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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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dargeboten. »Ich bin sicher, ich brauche nicht erst deine Mutter ins Feld zu führen, um von Oberst Stiet die Erlaubnis zu bekommen, den Kadetten Kester für die freien Tag zu mir nach Hause mitzunehmen.« Er hielt inne, schaute uns mit gestrengem Blick an und fügte hinzu: »Ich darf wohl annehmen, dass ihr beiden jungen Männer eure Bücher mitnehmen we r det, um für den Ersttag gut präpariert zu sein? Ich möchte nicht, dass der Oberst denkt, mein Haus sei ein diszipli n loser Ort, wo nur Narretei und Faulheit herrschen.«
    »Nein, Sir. Ich werde meine Bücher nicht vernachlä s sigen.« Spinks Freude bei der Vorstellung, zwei Tage fern der Akademie verbringen zu dürfen, war nicht zu übersehen. Er strahlte, wie ich ihn noch nie zuvor hatte strahlen sehen.
    Ich glaube, dass er seine Vorfreude so unverhohlen zeigte, gefiel meinem Onkel und schmeichelte ihm, denn eine Spur zu ruppig, als wolle er seine eigene Freude darüber überspielen, sagte er: »So, und jetzt stellt den Sack meines Neffen in den Kofferraum und dann lauft rasch und holt Kesters Gepäck. Epiny, du wartest in der Kutsche! Es wird nicht lange dauern.«
    »Aber ich will mit den beiden mitgehen, Papa! Ich möchte gern sehen, wie Nevare wohnt!«
    Einen entsetzlichen Moment lang befürchtete ich, dass mein Onkel auch diesem Wunsch nachgeben würde. Stattdessen hielt er ihr den Arm hin und klopfte fest mit den Fingern der anderen Hand darauf. Nach kurzem Z ö gern seufzte sie resigniert und legte gehorsam die Hand auf seinen Arm. Er eskortierte sie zurück zur Kutsche und stieg dann die Eingangsstufen des Verwaltungsg e bäudes hinauf. Als die Tür hinter ihm zuging, warf sie uns durch das Fenster der Kutsche einen finsteren Blick zu und bedeutete uns mit einer gebieterischen Geste, dass wir uns beeilen sollten.
    Ich packte meinen Reisesack in den Gepäckkasten, und dann riskierten Spink und ich eine Strafrunde, indem wir in voller Geschwindigkeit zum Haus Carneston ran n ten. Wie Epiny es vorausgesagt hatte, brauchte er nur sehr wenig Zeit, um seine Siebensachen in einen kleinen Lederkoffer zu stopfen, und dann flitzten wir auch schon wieder zurück zur Kutsche. Obwohl wir uns wirklich gesputet hatten, warteten mein Onkel und Epiny bereits neben der Kutsche. Auch Klein-Caulder war da, und trotz der missbilligenden Grimasse meines Onkels versuchte er offenbar, ein Gespräch mit Epiny anzufangen. In dem Moment dämmerte mir, dass meine Base Caulder höchstwahrscheinlich kannte, wenn ihre und seine Mutter tatsächlich miteinander befreundet waren.
    Wir bekamen noch das Ende der Gardinenpredigt mit, die Epiny ihm hielt, als wir angehastet kamen, ganz a u ßer Atem. »… dann sag ihm, dass du sie nicht mehr tr a gen wirst, Caulder. Hat dein Vater denn gar keine Vo r stellung davon, wie albern du in deiner Kadettenuniform aussiehst, wo es doch noch Jahre dauern wird, bis du wirklich einer werden kannst?
    Das ist ja, als würdest du in deinem Kinderzimmer mit deinem Kindermädchen Verkleiden spielen! Schau mich an! Ich bin Jahre älter als du, und trotzdem siehst du mich nicht herausgeputzt, als wäre ich jetzt schon eine Dame des Hofes oder eine verheiratete Frau!«
    Caulders Wangen glühten. Er zog seine Unterlippe ein, fast, als fürchte er, sie könnte zittern, und starrte Spink und mich wütend an, als sei es unsere Schuld, dass wir die Vorhaltungen seiner Freundin mitgehört hatten. Er knallte die Hacken zusammen, verbeugte sich vor Epiny und sagte nur: »Ich freue mich darauf, dich in den Frühlingsferien am Fororsee wiederzusehen.«
    »Vielleicht«, sagte sie unbestimmt. Dann wandte sie sich von ihm ab, steckte sich ihre Pfeife in den Mund, blies darauf und schaute uns dabei fragend an.
    »Wir sind fertig«, sagte ich, fast, als wolle ich mich verteidigen. Die Art und Weise, wie Caulder uns anstar r te, verhieß Ärger für Spink und mich nach unserer Rüc k kehr. Ich hielt es für unklug, den Jungen völlig zu ign o rieren, also sagte ich höflich Auf Wiedersehen zu ihm, und Spink folgte meinem Beispiel. Plötzlich wollte ich mehr denn je möglichst weit von der Akademie weg sein.
    Auf der langen Fahrt zum Haus meines Onkels b e stimmten er und ich den Verlauf der Unterhaltung. Ich glaube nicht, dass Spink jemals in seinem Leben in so einer feinen Kutsche gesessen hatte. Er strich mit den Fingern über das Lederpolster der Sitzbank, spielte mit der Quaste an dem Kissen, und dann faltete er abrupt die Hände auf seinem Schoß. Während des

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