ja auf meine Rechnung.«

38
    Der Krieg um Factory (2)
    Sie standen am hohen Fenster hinten in Gentrys Loft und sahen das Hover brennen. Dann meldete sich die Lautsprecherstimme wieder. »Das findet ihr wohl verdammt komisch, hm? Hahahahahahaha, wir auch! Wir finden euch unheimlich komisch, ihr Scherzkekse. Dann wollen wir jetzt mal alle richtig einen draufmachen!«
    Kein Mensch war zu sehen, nur die Flammen, die aus dem Hover schlugen.
    »Los, lass uns zu Fuß abhauen«, sagte Cherry dicht hinter Slick. »Wir nehmen Wasser und was zu essen mit, wenn ihr was dahabt.« Ihre Augen waren gerötet, das Gesicht tränenverschmiert, aber ihre Stimme klang ruhig. Zu ruhig für Slicks
Geschmack. »Komm schon, Slick, was sollen wir denn sonst machen?«
    Er sah sich rasch zu Gentry um, der auf seinem Stuhl vor dem Holotisch hing, den Kopf in die Hände gestützt, und auf die weiße Säule starrte, die aus dem vertrauten, in allen Regenbogenfarben schillernden Gewirr des Sprawl-Cyberspace aufragte. Gentry hatte sich weder gerührt noch ein Wort gesagt, seit sie ins Loft zurückgekommen waren. Slicks linker Stiefelabsatz hatte schwache, dunkle Spuren auf dem Boden hinterlassen. Little Birds Blut. Er war auf dem Rückweg durch Factorys Erdgeschoss reingetreten.
    In diesem Moment machte Gentry den Mund auf. »Ich hab die andern nicht in Gang gekriegt.« Er blickte auf die Fernsteuerung auf seinem Schoß.
    »Du brauchst eine für jedes, das du laufen lassen willst«, sagte Slick.
    »Wird Zeit, dass wir den Count um Rat fragen«, sagte Gentry und warf Slick das Gerät zu.
    »Da geh ich nicht noch mal rein«, sagte Slick. »Du gehst.«
    »Nicht nötig.« Gentry berührte eine Konsole auf seiner Werkbank. Bobby der Count erschien auf einem Monitor.
    Cherrys Augen weiteten sich. »Sag ihm, dass er bald tot ist. Wenn du ihn nicht von der Matrix abkoppelst und ihn schleunigst in eine Intensivstation bringen lässt, stirbt er.«
    Bobbys Gesicht auf dem Monitor erstarrte. Der Hintergrund wurde scharf: der Hals des ehernen Hirsches, hohes Gras mit weißen Blumen darin, die dicken Stämme alter Bäume.
    »Hörst du, du Wichser?«, schrie Cherry. »Du krepierst! Deine Lungen füllen sich mit Wasser, deine Nieren arbeiten nicht mehr, dein Herz ist im Eimer … Ich könnt kotzen, wenn ich dich seh!«
    »Gentry«, sagte Bobby, dessen Stimme leise und blechern aus einem kleinen Lautsprecher an der Seite des Monitors
kam, »ich weiß nicht, wie ihr hier ausgerüstet seid, aber ich hab’ne kleine Ablenkung arrangiert.«
    »Wir haben das Motorrad gar nicht gecheckt«, sagte Cherry, die Arme um Slick gelegt. »Haben’s uns nicht mehr angesehen. Vielleicht läuft’s ja noch.«
    »Was soll das heißen, ›’ne kleine Ablenkung‹?« Er schob

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