Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
Vom Netzwerk:
Partei ergreifen, ihm kleine Gefälligkeiten erweisen – er zog ein frisches Päckchen Yeheyuan hervor, als Case eine Gitane ablehnte – und allgemein ein Gegengewicht zu dem kaltschnäuzigen, feindseligen Pierre bilden. Michèle sollte der Engel sein, der die guten und bösen Taten aufschrieb, und hier und da korrigierend ins Verhör eingreifen. Einer von ihnen oder auch alle drei waren garantiert mit Audio, wahrscheinlich sogar mit Simstim präpariert, und alles, was er von jetzt an sagte und tat, konnte als Beweismittel gegen ihn verwendet werden. Als Beweismittel, so fragte er sich in seinem zermürbenden Drogenkater, wofür?

    Da sie wussten, dass er kein Französisch verstand, redeten sie zwanglos miteinander. Zumindest schien es so. Jedenfalls bekam er genug mit: Namen wie Pauley, Armitage, Sense/Net und Panther Moderns ragten wie Eisberge aus dem bewegten Meer des Pariser Französisch. Doch es war absolut möglich, dass die Namen nur seinetwegen fielen. Wenn von Molly die Rede war, dann immer als Kolodny.
    »Du sagst, du bist für einen Run angeheuert worden, Case«, sagte Roland langsam, um so anzudeuten, dass man mit ihm vernünftig reden konnte, »ohne Näheres über das Ziel zu wissen. Ist das nicht ungewöhnlich in deinem Gewerbe? Wärst du da nicht außerstande gewesen, die erforderliche Operation auszuführen, nachdem du die Abwehr durchbrochen hättest? Und irgendeine Operation hättest du doch wohl ausführen sollen, oder?« Er beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf seine schablonenbraunen Knie, breitete die Hände aus und wartete auf Cases Antwort. Pierre ging im Zimmer auf und ab; bald war er am Fenster, bald an der Tür. Michèle war die Präparierte, folgerte Case. Sie ließ ihn nicht aus den Augen.
    »Kann ich was anziehn?«, fragte er. Pierre, hatte darauf bestanden, ihn auszuziehen und die Nähte seiner Jeans abzusuchen. Jetzt saß er nackt auf einem Korbschemel. Ein Fuß war widerlich weiß.
    Roland fragte Pierre etwas auf Französisch. Pierre, der jetzt wieder am Fenster stand, spähte durch ein kleines, flaches Fernglas hinaus. »Non«, sagte er geistesabwesend, und Roland zuckte mit den Achseln und sah Case mit hochgezogenen Augenbrauen an. Case fand, das sei ein günstiger Moment für ein Lächeln. Roland erwiderte das Lächeln.
    Bullenscheiße, wie sie im Buche steht, dachte Case. »Hört mal«, sagte er, »mir ist schlecht. Hab mir in’ner Bar so’ne beschissene Droge reingezogen. Ich würd mich gern hinlegen.
Ihr habt mich ja. Ihr sagt, ihr habt Armitage. Na also, dann fragt den doch. Ich bin bloß’n angeheuerter Helfer.«
    Roland nickte. »Und Kolodny?«
    »Die war mit Armitage zusammen, als er mich angeheuert hat.’n Bodyguard.’ne Messermieze, soviel ich weiß. Was nicht viel ist.«
    »Du weißt, dass Armitage mit richtigem Namen Corto heißt«, sagte Pierre, die Augen nach wie vor hinter den weichen Kunststoffringen des Fernglases versteckt. »Woher weißt du das, Freundchen?«
    »Hat er wohl irgendwann mal erwähnt«, sagte Case, der den Ausrutscher bereute. »Jeder hat doch’n paar Namen. Wie heißt du, Pierre?«
    »Wir wissen, wie du in Chiba wiederhergestellt worden bist«, sagte Michèle, »und das war vielleicht Wintermutes erster Fehler.« Case sah sie so verständnislos an, wie er konnte. Dieser Name war bisher noch nicht gefallen. »Der bei dir angewandte Prozess hat dazu geführt, dass der Klinikinhaber sieben Patente angemeldet hat. Weißt du, was das bedeutet?«
    »Nein.«
    »Es bedeutet, dass der Betreiber einer schwarzen Klinik in Chiba City nun eine Aktienmajorität bei drei großen medizinischen Forschungskonsortien besitzt. Das stellt die normale Ordnung der Dinge auf den Kopf, verstehst du? Hat Aufsehen erregt.« Sie verschränkte die braunen Arme über den kleinen, hohen Brüsten und lehnte sich in das gemusterte Polster zurück. Case fragte sich, wie alt sie sein mochte. Es hieß, das Alter sei an den Augen zu erkennen, aber das hatte er noch nie gekonnt. Julie Deane hatte hinter seiner rosaroten Quartzbrille die Augen eines desinteressierten Zehnjährigen gehabt. An Michèle war bis auf die Knöchel nichts Altes. »Wir haben dich ins Sprawl verfolgt, dich dann aus den Augen verloren und beim Abflug nach Istanbul wieder aufgespürt. Wir sind
weiter zurückgegangen, haben dich im Gitter lokalisiert und sind zu dem Schluss gelangt, dass du den Aufruhr bei Sense/ Net angezettelt hattest. Sense/Net war äußerst kooperativ. Sie haben für uns eine

Weitere Kostenlose Bücher