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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ein verdammt guter Soldat, bis mir dieses Mis s geschick passierte. Vielleicht war ich bloß ein einfacher Landser, aber ich schäme mich dessen nicht. Ich habe mir jede Beförderung redlich verdient. Ich habe sie ni e mals gekriegt, weil ich der Sohn irgendeines Edelmanns gewesen wäre oder weil ich sie mir erkauft hätte. Ich h a be sie mir verdient. Ich habe mir diese Leutnantsstreifen verdient. Schau her, Kavallerist. Du weißt, wie echte O f fiziersstreifen aussehen, nicht wahr? Und es würde dir auch nichts ausmachen, einem alten Waffenbruder ein paar Münzen zu spendieren, damit er sich was l eisten kann, das ein bisschen stärker ist als Bier, nicht wahr? Im Winter wird’s hier drin ganz schön kalt. Da kann man einen ordentlichen steifen Grog manchmal gut gebra u chen, nach allem, was ich durchgemacht habe.«
    Er hatte es irgendwie geschafft, sich mit viel Mühe und unter wiederholtem Ächzen und Grunzen wieder auf die Beine zu hieven, fetzt zog er ein zusammengefaltetes Tuch aus seiner Hosentasche. Er schlug es ganz behu t sam auf und zeigte mir die Leutnantsstreifen, die darin schimmerten. Ich starrte sie an, wohl wissend, dass sie ebenso gut Fälschungen sein konnten. Wie der Schmuck, den viele Leute am Dunkelabend trugen, konnten sie aus Papier oder Emaille sein. Der dicke Mann löste die glä n zenden Streifen von dem Tuch, das sie umhüllte, und polierte sie ein bisschen. Als er sie wieder mit ihrer N a del an das Tuch heftete, beschrieb er den »Bleib fest«-Zauber über ihnen. Ich fühlte, wie mir ein kalter Schauer über den Rücken lief. Gewiss, er konnte das anderen a b geschaut haben, aber die Art, wie er es machte, hatte e t was so Routiniertes, unendlich oft Wiederholtes, dass ich das bezweifelte.
    Er schaute mich an und sah die Bestürzung in meinem Blick. Er lächelte, und es war ein grausames Lächeln, eines, mit dem er sich über sich selbst lustig machte. »Ich bin bloß ein alter Landser, mein Sohn. Ich war nie auf der Akademie des Königs wie du; ich hatte nie die Cha n cen, die du hast. Wenn die Seuche mich nicht ruiniert hätte, würde ich immer noch draußen im fernen Osten dienen. Aber sie hat mich erwischt, und nun sitze ich halt hier. Ich bekomme zu essen, ich habe Arbeit, wenn man das hier als Arbeit bezeichnen möchte – halb bekleidet in einem zugigen alten Zelt herumstolzieren, damit junge Spunde mich begaffen und über mich lachen können, von der tiefen Gewissheit erfüllt, dass sie niemals so enden werden wie ich. Ich kriege jede Nacht ein Bett und eine Decke. Aber damit hat es sich dann auch schon. Mit mehr kann ich nicht rechnen. Aber ich war einmal ein Kavallamann. Oh ja, das war ich.«
    Ich ertappte meine Hand dabei, wie sie tief in meine Tasche fuhr. Ich holte mein Geld hervor, drückte es ihm in die Hand, drehte mich um und flüchtete. Er rief mir seinen Dank hinterher und fügte hinzu: »Lass dich von ihnen nicht in den Wald schicken, mein Junge! Sieh zu, dass du dir irgendeinen schönen Posten im Westen suchst, wo du Säcke mit Korn oder Hufnägeln zählen musst. Halt dich nur ja vom Barrierengebirge fern!«
    Ich fand den Ausgang des Zeltes nicht. Ich zwängte mich durch eine Menschentraube, die dicht gedrängt um ein junges Mädchen herum stand, das mit Messern jo n glierte. Weder scherte ich mich weder darum, wie die Leute mich anstarrten, noch um die Frau, die mir lauthals eine Verwünschung hinterherschickte, weil ich ihr auf den Fuß getreten war. Mein Weg führte mich erneut an dem Fleck-Gehege vorbei, aber die Menge hatte sich dort längst zerstreut. Die Fleck-Männchen irrten apathisch in ihrem Käfig umher. Das Mädchen war nirgendwo zu s e hen. Ich schätzte die Zeit auf Mitternacht und vermutete, dass Rory und Trist noch einmal zurückgekommen w a ren.
    Ich bahnte mir einen Weg zur Eingangstür – ich wollte nicht daran denken, dass meine Kameraden jetzt bei dem wilden Fleck-Mädchen waren. Der dicke Mann und seine Geschichten hatten mir gründlich die Laune verdorben. All die Missgeschicke der jüngsten Zeit suchten mich mit einem Schlag wieder heim und bedrückten mich. Ich sol l te ausgesondert werden, aus keinem anderen Grund als dem, dass das politische Gleichgewicht auf der Ak a demie gewahrt blieb. Es würde nach einer schändlichen Niederlage aussehen und auch als eine solche betrachtet werden, ganz gleich, was in meinen Papieren stand. Ich bezweifelte, dass mein Vater mir ein Patent kaufen wü r de. Er würde mir wahrscheinlich mit ernstem

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