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Neuromancer

Neuromancer

Titel: Neuromancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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half ihm bei Aufsetzen, aber bei der Bewegung knallte das Betaphenethylamin voll rein. Die beiden blauen Derms an seinem linken Handgelenk brannten. »Oberdosis«, brachte er hervor.
    »Komm schon, du!« Die starken Hände unter seinen Achseln zogen ihn
    hoch. »Wir müssen gehn.«
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    Der Servicewagen kreischte. Das Betaphenethylamin gab ihm eine Stimme. Er blieb nicht mehr stehen. Weder in der vollgestopften Galerie noch in den langen Korridoren oder beim schwarzen Glasportal zur T-A-Krypta,
    dem Gewölbe, wo die Kälte ganz allmählich in Ashpools Träume vorgedrungen war.
    Die Fahrt war ein endloser Trip für Case, der die Bewegung des Wagens
    nicht von der irrsinnigen Wucht der Oberdosis unterscheiden konnte. Als
    der Wagen schließlich seinen Geist aufgab und unterhalb vom Sitz irgend
    etwas mit einem weißen Funkenregen das Zeitliche segnete, hörte das
    Kreischen auf.
    Im Leerlauf rollte die Karre bis auf drei Meter zum Eingang von 3Janes
    Höhlenbehausung heran.
    »Wie weit noch, du?« Maelcum half ihm aus dem stotternden Wagen,
    während der eingebaute Feuerlöscher in der Motorkammer des Gefährts
    explodierte und gelbes Pulver aus den Luftschlitzen und Wartungsöffnun—
    gen quoll. Der Braun purzelte von der Sitzrückseite und humpelte über
    den künstlichen Sand davon, wobei er ein unbrauchbares Glied hinter sich
    her zog. »Mußt gehn, du.« Maelcum nahm Deck und Konstruktion und
    hängte sich den Gummigurt über die Schulter. Die E-troden baumelten am
    Hals von Case, der Maelcum folgte. Es erwarteten sie Rivieras Holos, die
    Folterszenen und die kannibalischen Kinder. Das Dreierbild hatte Molly
    zerstört. Der Zionit schenkte ihnen keinerlei Beachtung.
    »Langsam«, sagte Case, der Mühe hatte, Schritt zu halten. »Müssen alles
    richtig machen.«
    Maelcum blieb stehen, wandte sich um und funkelte ihn, die Remington
    in der Hand, an. »Richtig, du? Was ist richtig?«
    »Die haben Molly da drin, aber sie ist außer Gefecht. Riviera, der kann
    mit Holos um sich werfen. Hat vielleicht Mollys Flechette.« Maelcum nickte. »Und da ist noch'n Ninja, Leibwächter der Familie.«
    Maelcum runzelte die Stirn. »Hör mal, du Babylonier«, sagte er. »Ich bin
    ein Krieger. Aber das ist nicht mein Kampf, kein Zion-Kampf. Babylon
    kämpft gegen Babylon, verschlingt sich selber, weißt du? Aber Jehova sagt, wir holen Wandelndes Messer da raus.«
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    Case blinzelte.
    »Sie ist ein Krieger«, sagte Maelcum, als würde das alles erklären. »Jetzt sag mir, du, wen ich nicht töten soll.«
    »3Jane«, sagte er nach einer Pause. »Ein Mädchen da drin. Hat so'ne wei-
    ße Robe an mit 'ner Kapuze dran. Wir brauchen sie.«
    Als sie zum Eingang gelangten, marschierte Maelcum schnurstraks hinein, so daß Case nichts anderes übrig blieb als zu folgen.
    Das Reich von 3Jane war verlassen, der Pool leer.
    Maelcum reichte ihm Deck und Konstruktion und ging zum Rand des
    Pools. Hinter den weißen Gartenmöbeln warf das Labyrinth der hüfthohen,
    teilweise abgetragenen Mauern dunkle Schatten.
    Das Wasser leckte unermüdlich an den Seiten des Pools.
    »Sie sind hier«, sagte Case, »müssen hier sein.«
    Maelcum nickte.
    Der erste Pfeil schlug in seinen Oberarm. Die Remington krachte, das
    meterlange Mündungsfeuer zuckte blau in der Poolbeleuchtung auf. Der
    zweite Pfeil traf das Gewehr selbst, das über die weißen Kacheln wirbelte.
    Maelcum plumpste auf den Hintern und machte sich an dem schwarzen
    Ding zu schaffen, das aus seinem Arm ragte. Er zerrte daran.
    Hideo trat, einen dritten Pfeil in den schlanken Bambusbogen eingelegt,
    aus dem Schatten. Er verneigte sich.
    Maelcum, der den Stahlschaft umklammert hielt, machte große Augen.
    »Die Arterie ist nicht verletzt«, sagte der Ninja. Case mußte an Mollys
    Beschreibung des Mannes denken, der ihren Freund umgelegt hatte. Hideo war auch so einer.
    Ewig jung, strahlte er eine Ruhe aus, eine gewaltige Gelassenheit. Er
    trug eine saubere, durchgescheuerte Arbeitshose aus Khaki und weiche,
    dunkle Schuhe, die wie Handschuhe an Seinen Füßen saßen und an den
    Zehen wie Tabisocken auseinanderklafften. Der Bambusbogen war ein Mu—
    seumsstück, aber der Köcher aus einer schwarzen Legierung, der über seine Schulter ragte, sah nach den besten Waffenläden von Chiba aus.
    Seine braune, glatte Brust war unbedeckt.
    »Hast mir den Daumen zerschnitten, du, mit dem zweiten«, sagte
    Maelcum.
    »Coriolis-Kraft«, sagte der Ninja mit einer erneuten Verbeugung. »Unge—
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    mein

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