Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nevada Pass

Nevada Pass

Titel: Nevada Pass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
Vom Netzwerk:
des Gouverneurs gar nicht das wohlbehütete kleine Mädchen, das sie zu sein scheint. Sie wissen doch, was der Gouverneur oder der Colonel oder auch Pearce mit Ihnen machen würden, wenn sie Sie hier fänden.«
    »Was könnten sie mir schon tun? Ich darf Sie daran erinnern, daß es heute nicht mehr so ist wie vor hundert Jahren, und ich kann Ihnen versichern, daß ich durchaus in der Lage bin, selbständig zu handeln. Und Sie wären der Allerletzte, von dem ich mich maßregeln ließe! Ich habe Sie gefragt, ob es Ihnen einigermaßen geht.«
    Deakin seufzte. »So ist das Leben – da liegt man sowieso schon am Boden und wird auch noch getreten. Es geht mir fabelhaft. Sehen Sie das nicht? Ich schlafe immer in dieser Lage.«
    »Für Sarkasmus habe ich nichts übrig«, sagte sie frostig. »Ich wollte Sie fragen, ob ich etwas für Sie tun kann, aber jetzt habe ich den Eindruck, es wäre klüger gewesen, im Bett zu bleiben.«
    »Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht vor den Kopf stoßen. Ich hoffe. Sie billigen mir mildernde Umstände zu. Was Ihr Angebot betrifft, so erinnere ich Sie an das, was der Marshal gesagt hat: Verschwenden Sie Ihr Mitleid nicht an mich.«
    »Was der Marshal sagt, interessiert mich nicht im geringsten«, sagte Marica schroff und übersah geflissentlich die Überraschung und die wachsende Neugier in seinem Gesicht. »In der Kombüse ist noch etwas zu essen.«
    »Mir ist der Appetit vergangen. Trotzdem, vielen Dank.«
    »Und wie wär's mit einem Drink?«
    »Hallo! Das ist Musik für meine Ohren!« Er setzte sich mühsam auf. »Ich habe den ganzen Abend zugesehen, wie sie getrunken haben, und das war weiß Gott kein Vergnügen. Ich bin es gewöhnt, mein Glas selbst zu halten – würden Sie mir die Hände losbinden?«
    »Glauben Sie, ich habe den Verstand verloren? Wenn Sie erst einmal die Hände frei haben –«
    »Werde ich sie um Ihren hübschen Hals legen, was?« Er betrachtete ihren Hals eingehend, während sie ihn mit steinernem Gesicht beobachtete. »Er ist wirklich sehr hübsch. Aber das gehört nicht hierher. Was meine Hände betrifft, so kann ich Sie beruhigen: ich werde sogar die größte Mühe haben, das Glas festzuhalten. Sehen Sie her.«
    Er drehte sich um und zeigte ihr seine Hände. Sie waren blau angelaufen und die Schnur schnitt tief in das zu unkenntlichen Klumpen aufgeschwollene Fleisch. Deakin sagte: »Was immer auch man gegen unseren Marshal sagen kann, man muß zugeben, daß er mit echter Begeisterung bei der Sache ist.«
    Marica schaute mit zusammengepreßten Lippen auf seine geschundenen Hände hinunter. In ihren Augen standen Zorn und Mitleid. Sie sagte: »Wenn Sie mir versprechen –«
    »Jetzt muß ich Sie fragen, ob Sie glauben, daß ich den Verstand verloren habe! Sie nehmen an, ich würde einen Fluchtversuch machen? Hier, wo es von Pajutes nur so wimmelt? Nein, nein, da bleibe ich doch lieber hier und dezimiere die Whiskyvorräte des Herrn Gouverneurs.«
    Aber bis er dieses Vorhaben in die Tat umsetzen konnte, vergingen fünf Minuten. Marica brauchte zwar nur eine Minute um seine Fesseln zu lösen, aber Deakin, der sich in einem Sessel niedergelassen hatte, gelang es erst nach weiteren vier Minuten, die Blutzirkulation in seinen tauben Händen wieder einigermaßen in Gang zu bringen. Der Schmerz mußte unerträglich gewesen sein, aber Deakin verzog keine Miene. Marica, die ihn keine Sekunde aus den Augen ließ, sagte: »Ich glaube, Sie sind viel tapferer, als man Ihnen allgemein zutraut.«
    »Es wäre für einen erwachsenen Mann denkbar unpassend, in Gegenwart einer Dame zu jammern.« Er bewegte vorsichtig seine Finger. »Hatten Sie nicht vorhin etwas von einem Drink gesagt, Miss Fairchild?«
    Sie brachte ihm ein Glas Whisky. Deakin trank es in einem Zug halb leer, seufzte zufrieden, stellte das Glas auf den Tisch neben sich, bückte sich und begann, seine Fußfesseln zu lösen. Marica sprang auf und rannte vor Wut aus dem Abteil. Bereits Sekunden später war sie wieder da und baute sich drohend vor Deakin auf, der immer noch damit beschäftigt war, sich von den Fesseln zu befreien. Er blickte hoch und betrachtete mißbilligend die kleine, aber nicht ungefährlich wirkende Pistole mit dem Perlmuttgriff, die sie auf ihn gerichtet hielt. »Wozu tragen Sie denn die mit sich herum?« fragte er.
    »Mein Onkel sagte, wenn die Indianer mich je erwischen sollten –« Sie brach wütend ab. »Sie gemeiner Schuft! Sie haben mir doch versprochen …«
    »Wenn jemand ein

Weitere Kostenlose Bücher