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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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Chip und drückte ihn gegen den schwarzen Sensor direkt unter dem Nummernschild.
    Ein Magnetschloss. Das Geräusch erinnerte ihn an das Cheap Hotel.
    Das Mädchen auf dem Bett setzte sich auf und sprach ihn auf Deutsch an. Starre Augen, sanfter Blick. Automatiksteuerung. Nervenunterbrechung. Er trat zurück und schloss die Kabinentür von draußen.
    Die Tür von Kabine dreiundvierzig sah genauso aus wie alle anderen. Er zögerte. Die Stille im Korridor ließ darauf schließen, dass die Kabinen schalldicht waren. Sinnlos, es mit dem Chip zu versuchen. Er klopfte mit den Knöcheln an das emaillierte Metall. Nichts. Die Tür schien jedes Geräusch zu schlucken.
    Er drückte den Chip gegen die schwarze Platte.
    Die Bolzen klickten.
    Sie schien ihn irgendwie schon getroffen zu haben, bevor er die Tür richtig aufgemacht hatte. Er lag auf den Knien, die
Stahltür im Rücken. Zentimeter vor seinen Augen vibrierten die Klingen ihrer steifen Daumen …
    »Herrgott«, sagte sie und gab ihm einen Klaps auf die Wange, als sie aufstand. »Idiotisch von dir, das zu probieren. Wie, zum Teufel, haste die Schlösser aufgekriegt, Case? Case? Alles in Ordnung?« Sie beugte sich über ihn.
    »Chip«, sagte er, nach Luft ringend. Schmerz flutete von der Brust aus durch seinen Körper. Sie half ihm auf die Beine und schob ihn in die Kabine.
    »Hast du die Angestellte oben bestochen?«
    Er schüttelte den Kopf und fiel aufs Bett.
    »Einatmen. Zählen. Eins, zwei, drei, vier. Luft anhalten. Jetzt ausatmen. Zählen.«
    Er hielt sich den Bauch.
    »Du hast mich getreten«, keuchte er.
    »Hätte tiefer zielen sollen. Ich will allein sein. Ich meditiere, kapiert?« Sie setzte sich neben ihn. »Außerdem krieg ich gerade’ne Einweisung.« Sie deutete auf einen kleinen Monitor, der gegenüber vom Bett in die Wand eingelassen war. »Wintermute klärt mich über Straylight auf.«
    »Wo ist die Fleischpuppe?«
    »Keine da. Das ist der allerteuerste Sonderwunsch.« Molly stand auf. Sie hatte ihre Lederhose und ein weites, dunkles Hemd an. »Morgen geht’s los, sagt Wintermute.«
    »Was sollte die ganze Sache im Restaurant? Wieso bist du abgehauen?«
    »Wenn ich dageblieben wäre, Case, hätte ich Riviera vielleicht umgebracht.«
    »Warum?«
    »Wegen dem, was er mir angetan hat. Seine Show.«
    »Kapier ich nicht.«
    »Das kostet einiges«, sagte sie und streckte die rechte Hand aus, als hielte sie eine unsichtbare Frucht. Die fünf Klingen
kamen zum Vorschein und wurden langsam wieder eingefahren. »Der Trip nach Chiba, die Operation, die Aufrüstung des Nervensystems, so dass man die entsprechenden Reflexe für das Gerät hat … schweineteuer, das alles. Willst du wissen, wie ich mir das Geld anfangs verdient hab? Hier. Nicht hier, aber in so’nem ähnlichen Laden im Sprawl. Ist im Grunde ein Kinderspiel, denn sobald sie dir den Unterbrecherchip einpflanzen, isses locker verdientes Geld. Wachst manchmal wund auf, aber das ist auch schon alles. Vermietest, was du hast, mehr nicht. Du bist nicht dabei, wenn’s passiert. Das Haus hat die Software für alles, wofür der Freier die Kohle hinlegt …« Sie ließ ihre Knöchel knacken. »Schön. Ich bekam meine Knete. Das Dumme war nur, der Unterbrecher und die Schaltung, die sie mir in Chiba eingebaut hatten, waren nicht kompatibel. Die Arbeit ist allmählich durchgesickert, ich konnte mich dran erinnern … Aber es waren nur Träume, und nicht immer schlechte.« Sie lächelte. »Dann wurde es allmählich seltsam.« Sie zog die Zigaretten aus seiner Tasche und zündete sich eine an. »Das Haus fand raus, was ich mit meinem Geld machte. Die Klingen hatte ich schon drin, aber für die neuromotorische Feinarbeit hätte ich noch drei Termine gebraucht. Ich war absolut nicht bereit, das Puppenspiel aufzugeben.« Sie inhalierte, stieß den Rauch aus und schickte drei perfekte Ringe hinterher. »Der Scheißtyp, der den Laden geschmissen hat, ließ also’ne spezielle Software zusammenbrauen. Berlin, das ist der Ort für Snuff. Großer Markt für fiese Kicks, Berlin. Ich hab nie erfahren, wer das Programm geschrieben hat, an das sie mich rangehängt haben, aber es war auf den ganzen Klassikern aufgebaut.«
    »Die wussten, dass du alles mitgekriegt hast? Dass du während der Arbeit bei Bewusstsein warst?«
    »Ich war nicht bei Bewusstsein. Ist wie Cyberspace, aber leer. Silbern. Riecht wie Regen … Man kann’s sehen, wenn man’nen
Orgasmus kriegt. Ist wie’ne kleine Nova draußen an der Grenze des Alls.

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