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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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er eine Menge durch. Ein guter Vorgesetzter muss sich der Entbehrungen, die seine Männer ertragen, b e wusst sein, ohne jedoch ihre plebejischen Reaktionen auf diese Entbehrungen dulden zu dürfen. Eine der Aufgaben eines Offiziers ist es, die Maßstäbe seiner Leute auf das Niveau seiner eigenen emporzuheben, aber nicht, so nachsichtig gegenüber ihren Verfehlungen zu sein, dass sie gar keine Maßstäbe mehr haben, nach deren Erre i chung sie trachten können.«
    Ich hörte, wie mein Vater aufstand, und drückte mich in den Schatten unter dem Fenster, aber seine schweren Schritte trugen ihn nicht zum Fenster, sondern zum A n richtetisch. Ich hörte das leise Klingen von Glas gegen Glas, als er sich einschenkte. »Die Hälfte unserer Sold a ten sind heutzutage Wehrpflichtige oder Abschaum, der aus den primitivsten Verhältnissen stammt. Viele b e trachten es nicht gerade als eine große Ehre, solche Mä n ner zu befehligen, aber ich sage dir, ein guter Offizier kann aus einem Kieselstein einen Diamanten schleifen, wenn ihm freie Hand dazu gegeben wird! In den guten alten Zeiten war jeder Zweitgeborene eines Edlen stolz darauf, die Chance zu haben, seinem König dienen zu dürfen, stolz darauf, in die Wildnis vorzudringen und die Zivilisation mit sich zu führen. Heute sorgen die alten Edlen dafür, dass ihre Soldatensöhne möglichst nahe zu Hause dienen. Sie leisten ihren Dienst ab, indem sie Za h lenkolonnen addieren und das Gelände des Sommerp a lasts in Thares bewachen, als ob das angemessene Au f gaben für einen Offizier wären! Die gemeinen Fußsold a ten sind freilich noch schlimmer, richtige Pöbelha u fen zum Teil, und ich habe Geschichten von Glücksspiel, Saufgelagen und Hurerei in den Grenzsiedlungen gehört, die dem alten General Prode Tränen des Zorns in die A u gen getrieben hätten. Er hätte uns niemals gestattet, mit den Flachländern irgendwelchen Kontakt zu haben, der über den Tauschhandel hinausgegangen wäre, und sie waren ein ehrenhaftes Kriegervolk, bevor wir sie unte r jochten. Mir sind Gerüchte zu Ohren gekommen, dass einige Regimenter sie neuerdings als Kundschafter ei n setzen und sich sogar ihre Weiber in ihre Haushalte h o len, als Zofen für ihre Frauen oder als Ammen für ihre Kinder. Aus d ieser Vermischung kann nichts Gutes h e rauskommen, weder für die Flachländer noch für uns. Es wird sie nur hungrig auf all das machen, was sie nicht haben, und Neid kann leicht zu Empörung und Aufstä n den führen. Doch selbst wenn es dazu nicht kommt: Die beiden Rassen waren nie dazu geschaffen, auf diese We i se miteinander zu verkehren.«
    Mein Vater redete sich allmählich in Rage. Sicher merkte er nicht, wie seine Stimme immer lauter wurde. Ich konnte ihn jetzt klar und deutlich verstehen.
    »Und noch mehr gilt das für die Fleck. Sie sind ein ganz faules Gesindel, so faul, dass sie nicht einmal eine eigene Kultur haben. Wenn sie ein trockenes Plätzchen finden, wo sie des Nachts schlafen können, und genug Ameisen und anderes Ungeziefer, um sich damit den Wanst vollschlagen zu können, dann sind sie glücklich und zufrieden. Ihre Dörfer sind nicht mehr als eine Fe u erstelle mit ein paar Hängematten drum herum. Kein Wunder, dass sie alle möglichen Krankheiten mit sich herumschleppen. Sie schenken ihnen nicht mehr Beac h tung als den glänzenden kleinen Parasiten, die ihnen am Hals haften. Einige ihrer Kinder sterben, der Rest bleibt am Leben, und sie paaren sich fröhlich weiter wie ein Baum voller Affen. Aber wenn ihre Krankheiten auf u n ser Volk übergreifen, dann … Nun, dann kommt es g e nau zu dem, was du von dem Kundschafter gehört hast: Ein ganzes Regiment hat sich angesteckt, die Hälfte von ihnen wird elendig verrecken, und die Seuche breitet sich wie ein Lauffeuer unter den Frauen und Kindern der Siedlung aus. Und das alles wahrscheinlich nur, weil i r gendein Wehrpflichtiger von niederer Herkunft etwas Exotischeres oder Aufregenderes wollte als die ehrbaren Huren aus dem Fort-Bordell.«
    Mein Bruder sagte etwas, das ich nicht ganz verstehen konnte; dem Ton nach war es eine Frage. Mein Vater ließ ein schnaubendes Lachen hören, bevor er antwortete. »Fett? Ach, diese Geschichten höre ich schon seit Jahren. Ich vermute, es sind Schauergeschichten, die man frisch rekrutierten Soldaten erzählt, um ihnen Angst einzujagen. Ich habe noch nie einen gesehen. Und wenn die Seuche das tatsächlich bewirkt, nun, dann umso besser. Sollen sie doch gebrandmarkt sein, damit alle

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