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Nevada Pass

Nevada Pass

Titel: Nevada Pass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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respektvoller Entfernung, und sein kummervoller Gesichtsausdruck hatte sich noch um einiges vertieft.
    Pearce sagte grob: »Haben Sie noch ein paar kluge Ideen, Gouverneur?«
    »Die Idee war gut, nur mit der Ausführung haperte es – und das lag doch wohl an ihnen. Oder ist es etwa meine Schuld, daß er schlauer war als Sie? Bei Gott, wenn ich zwanzig Jahre jünger wäre –«
    »Sie sind es aber nicht«, fuhr O'Brien ihn an. »Also halten Sie den Mund.«
    Henry sagte schüchtern: »Wir haben noch eine Kiste Sprengstoff. Wir könnten –«
    »Wenn Ihnen nichts besseres einfällt, halten Sie besser ebenfalls den Mund. Wir brauchen den Zug schließlich noch.«
    Die nachfolgende Stille wurde jäh unterbrochen, als mit einem Knall die Whiskyflasche zersprang und die messerscharfen Glassplitter im Abteil herumflogen. Der Gouverneur fuhr sich mit der Hand über die Wange und betrachtete fassungslos das Blut an seinen Fingern. Ein zweiter Knall ertönte, und Pearce' schwarzer Hut flog durch das Abteil. Und plötzlich begriffen sie, was los war. Alle vier warfen sich auf den Boden und krochen in den Gang, der zum Speiseabteil führte. Drei weitere Kugeln schlugen im Tagesabteil ein, aber als die letzte ankam, war es bereits leer.
    Deakin zog das Gewehr aus dem Spalt in der Holzbarrikade, stand auf, nahm Marica am Arm und brachte sie ins Führerhaus. Er öffnete das Dampfventil noch ein wenig weiter, hob den toten Rafferty auf, trug ihn in den Tender, bedeckte ihn mit einem Stück Segeltuch und kehrte ins Führerhaus zurück.
    Claremont sagte: »Ich glaube, ich gehe jetzt besser wieder auf meinen Posten.«
    »Nicht nötig. Heute kommen sie nicht nochmal.« Er sah sich Claremont genauer an. »Nur Ihre Würde ist verletzt, wie?« Er hob Claremonts linken Arm und besah sich die Hand, die heftig blutete. »Reinigen Sie die Wunde mit Schnee, Madam, und verbinden Sie sie dann bitte mit einem Streifen von Ihrem Laken.« Er blickte nach vorn. Der Zug fuhr jetzt mit etwa zwanzig Stundenkilometern – mehr wäre bei den sehr beschränkten Sichtverhältnissen nicht zu verantworten gewesen. Deakin drehte sich um und stocherte lustlos in der Feuerbüchse herum.
    Claremont zuckte zusammen, als Marica die Wunde säuberte. Er sagte: »Vorhin auf dem Dach sagten Sie, im Fort würden uns keine Freunde erwarten.«
    »Einige schon – aber die sitzen hinter Schloß und Riegel. Das Fort ist überfallen worden. Von Sepp Calhoun. Wahrscheinlich haben ihm die Pajute geholfen.«
    »Indianer! Was haben denn die Indianer davon – außer Vergeltungsmaßnahmen?«
    »Eine ganze Menge. Und die Bezahlung für sie, die dieser Zug mit sich führt, ist nicht die erste dieser Art, die sie bekommen.«
    »Bezahlung?«
    »Im Versorgungswagen. Dr. Molyneux sagte, er wolle die medizinischen Vorräte überprüfen – deshalb mußte er sterben.«
    »Mußte?«
    »Dieser Zug befördert keine Medikamente. Die betreffenden Kisten sind voll Gewehrmunition.«
    Claremont sah zu, wie Marica seine Hand verband. Nach einer langen Pause fragte er: »Und der Reverend?«
    »Der Reverend? Ich bin nicht sicher, ob Peabody jemals eine Kirche von innen gesehen hat. Er war seit zwanzig Jahren Agent und seit acht Jahren mein Partner.«
    Man sah Claremont deutlich an, daß er glaubte, sich verhört zu haben: »Er war was?«
    »Sie haben ihn erwischt, als er einen der Särge öffnete. Sie wissen schon, die Särge für die Opfer der Cholera.«
    »Ich weiß, wozu die Särge da sind.« Claremont klang gereizt, aber das war vermutlich auf seine Verwirrung zurückzuführen.
    »Ich fürchte, ich muß Sie schon wieder enttäuschen. In Fort Humboldt herrscht ebensowenig die Cholera wie hier bei uns. Die Särge sind voller Winchestergewehre, Repetierbüchsen mit Röhrenmagazinen.«
    »Nie gehört.«
    »Gibt es aber.«
    »Wieso weiß ich nichts davon?«
    »Nur wenige Leute wissen davon – außerhalb der Fabrik. Die Produktion hat erst vor vier Monaten begonnen, und bislang ist noch keines der Gewehre verkauft worden. Aber die ersten vierhundert wurden aus der Fabrik gestohlen. Doch jetzt haben wir sie ja Gott sei Dank wiedergefunden.«
    »Ich fürchte, ich werde eine Weile brauchen, um das alles zu verarbeiten. Was ist mit den Pferdewaggons passiert, Mr. Deakin?«
    »Ich habe sie abgehängt.«
    »Das dachte ich mir. Aber warum?«
    Deakin warf einen Blick auf den Druckmesser. »Moment. Gleich. Wir haben zuwenig Druck.«
    Im Speiseabteil, in dem Fairchild und die übrigen ihren dritten

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