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Nevada Pass

Nevada Pass

Titel: Nevada Pass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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ungeduldig.
    Deakin nahm das Seil ab und rieb sich seine zerschundenen Knie. »Der Kopf ist zerschmettert und fast jede größere Rippe gebrochen.« Er sah Banlon fragend an: »An seinem rechten Handgelenk ist ein Lumpen festgebunden.«
    »Das stimmt.« Banlon schien noch um einiges mehr geschrumpft zu sein. »Er war draußen, um den Schnee von den vorderen Fenstern zu entfernen. Dabei ist er abgestürzt. Der Lumpen am Handgelenk ist ein alter Heizertrick. Er ermöglicht es einem, sich mit beiden Händen festzuhalten.«
    »Diesmal klappte es aber nicht ganz, oder? Ich glaube, ich weiß auch, warum. Marshal, Sie kommen wohl besser mit – als Vertreter des Gesetzes müssen Sie den Totenschein ausstellen. Ausgestoßenen Ärzten steht dieses Privileg nicht mehr zu.«
    Pearce zögerte, nickte dann aber und ging hinter Deakin her. O'Brien folgte ihm dicht auf den Fersen. Deakin erreichte die Lokomotive, ging ein paar Schritte weiter und blickte hoch: Rings um das Fenster auf der Seite des Lokomotivführers und auf dem hinteren Teil des Langkessels war der Schnee entfernt worden. Deakin stieg ins Führerhaus hinauf und blickte sich suchend um, aufmerksam beobachtet von Pearce, O'Brien und dem inzwischen zu ihnen gestoßenen Banlon. Der Tender war bereits zu zwei Drittel leer, und das restliche Holz lag im hinteren Teil. Auf der rechte Seite lagen die Scheite in wirrem Durcheinander auf dem Boden, als sei ein ganzer Stapel umgefallen.
    Ein wachsamer Ausdruck trat in Deakins Augen. Er rümpfte die Nase, und sein Blick wanderte seitwärts und nach unten. Schließlich bückte er sich, griff hinter einige Holzscheite, richtete sich wieder auf und hielt eine Flasche hoch.
    »Tequila. Er stank regelrecht nach dem Zeug.« Er sah Banlon ungläubig an: »Und Sie hatten keine Ahnung – Sie wußten von nichts?«
    »Das wollte ich auch gerade fragen«, sagte Pearce mit grimmigem Gesicht.
    »Gott ist mein Zeuge, Marshal!« Wenn Banlon fortfuhr, in der gleichen Geschwindigkeit zu schrumpfen wie bisher, dann würde er bald völlig verschwunden sein. »Ich habe keinerlei Geruchssinn – da können Sie jeden fragen. Ich lernte Jackson erst in Ogden kennen, und ich hatte nicht die geringste Ahnung, daß er diesen Fusel trank.«
    »Jetzt wissen Sie es.« Claremont war im Führerhaus erschienen. »Wir alle wissen es jetzt. Armer Teufel. Und was Sie betrifft, Banlon, so unterstelle ich Sie dem Reglement des Militärs. Wenn weiterhin getrunken wird, enden Sie in einer Zelle von Fort Humboldt, und ich werde dafür sorgen, daß die Union Pacific Sie fristlos entläßt.«
    Banlon bemühte sich, gekränkt auszusehen, aber es gelang ihm nicht ganz. »Ich trinke nie im Dienst, Sir.«
    »Gestern nachmittag auf dem Bahnhof von Reese City haben Sie getrunken.«
    »Ich meine, wenn ich den Zug fahre –«
    »In Ordnung. Haben Sie noch Fragen, Marshal?«
    »Nein, Colonel. Der Fall ist sonnenklar.«
    »Ganz meine Meinung.« Claremont wandte sich wieder an Banlon. »Bellew wird Ihnen einen Kavalleristen als Heizer zuteilen.« Er wandte sich ab.
    »Zwei Dinge noch, Colonel«, sagte Banlon hastig. Claremont drehte sich wieder zu ihm um. »Sie sehen, daß uns langsam das Brennmaterial ausgeht; ungefähr zwei Kilometer weiter ist ein Depot –«
    »Ich werde Ihnen genügend Leute zur Verfügung stellen. Was gibt es sonst noch?«
    »Ich bin ziemlich erschöpft, Sir. Und diese Sache mit Jackson … Wenn Devlin – das ist der Bremser – wenn er mich in einigen Stunden ablösen könnte –«
    »In Ordnung.«
    Ein Soldat mit einer Kavalleristenmütze auf dem Kopf blickte seitwärts aus der Lokomotive in den mittlerweile dicht fallenden Schnee hinaus. »Ich glaube, da vorne kommt das Brennstoffdepot«, sagte er.
    Banlon trat zu ihm, blickte ebenfalls hinaus, nickte, kehrte an seinen Platz zurück und brachte den Zug langsam und so exakt berechnet zum Halten, daß Lokomotive und Tender genau auf der Höhe einer Baracke zum Stehen kamen, die an einer Seite offen und bis unters Dach mit Stapeln von Holzscheiten gefüllt war. Banlon wandte sich an den Soldaten und befahl ihm: »Holen Sie jetzt die Männer des Ladekommandos.«
    Es bestand aus zwölf Mann, war binnen Sekunden zur Stelle und machte keinen sehr glücklichen Eindruck. Banlon hatte das Gefühl, die zwölf hätten sich, statt mit dieser Arbeit, lieber mit zwei Dutzend feindlichen Indianern befaßt, und ihr Widerwille gegenüber der angeordneten Aufgabe war auch durchaus verständlich: Es ging zwar

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