Nevada Pass
Häuptling der Pajute eigentlich immer.
Er ritt seinen Männern voraus durch das offenstehende und unbewachte Tor, bedeutete ihnen zu warten und ritt weiter bis zu einer Holzhütte über deren Tür K OMMANDANTUR stand. Der Indianer stieg vom Pferd, ging die wenigen Stufen hinauf, trat in die Hütte und schloß eilig die Türe hinter sich, um den wirbelnden Schnee abzuwehren.
Sepp Calhoun saß in Colonel Fairchilds Schreibtischstuhl, hatte die Füße auf den Schreibtisch des Colonels gelegt und eine der Zigarren des Colonels in der einen und ein Glas vom besten Whisky des Colonels in der anderen Hand.
Als der Indianer eintrat, blickte er auf, nahm die Beine vom Tisch und stand auf, eine höchst ungewöhnliche Respektbezeugung für Sepp Calhoun, der gewöhnlich vor niemandem Achtung zeigte. Aber diesem Indianer verweigerte kein Mensch seine Achtung. Jedenfalls kein zweites Mal …
»Willkommen zu Hause, White Hand«, sagte Calhoun. »Du hast nicht lange gebraucht.«
»Bei solchem Wetter beeilt sich der kluge Mann so gut er kann.«
»Ist alles gut gegangen? Die Verbindung nach San Franzisco –«
»Ist unterbrochen.« Mit einer hoheitsvollen, verächtlichen Geste lehnte White Hand die angebotene Flasche Whisky ab.
»Wir haben die Brücke über die Anitoba-Schlucht zerstört.«
»Gut gemacht, White Hand. Wieviel Zeit haben wir?«
»Bis die Soldaten aus dem Westen hier sein könnten?«
»Ja. Sie haben zwar keinen Grund anzunehmen, daß hier etwas nicht stimmt und herzukommen, aber wir dürfen nichts riskieren.«
»Es steht viel auf dem Spiel, Sepp Calhoun.« Er überlegte kurz. »Drei Tage. Mindestens.«
»Das ist mehr als genug. Der Zug kommt morgen zwischen Mittag und Sonnenuntergang.«
»Die Soldaten im Zug –«
»Noch kein Wort.« Calhoun zögerte, dann räusperte er sich und sagte: »Ruht euch jetzt ein paar Stunden aus. Vielleicht müßt ihr vor Einbruch der Dunkelheit noch einmal los.«
Schweigen legte sich über den Raum. White Hand betrachtete Calhoun mit völlig ausdruckslosem Gesicht, und dessen Nervosität wuchs sichtbar. Schließlich sagte der Indianer: »Es gibt Zeiten, Calhoun, in denen White Hand deinen Scharfsinn bezweifelt. Wir hatten über die Einnahme dieses Forts ein Abkommen getroffen, wie du dich sicher erinnerst. Du solltest mit deinen Freunden in den Stunden der Dunkelheit hier herkommen und um Quartier für die Nacht bitten. Man hätte euch aufgenommen, denn ihr seid weiße Männer, und es schneite stark. So weit, so gut. Dann solltet ihr die Nachtwache töten, das Tor öffnen, uns einlassen und die Soldaten in ihren Quartieren überwältigen.«
Calhoun griff nach der Whiskyflasche.
»Es war eine stürmische Nacht, White Hand. Und es schneite wirklich sehr heftig. Wir konnten nicht gut sehen. Wir dachten –«
»Der Sturm blies in euren Köpfen, und der Schnee kam aus dieser Flasche mit Feuerwasser. Ich habe es gerochen. Zwei der Wachtposten wurden übersehen. Sie warnten die anderen, und fünfzehn meiner tapfersten Männer starben, Calhoun. Feuerwasser! Whisky! Und dabei soll der weiße Mann besser sein als der rote!«
»Hör zu, White Hand. Du mußt verstehen –«
»Ich verstehe alles. Ich verstehe, daß du für dich sorgst und für deine Freunde, die alle böse Menschen sind, aber nicht für die Pajute. Wir reiten eine Nacht und einen Tag, um die Anitoba-Brücke zu zerstören. Und jetzt verlangst du, daß wir wieder reiten.«
Calhoun versuchte ihn zu besänftigen: »Doch nur vielleicht, White Hand. Es muß verhindert werden, daß die Soldaten hierher kommen. Das weißt du doch.«
»Ich verliere im Laufe der Zeit vielleicht noch mehr Männer, nein, nicht vielleicht – ganz sicher sogar. Vielleicht sogar sehr viele. Aber nicht für dich, Calhoun, nicht für deinen teuflischen Whisky. Die Armee des weißen Mannes ist mein Feind und wird es bleiben, solange White Hand lebt; sie hat meinem Volk zu vieles angetan. Aber auch sie hat tapfere und tüchtige Krieger. Und wenn sie herausfinden, daß es White Hand und die Pajute waren, die sie angegriffen haben, werden sie nicht ruhen, bis sie auch den letzten von uns getötet haben. Der Preis ist mir zu hoch, Sepp Calhoun.«
»Und wenn kein weißer Mann übrig bliebe, der erzählen könnte, was geschah?« Calhoun ließ White Hand Zeit, sich mit dieser Möglichkeit vertraut zu machen, bevor er leise und beschwörend fortfuhr: »Der Profit ist noch höher.«
White Hand überlegte sehr lange, aber schließlich nickte er
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