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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Epiny, als würde mein Pferd ihr gehören. »Vater hat zu mir gesagt, er würde nie und nimmer mit einem Dame n sattel gehen, aber ich habe es ausprobiert, und er hat es getan. Zuerst war er ein bisschen überrascht, aber dann hat er es brav hingenommen, und ich bin sicher, dass ich jetzt überall mit ihm hinreiten könnte. Aber Vater lässt mich nicht. Er hat gesagt, dazu müsste ich erst Nevare fragen, und da hab ich zu ihm gesagt: ›So was Albernes! Glaubst du, Nevare würde ihn irgendeinem Stalljungen anvertrauen, damit der ihn bewegt, jemandem, den er noch nicht einmal gesehen hat, und dann Nein zu seiner Base sagen, seinem eigenen Fleisch und Blut?‹ Aber V a ter bestand darauf, dass ich ihn nicht ohne deine Erlau b nis aus dem Ring bringen darf, und deshalb frage ich dich jetzt persönlich: Darf ich dein Pferd auf den Prom e naden im Park reiten, Nevare?«
    Und die ganze Zeit, während sie sprach, rieb Sirlofty seinen Kopf an ihrer Schulter und stupste sie mit der Schnauze an, damit sie ihn streichelte. Sie tätschelte ihn mit der Vertrautheit und ruhigen, gelassenen Selbstve r ständlichkeit, die einen guten Reiter ausmacht. Oder eine gute Reiterin eben, dachte ich säuerlich. Sie hätte mich nicht besser ausbooten können, und ich war sicher, dass sie das ganz genau wusste. Am liebsten hätte ich ihr ve r boten, Sirlofty zu reiten, aber ich konnte das schlecht vor Spink sagen, ohne als egoistisch und kleinlich dazust e hen. Mir blieb nur, der Entscheidung geschickt ausz u weichen, indem ich sagte: »Ich glaube, wir überlassen das am besten deinem Vater. Sirlofty ist ein ziemlicher Riese für jemanden von deiner Größe.«
    »Meine Celeste überragt ihn sogar noch um eine Handbreite, aber er g eht geschmeidiger als meine Stute. Möchtet ihr sie mal sehen?« Ohne auf eine Antwort zu warten, verließ sie Sirloftys Stallbox und führte uns zwei Türen weiter zu einer grauen Stute mit einer seidig glä n zenden schwarzen Mähne. Wie Epiny gesagt hatte, war sie größer als Sirlofty, aber viel frommer. Mir wurde s o fort klar, dass das, was sie an Sirlofty faszinierte und a n zog, sein Feuer war, nicht sein geschmeidiger Gang, aber ich hielt den Mund, während sie und Spink miteinander plauderten. Spink hatte noch nie ein Pferd ganz für sich allein besessen, und er war beinahe erleichtert gewesen, als er erfuhr, dass er vor dem dritten Jahr kein eigenes Pferd mitzubringen brauchte. Das hinderte ihn freilich nicht daran, unsere kleinen Kavalleriepferde langweilig und reizlos zu finden, und seine Schilderung des lahmen Geschöpfs, auf dem er seine täglichen Drillübungen a b solvieren musste, brachte Epiny so sehr zum Lachen, dass ich schon fast fürchtete, sie würde ersticken.
    Wir verließen die Stallungen und folgten einem schmucken Pfad durch einen Zierobstgarten mit Mini a turbäumen. Es war spät im Jahr, und die Bäume waren längst ihrer Früchte und ihres Laubes ledig, aber Epiny bestand darauf, dass wir sie alle begutachteten. Der Wind wurde jetzt stärker, und ich konnte Spinks Begeisterung über den Spaziergang nicht verstehen. Allein schon der Anblick der Skulpturen in der spätherbstlichen Kühle ließ mich frösteln, und der bemooste Zierteich deprimie r te mich; die Fische versteckten sich unter einer Schicht aus Unkraut und abgestorbenem Laub. Als wir verge b lich versuchten, die Zierfische in seinen trüben Tiefen zu erspähen, fing es zu allem Überfluss auch noch an zu regnen. Gerade als wir uns von dem Teich abwandten, um, wie ich hoffte, zurück ins Haus zu gehen, trat uns ein kleines Mädchen mit Kinderschürze und schwarzen Zö p fen entgegen. Es marschierte geradewegs zu Epiny, zei g te mit einem dünnen Finger auf sie und ermahnte sie: »Du sollst doch nicht allein mit jungen Herren herumla u fen! Das hat Mutter ausdrücklich verboten!«
    Epiny zeigte ihrerseits mit dem Finger auf sie, neigte sich leicht in der Hüfte und beschied ihr: »Das sind keine jungen Herren, Purissa. Dieser hier ist, wie du weißt, dein Vetter Nevare. Du hast es nicht einmal für nötig b e funden, ihn zu begrüßen! Und der hier ist ein Kadett von der Ak a demie. Mach fein einen Knicks vor Kadett K e ster!«
    Das kleine Mädchen gehorchte brav der Reihe nach jeder von Epinys Anweisungen, und das ganz charmant und mit mehr Reife, als Epiny an d en Tag gelegt hatte. »Es freut mich sehr, dich wiederzusehen, Purissa«, erw i derte ich ihren Gruß artig, und ihr Lächeln kräuselte ganz allerliebst ihr Näschen,

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