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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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Riesenschmetterling. Schon war es über dem Rand des Plateaus verschwunden. Case hatte noch Glas aufblitzen sehen, das Neonlicht reflektierte: entweder Objektive oder Lasergeschütze. Die Drohnen gehörten zum Sicherheitssystem der Spindel und wurden von einem Zentralcomputer gesteuert.

    Ob der in der Villa Straylight stand? Er ging weiter, vorbei an Bars namens Hi-Lo, Paradise, Le Monde, Cricketeer, Shozoku Smith’s und Emergency. Er entschied sich fürs Emergency, weil es die kleinste und vollste war, stellte jedoch sofort fest, dass es sich um einen Touristenschuppen handelte. Keine Geschäfte hier, nur eine verschleierte erotische Spannung. Er dachte kurz an den namenlosen Club über Mollys Kabine, aber das Bild ihrer verspiegelten Augen, die an dem kleinen Monitor hingen, brachte ihn davon ab. Was mochte Wintermute dort enthüllen? Die Grundrisse der Villa Straylight? Die Geschichte der Tessier-Ashpools?
    Er bestellte ein Carlsberg und fand einen Stehplatz an der Wand. Er schloss die Augen und tastete nach dem Knoten seiner Wut, der kleinen, glimmenden Kohle seines Zorns. Sie war noch da. Woher kam sie? Er erinnerte sich, dass er auf seine Verstümmelung in Memphis nur mit einer gewissen Verblüffung reagiert hatte, dass er rein gar nichts empfunden hatte, als er mordete, um seine Interessen als Dealer in Night City zu schützen, und bei Lindas Tod in der aufgeblasenen Kuppel nur matten Abscheu und Ekel. Aber keinen Zorn. Vor seinem geistigen Auge knallte, klein und weit entfernt, die Erscheinung von Deane in einer Explosion von Blut und Hirn gegen die Erscheinung einer Bürowand. Und da wusste er es: Der Zorn war in der Spielhalle hochgekommen, als Wintermute den Simstim-Geist von Linda Lee auslöschte und damit die simple, animalische Hoffnung auf Essen, Wärme und einen Platz zum Schlafen zerschlug. Aber wahrgenommen hatte er ihn erst bei seinem Wortwechsel mit dem holografisch konstruierten Lonny Zone.
    Der Zorn war seltsam. Er konnte ihn nicht richtig einordnen.
    »Abgestumpft«, sagte er. Er war seit langem abgestumpft, seit Jahren. Die ganzen Nächte auf der Ninsei, die Nächte mit
Linda. Abgestumpft im Bett, abgestumpft bei jedem Drogendeal, bei dem ihm eigentlich der kalte Schweiß hätte ausbrechen müssen. Aber jetzt hatte er dieses warme Etwas gefunden, diesen mörderischen Zug. Fleisch, sagte etwas in ihm. Es ist das Fleisch, das zu dir spricht. Beachte es nicht!
    »Na, du Gangster?«
    Er öffnete die Augen. Cath stand in einem schwarzen Hemdkleid neben ihm, das Haar noch zerzaust von der Hondafahrt.
    »Dachte, ihr wärt nach Hause gefahren«, sagte er und kaschierte seine Verwirrung mit einem Schluck Carlsberg.
    »Hab mich bei’nem Shop absetzen lassen und mir das hier geholt.« Sie strich mit der Hand über den Stoff, am Becken entlang. Er sah das blaue Derm an ihrem Handgelenk. »Gefällt’s dir?«
    »Ja.« Automatisch musterte er die Gesichter um sie herum und sah dann wieder sie an. »Was hast du eigentlich vor, Süße?«
    »Bringt’s das Beta, das du von uns gekriegt hast, Lupus?« Sie stand nun ganz dicht bei ihm, strahlte Wärme und Anspannung aus.
    Die Augen über den enorm geweiteten Pupillen waren zu Schlitzen zusammengekniffen, und eine Sehne in ihrem Nacken war gespannt wie auf einem Bogen. Das Zeug, das sie gerade eingeworfen hatte, ließ sie unsichtbar beben und vibrieren. »Hast du abgehoben?«
    »Ja. Aber die Landung ist reichlich holprig.«
    »Dann brauchst du mehr davon.«
    »Und wohin soll das führen?«
    »Hab’nen Schlüssel. Droben am Berg hinter dem Paradise, Bude vom Feinsten. Die Leute sind heut Abend den Schacht runter, geschäftlich, wenn du mir folgen kannst …«
    »Kann ich, aber ob ich auch will?«

    Ihre heißen, trockenen Hände schlossen sich um seine. »Bist’n Yak, Lupus, stimmt’s?’n Gaijin-Soldat der Yakuza.«
    »Hast’n Auge für so was, hm?« Er zog seine Hand weg und suchte nach einer Zigarette.
    »Wieso hast du eigentlich noch alle Finger? Ich dachte, du musst dir jedes Mal einen abhacken, wenn du Mist baust?«
    »Ich bau keinen Mist.« Er zündete sich die Zigarette an.
    »Hab das Mädchen gesehn, mit dem du zusammen bist. An dem Tag, als ich dich kennengelernt hab. Hat’nen Gang wie Hideo. Macht mir Angst.« Sie lächelte zu breit. »Gefällt mir. Mag sie’s mit Frauen?«
    »Hat sie nie was von gesagt. Wer ist Hideo?«
    »3Janes Faktotum, wie sie ihn nennt. Faktotum der Familie.«
    Case zwang sich, seinen Blick gelangweilt über die Gäste im

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