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Neuromancer

Neuromancer

Titel: Neuromancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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festen, tief ausgehöhlten Becher aus Bergkristall, als gefiele ihm das schiere Gewicht. »Die Lust am Spontanen, Grundlosen. Und ich habe eine Entscheidung getroffen, Molly,
    eine ganz spontane Entscheidung.«
    Sie sah abwartend zu ihm auf.
    »Kein Wort für dich, Molly. Tja, er hat mir davon erzählt. 3Jane kennt
    das Schlüsselwort natürlich, aber du sollst es nicht kriegen. Und Wintermute auch nicht. Meine Jane ist ein ehrgeiziges Mädchen auf ihre perverse Art.« Er lächelte wieder. »Sie hat ihre Pläne fürs Familienimperium, und das verrückte Zweiergespann der künstlichen Intelligenzen - so exzentrisch dieses Konzept auch sein mag - würde ihr nur im Weg stehn. Tja, da kommt ihr Riviera daher und hilft ihr aus der Patsche. Und Peter sagt: laß dich nicht beirren! Spiel Daddys liebste Swing-Platten und laß den Peter mal machen, der eine geeignete Band heranschafft und ein Parkett voller
    Tänzer organisiert als Totenfeier für den verblichenen König Ashpool.« Er trank den Rest Mineralwasser aus. »Nein, du würdest nicht mehr taugen, Daddy, du würdest nicht mehr taugen, jetzt wo Peter heimgekehrt ist.«
    Und damit schmetterte er, vom Kokain und Meperidin rosig strahlend, das
    Glas in ihr linkes Linsenimplantat, so daß ihr Blut und Licht ins Auge schossen.
    Maelcum klebte ausgestreckt an der Kabinendecke, als Case die E-troden abnahm. Ein Nylongurt um seine Hüften war mit Gummizügen und grauen Gummisaugnäpfen beidseitig an den Wandverkleidungen befestigt.
    Er hatte sein Hemd ausgezogen und hantierte mit einem unförmigen Null-g-Schlüssel an der mittleren Verkleidung herum, wobei die dicken Konter—fedem des Dings mächtig ächzten, als er eine weitere Sechskantschraube
    löste. Die Marcus Garvey knirschte und rüttelte im g-Streß.
    »Der Stumme verlangt, daß wir andocken«, sagte der Zionit, der die
    Sechskantschraube in einen Netzbeutel an seiner Hüfte steckte. »Maelcum
    landet die Maschine. Inzwischen brauchen wir Werkzeug für den Job.«
    »Dahinter hast du Werkzeug?« Case streckte den Hals und verfolgte,
    wie sich die Muskelpakete am braunen Rücken spannten.
    »Das da«, sagte Maelcum und zog ein längliches, in schwarze Folie ge—
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    wickeltes Bündel aus dem Raum hinter der Verkleidung hervor. Er paßte
    die Verkleidung wieder ein und fixierte sie mit nur einer Schraube. Das
    schwarze Bündel war davongeschwebt, bevor er damit fertig war. Er öffnete mit dem Daumen die Vakuumventile an den grauen Saugern des Arbeitsgürtels und befreite sich davon, wobei er sich das entnommene Ding schnappte.
    Er stieß sich ab, schwebte über die Instrumente – ein grünes Landedia—
    gramm blinkte über den Zentralmonitor – und griff nach dem g-Netz von
    Case. Er zog sich hinunter und löste das Klebeband an seinem Bündel mit
    dem dicken, kurzgeschnittenen Daumennagel. »Ein Chinese sagte mal, da
    kommt Wahrheit raus«, meinte er, während er ein altertümliches, öliges
    Remington-Automatikgewehr auswickelte. Der Lauf war wenige Millimeter
    vor dem zerstoßenen Schaft abgesägt, der Kolben völlig entfernt und
    durch einen hölzernen, mit mattschwarzem Band umklebten Pistolengriff
    ersetzt. Maelcum roch nach Schweiß und Gras.
    »Mehr haste nicht?«
    »Nee, du«, sagte er und wischte mit einem roten Lappen das Öl vom
    schwarzen Rohr. Die zerknüllte schwarze Folie hielt er mit dem Pistolengriff in der andern Hand. »Ich und du Rastafariermarine, glaub mir.«
    Case zog die E-troden über die Stirn. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, den Texas-Katheter wieder anzulegen; wenigstens könnte er in der Villa Straylight wieder richtig pissen, auch wenn's das letzte Mal wäre.
    Er steckte ein.
    »He«, sagte die Konstruktion, »der alte Peter ist total übergeschnappt,
    was?«
    Sie schienen jetzt ein Teil vom T-A-Eis zu sein; die smaragdgrünen Bö-
    gen hatten sich ausgedehnt und waren zu einer festen Masse verschmolzen. Grün herrsehte in den Schichten des chinesischen Programms vor, das sie umschloß. »Dicht dran, Dixie?«
    »Ganz dicht. Brauch dich bald.«
    »Hör mal, Dix! Wintermute sagt, Kuang hat sich in unserem Hosaka festgesetzt. Ich muß dich und mein Deck ausstecken, in die Straylight rüber—schaffen und dort im Sicherheitsprogramm wieder einstecken, sagt Wintermute. Das Kuang-Virus, sagt er, wird sich zwischenzeitlich da ganz rein-gefressen haben. Wir fahren das Ding dann von drinnen weiter, durchs 211
    Straylight-Netz.«
    »Wunderbar«, sagte die Flatline. »Ich hab's ja nie

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