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Neva

Neva

Titel: Neva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Grant
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nicht hinunterschlucken. »Was?«, gelingt es mir schließlich, hervorzubringen. Dann zwinge ich mich, den Bissen hinunterzuwürgen.
    »Deine Arbeitsunterlagen.« Er nimmt einen Schluck Wasser. »Du arbeitest jetzt für mich.«
    Konzentriert stochert Mom währenddessen in ihren Kartoffeln, als würde sie nach irgendwelchen Schätzen graben.
    »Was?«, frage ich noch einmal, denn er kann unmöglich ernst meinen, was er da gerade gesagt hat.
    »Leicht war es nicht. Die meisten Bewerber müssen zuerst einen Aufnahmetest bestehen und auf das Ergebnis der Personenüberprüfung warten. Aber ich habe ein paar Anrufe getätigt und den ein oder anderen Gefallen eingefordert.« Er nimmt Messer und Gabel in die Hand. »Du fängst übermorgen an.«
    »Danke, Dad, aber das ist nicht nötig.« Etwas Schlimmeres kann ich mir kaum denken. Nicht nur, dass ich den langweiligsten Job unter der gesamten Protektosphäre hätte – mein Vater und seine Spießgesellen könnten mich außerdem den ganzen Tag beobachten. »Ich fange in ein paar Wochen mit meiner Ausbildung zur Krankenschwester an.«
    »Nein, tust du nicht.« Er isst weiter.
    »Du befiehlst mir also, diese Stelle anzunehmen?« Klappernd lasse ich mein Besteck auf den Teller fallen. Die Gabel landet auf dem Boden.
    »Du brauchst Führung und Disziplin. In diesem Job bekommst du beides.«
    Ich stoße mich vom Tisch ab und richte mich auf. »Tut mir furchtbar leid, dass ich eine so große Enttäuschung für euch bin.«
    Meine Mutter schaltet sich ein: »Das hat er doch gar nicht gesagt, Neva.« Sie bückt sich, um meine Gabel aufzuheben.
    »Aber das hat er gemeint«, fauche ich.
    »Hör auf mit diesem Theater, Neva. Setz dich hin und iss.« Er schaut mich nicht einmal an. »Wir gehen die Unterlagen nachher gemeinsam durch.«
    Meine Gedanken überschlagen sich, weil ich ihm so vieles sagen will. Deswegen bin ich also mit einer Warnung davongekommen – sie schicken mich ins väterliche Gefängnis. »Nein, das mach ich nicht.« Wie ein kleines Kind stampfe ich mit dem Fuß auf und wünsche mir sofort, ich hätte es nicht getan.
    »So dankst du es mir, dass ich dir bloß helfen will?«, fragt er über Moms Kopf hinweg.
    »Ich habe dich nicht um Hilfe gebeten.« Bei jedem einzelnen Wort muss ich mich zurückhalten. »Ich habe es so satt, dass ihr mein Leben für mich regelt.«
    »Dann fang endlich an, deine Zukunft selbst in die Hand zu nehmen.« Er lehnt sich auf seinem Platz zurück.
    »Welche Zukunft? Wir haben keine mehr.«
    Sein Gesicht färbt sich nun dunkelrot. Er umklammert die Lehnen des Stuhls so fest, dass seine Knöchel weiß hervortreten. »Rede nie wieder so mit mir.« Er brüllt nicht. Er senkt sogar seine Stimme und spricht jedes einzelne Wort sehr deutlich aus. »Und rede nie wieder so von Heimatland.«
    Ich habe so viel zu sagen und bin derart wütend, dass ich mit bebenden Nasenflügeln und offenem Mund dastehe, aber keinen Ton herausbekomme.
    Meine Mutter springt auf und umfasst meine Schulter. »Neva, dein Vater will nur helfen«, erklärt sie mit Panik in der Stimme. »Vielleicht ist das im Augenblick das Beste für dich. Er hat dafür einiges auf sich genommen.«
    Ich renne hinaus in mein Zimmer und knalle die Tür hinter mir zu. Dann lasse ich mich aufs Bett fallen, vergrabe mein Gesicht im Kissen und schreie. Mein Tag hat als Alptraum angefangen und mit einer Katastrophe aufgehört. Die Regierung hat mir meine Privatsphäre genommen, mein Vater das letzte bisschen Freiheit, das ich noch besessen habe. So wie ich mich jetzt fühle, muss sich auch ein Tier im Käfig fühlen.

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    9 . Kapitel
    E s ist mein erster Arbeitstag und das erste Mal seit Jahren, dass nur wir zwei, mein Vater und ich, irgendetwas gemeinsam unternehmen. Er umklammert das Lenkrad und macht mich nervös. Das elektrische Surren des Autos ist wie ein Echo meiner vibrierenden Nerven. Immer wieder sperrt er wie ein Goldfisch im Glas den Mund auf; anscheinend will er etwas sagen, überlegt es sich aber jedes Mal anders. Ich wische mir meine schwitzigen Hände an meinem schlichten schwarzen Rock ab und zupfe an dem Saum. Meine Beine fühlen sich nackt an. Mein Vater hat darauf bestanden, dass ich ein Kleid oder einen Rock zur Arbeit trage. Mom hat deshalb welche von ihren eigenen für mich geändert. Es ist ein weiterer Versuch von ihm, mich zu etwas zu machen, das ich nicht bin.
    Ich kann noch immer nicht fassen, dass das hier meine Zukunft sein soll. Eigentlich möchte ich Dad fragen, wie

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