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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Akademie mehr bei mir; sie hatten sich irgendwie nach und nach verflüchtigt. Gegen meinen Willen stellte ich mir vor, wie Rory jetzt bei der Fleck-Frau lag und wie sie unsä g liche Dinge mit ihm anstellte, und ich spürte eine selts a me Mischung aus Neid und Abscheu. Ich zwang mich weiterzugehen.
    Ich ging zu einem nicht ganz so stark frequentierten Bereich des Zelts. Dort spuckte ich erneut aus; mir war immer noch ganz mulmig von dem üblen Geschmack des Fleck-Staubs in meinem Mund. Ich versuchte, meine Kehle durch mehrfaches Räuspern davon zu befreien, aber das führte bloß zu einem neuerlichen Hustenanfall.
    Als ich wieder zu Atem kam und mich umsah, b e merkte ich, dass ich mich in einem etwas abgelegeneren Teil des Monstrositätenzelts befand. Die Hauptattrakti o nen hatte ich gesehen. Hier, an den äußeren Rändern des Zelts, befanden sich die zweitrangigen Schaustücke, die, die einem eher fade vorkamen nach den grotesken Ung e heuerlichkeiten auf den Hauptbühnen. Eine Frau wacke l te mit ihren deformierten gelben Füßen und gackerte d a bei wie ein Huhn. Der Insektenmann saß in einem winz i gen Zelt aus Moskitonetzen, den Körper über und über mit krabbelnden Kakerlaken, Käfern und Spinnen b e deckt. Lachend setzte er sich eine Raupe auf die Oberli p pe, als sei sie ein Schnauzbart. Es war zu zahm, zu har m los. Die Menge schlurfte desinteressiert an ihm vorbei.
    Der dicke Mann stand von seinem Schemel auf und wackelte mit den Schultern, um seinen gewaltigen nac k ten Schmerbauch zum Tanzen zu bringen. Ich gaffte ihn an. Sein Wanst stellte den von Gord weit in den Schatten. Er hatte sein wabbliges Fleisch eingefettet, damit es im Schein der Lampen ordentlich glänzte. Er hatte Häng e brüste wie eine alte Frau, und seine Wampe hing über den Bund seiner gestreiften Hose wie eine fleischerne Schürze. Sogar seine Knöchel verschwanden völlig unter den wogenden Massen seiner Fettberge, wie ich jetzt sah: das Fleisch wölbte sich lappenförmig über seine Füße. Neben ihm räkelte sich eine feiste Frau in einem kurzen Faltenrock und einem ärmellosen Leibchen faul und fett auf einem Diwan. Auf einem kleinen Tisch vor ihr stand eine Schachtel mit Süßigkeiten. Während ich hinschaute, aß sie die letzte Leckerei daraus und warf dann die Schachtel zu ihren leeren Vorgängerinnen auf den Boden rings um den Tisch. Sie hatte sich den Mund und die A u gen angemalt, und als sie den Blick hob und sah, wie ich sie anstarrte, spitzte sie die Lippen zu einem Kuss.
    »Schau mal da, Eron, ein Soldatenjunge. Bist du g e kommen, um die süße Candy zu sehen?« Sie winkte mir zu. Als ich sah, wie das Fett um ihre Arme wabbelte, musste ich an die Baumfrau aus meinem Traum denken. Ich wich unwillkürlich einen Schritt zurück, was sie zum Lachen reizte. »Keine Angst. Komm mal ein bisschen näher, mein Süßer. Ich beiße nicht. Außer, du bist so süß wie Zucker.«
    Der dicke Mann hatte wieder seinen Platz auf dem Schemel eingenommen. Er wandte mir den Blick zu und lächelte. Sein Gesicht war buchstäblich in Fett gehüllt. Sogar seine Stirn wirkte speckig. In diesem Moment war ich der einzige Gaffer. Er sprach mich an. »Soldat, was? Du bist doch ein Soldatensohn, oder? Oh, da habe ich eine Auge für. Ich erkenne es an der Körperhaltung. Bei welcher Gattung bist du? Bei der Artillerie?«
    Er klang so freundlich, dass es flegelhaft von mir g e wesen wäre, ihn einfach zu ignorieren. Aber es bereitete mir Unbehagen, dass das Spektakel plötzlich zu einem Menschen aus Fleisch und Blut geworden war. Ich warf einen Blick über die Schulter. Die meisten Besucher schienen die schrilleren Angebote des Zelts vorzuziehen und gingen an dieser Nebenbühne größtenteils achtlos vorbei.
    »Ich bin bei der Kavalla. Ich bin Kadett an der Ak a demie des Königs«, sagte ich, und dann hielt ich inne. War ich das? In ein paar Tagen, da war ich sicher, würde ich ausgesondert werden. Der dicke Mann bemerkte mein plötzliches Innehalten nicht einmal.
    »Kavalla! Was du nicht sagst! Ich war auch einmal bei der Kavalla, auch wenn man mir das heute wohl kaum noch glauben mag. Jensens Reiterei. Ich hab als Hornist bei ihnen angefangen. War damals dünn wie ein Hering. Kaum zu glauben, was?« Er sprach so normal, als wären wir uns zufällig an einem Droschkenstand begegnet, als wäre überhaupt nichts Ungewöhnliches dabei, dass er mit jemandem plauderte, der gekommen war, um ihn als Monstrum zu begaffen.
    Ich lächelte ihn verlegen

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