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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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den Seiten unseres Waschbeckens zu entfernen. Auch die Unterseite der Sitzfläche von Stühlen setzte Staub an, ein Phänomen, über das ich mir bis dahin verständlicherweise wenig Gedanken gemacht hatte. Es war praktisch unmöglich, eine Inspektion ungeschoren zu überstehen, aber wir t a ten unser Bestes. Strafrunden auf dem Exerziergelände zu drehen wurde für uns zu einer Routineübung. Sich Strafrunden einzuhandeln galt nicht als Schande; es war schlicht ärgerlich. Es mag sich seltsam anhören, aber die Mühen und Schikanen, die wir erdulden mussten, schweißten uns tatsächlich noch stärker zusammen, was, dessen bin ich mir sicher, auch ihr Zweck sein sollte. Gemeinsam klagten wir über miserables Essen, schik a nöse Stubeninspektionen, das frühe Aufstehen und die idiotisch anmutenden Strafrunden. So, wie ein alter Schuh übermütige Welpen davon ablenken kann, sich gegenseitig Beißereien zu liefern, so, glaube ich, hielten die unnötigen Schikanen und Strapazen, die die Akad e mie uns zumutete, uns so manches Mal davon ab, Stre i tigkeiten unter uns allzu sehr hochkochen zu lassen. Wir wuchsen zu einer Einheit zusammen.
    Dennoch hatten wir innerhalb unserer Gruppe auch unsere ganz speziellen Freundschaften und Rivalitäten. Ich selbst stand wohl Spink am nächsten, und über ihn auch Gord. Das Leben an der Akademie wurde für uns e ren wohlbeleibten Freund nicht leichter, denn trotz der täglichen Drillübungen und seiner zahllosen Strafrunden wurde er nicht schlanker. Aber er schien doch stärker und ausdauernder zu werden, sowohl körperlich als auch was das Ertragen der ständigen Schikanen und Sticheleien anging, denen er aufgrund seiner Leibesfülle ausgesetzt war. Gord war so etwas wie ein Ausgestoßener, selbst in seiner eigenen Stube. Manchmal suchte er zur abendl i chen Unterhaltung Zuflucht in unserer Stube, doch g e nauso oft sah man ihn allein in einer Ecke unseres G e meinschaftsraumes sitzen und Brief von zu Hause lesen und beantworten. Trist verachtete ihn, und Caleb folgte Trists Beispiel, wenn der goldhaarige Prinz zugegen war. Rory kam mit jedem gut klar, und er gesellte sich oft zum Lernen oder zum Plaudern zu uns, und manchmal brachte er Caleb mit. Sowohl Rory als auch Caleb drehten die Fahne nach dem Wind – von sich aus waren sie freun d lich zu Gord, aber wenn Trist seine Witze über Gord riss, neigten sie genauso dazu, Gord ohne Rücksicht auf seine Gefühle zu hänseln, um Trist zu gefallen.
    Trist blieb überhaupt auf Distanz zu meinen Stube n kameraden und mir. Er schien sich für etwas Besseres zu halten. Oron trottete wie ein Hündchen hinter ihm her, und wenn er nicht anwesend war, bezeichnete Rory ihn höhnisch als Trists rothaarigen Laufburschen. Trist ve r stieß auch weiterhin gegen viele Vorschriften, ebenso sehr, um sich demonstrativ über Spinks eisernen Verha l tenskodex hinwegzusetzen, wie aus purer Freude am Aufbegehren. Er war weitläufiger und kultivierter als w ir anderen, und manchmal nutzte er das zu seinem Vorteil aus. Schon bald schlug er vor, dass wir uns eine Wäsch e rin für unsere Hemden leisteten. Wir legten zusammen, und Trist erklärte sich bereit, derjenige zu sein, der uns e re Hemden sowohl zu der Wäscherin brachte als auch von dort abholte. Sich zu einer solch niederen Arbeit freiwillig zu melden sah Trist eigentlich nicht ähnlich. In der ersten Woche wirkte das sauber zusammengefaltete Hemd, das ich von ihm zurückbekam, kein bisschen sa u berer als vorher. In der zweiten Woche erweckte ein kleiner Fleck an der Manschette Zweifel in mir, ob es überhaupt gewaschen worden war. Aber es war Trent, der Kleidungsstutzer, der schließlich als Erster seine Kr i tik an Trists Wäscherin laut äußerte. Trist lachte uns aus und fragte uns dann, ob wir ernsthaft gedacht hätten, ihm läge derart viel an sauberer Wäsche, dass er eigens de s wegen einmal pro Woche in die Stadt fahren würde. Es stellte sich heraus, dass wir ihm mit unserem Geld Bes u che bei seiner Hure finanziert hatten. Die Reaktionen innerhalb der Gruppe bewegten sich zwischen Entrüstung (Spink) und brennender Neugier (Caleb). Letzterer l ö cherte Trist mit Fragen, die dieser so witzig beantwortete, dass wir alle uns bald vor Lachen ausschütteten. Wir ve r ziehen ihm seinen Streich, und Spink ließ sich von Se r geant Rufet den Namen einer vertrauenswürdigen W ä scherin geben und übernahm die Aufgabe, sich fortan um unsere Hemden zu kümmern. Erst später entdeckte ich, dass

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