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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Plätzchen im Gras und bilden dort unseren kleinen Kreis.«
    »Ich habe Angst, dass wir uns verspäten«, wandte ich ein und wich noch weiter von ihnen zurück. Ich wollte nicht über die vorausgegangene Nacht sprechen, g e schweige denn zugeben, dass irgendetwas passiert war. Und schon gar nicht wollte ich, dass wir das Gleiche noch einmal machten. »Spink und ich müssen heute Nachmittag zurück in die Akademie, wie du weißt.«
    »Und du hast halt Angst, zu spät zu kommen. Das ist nur natürlich, Nevare. Aber mach dir deswegen mal ke i ne Sorgen. Mein Vater wird wohl kaum ohne euch beide losfahren. Und du weißt, dass wir das machen müssen, schon um deines eigenen Seelenfriedens willen. Komm, setz dich zu uns.«
    Sie hatte sich bewegt, während sie sprach, und Spink dabei an der Hand hinter sich her gezogen. Sie deutete auf eine flache Stelle zwischen den Ruinen, die nicht zu feucht aussah, und setzte sich kurzerhand dort auf den Boden, die Beine im Lotossitz übereinanderschlagend. Ihr Reitrock passte sich auf eine Weise ihrem Körper an, die nur allzu viel sichtbar machte. Sie hielt Spink immer noch bei der Hand und zog ihn jetzt mit Nachdruck zu sich herunter. Er setzte sich neben sie. »Beeil dich, Nev a re!«, drängte sie.
    »Aber …«
    »Wenn du solche Angst davor hast, zu spät zu ko m men, dann setz dich jetzt endlich hin und lass es uns hi n ter uns bringen!«
    Ich setzte mich ins Gras, den beiden gegenüber. Sie streckte mir sofort ihre freie Hand entgegen. Ich betrac h tete sie ohne Begeisterung. Und sah mich von Ehrlichkeit überwältigt. »Ich mach mir keine Sorgen wegen der Zeit. Es hat mir nicht gefallen, was da gestern Nacht passiert ist, was auch immer es war. Ganz ehrlich, ich würde es lieber ignorieren und mein ganz normales Leben weite r führen. Ich verspüre keine Lust, das gestrige Erlebnis mit einer neuerlichen Seance zu wiederholen.«
    »Ignorieren? Du könntest es einfach ignorieren?«, fragte sie verblüfft.
    »Was ist denn gestern Nacht eigentlich genau pa s siert?«, fragte Spink fast im selben Moment.
    »Ich weiß es nicht, und ich will es auch nicht wissen«, sagte ich zu beiden. Und speziell an Epiny gerichtet fügte ich hinzu: »Was immer du mit mir gemacht hast, es hat mir nicht gefallen. Deshalb: keine weiteren Seancen.«
    Epiny starrte mich einen Moment lang an. »Du dac h test, das sei eine Seance? Du dachtest, das – was immer es war – sei etwas, das ich gemacht habe? Entschuldige, lieber Vetter. Was immer es ist, das da gestern Nacht passiert ist, es kam ganz allein von dir. All dieses Fre m de, Unheimliche kam von dir. Ich bitte dich ja nur darum, dass du mich herausfinden lässt, was es war, indem ich die Geister frage. Denn was immer es war, ich glaube, dass du es wissen musst. Ich glaube nicht, dass es d a durch weggehen wird, dass du es einfach ignorierst. Das ist so, als würdest du, wenn die Gefahr besteht, dass du in einen Hinterhalt reitest, sagen: ›Ach, reiten wir einfach weiter und ignorieren die Feinde. Hoffen wir das Beste; vielleicht lassen sie uns ja unbehelligt passieren.‹ Du musst stehenbleiben und der Gefahr ins Auge schauen, Nevare. Besser, du tust es jetzt, wo du Freunde hast, als später, wenn du womöglich allein bist.«
    »Ich bin nicht sicher, ob ich da mit dir übereinsti m me«, brummte ich. Ihr Ratschlag passte sehr gut zu dem, was mir bevorstand, wenn ich in die Akademie zurüc k kehrte. Ich fragte mich mit einem Gefühl von Unbeh a gen, wie viel Spink ihr erzählt hatte. Epiny wie auch Spink streckten mir die Hand entgegen, und ich gab mich geschlagen. Ich machte es mir auf dem Boden so bequem wie möglich und reichte beiden widerwillig die Hand. Epiny ergriff sie sofort. Ich war erleichtert, dass dieser unheimliche, gallertartige Widerstand, auf den wir in der vergangenen Nacht gestoßen waren, verschwunden war. Vielleicht bedeutete das, dass diesmal nichts Ungewöh n liches passieren würde. Auch Spink und ich fassten uns nun bei der Hand. Wir saßen im Kreis wie Kinder, die mit irgendeinem Spiel beginnen. Fast sofort fühlte ich mich unbehaglich. Der Boden war uneben und steinig. »Was machen wir jetzt?«, fragte ich ziemlich gereizt. »Schließen wir die Augen und summen? Oder senken wir den Kopf und …«
    »Psst!«, zischte Spink unwirsch.
    Ich schaute ihn wütend an, aber er starrte mit halb o f fenem Mund auf Epiny. Ich folgte seinem Blick, und was ich sah, stieß mich zutiefst ab. Epinys Kinnlade war h e runtergefallen, und

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