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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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schlecht.«
    »Du bist betrunken. Du solltest zusehen, dass du nach Hause kommst. Steh auf und geh nach Hause, Caulder!«
    Er hielt sich beide Hände vor den Mund, ließ sie aber sogleich wieder sinken, um sich den Bauch zu halten. »Mir ist schlecht«, stöhnte er, und erneut fielen ihm die Augen zu. Wenn ich ihn nicht festgehalten hätte, wäre er wieder umgekippt. Ich schüttelte ihn. Sein Kopf wackelte vor und zurück. Zum ersten Mal blieb ein Mann stehen und schaute zu uns herunter. »Am besten, du bringst ihn nach Hause, Junge, und lässt ihn dort seinen Rausch au s schlafen. Hättest ihn halt nicht so viel trinken lassen dü r fen.«
    »Ja, Sir«, antwortete ich mechanisch. Ich hatte nicht die Absicht, Caulder irgendwohin zu bringen. Aber ich konnte ihn auch nicht einfach da liegen lassen. Ich würde ihn irgendwohin schleppen, wo er nicht totgetrampelt wurde oder erfror. Denn inzwischen wurde es spürbar kälter, je weiter die Nacht voranschritt.
    Ich packte ihn bei den Handgelenken, stand auf und zog ihn hoch. Er war schlaff wie eine Stoffpuppe. Ich legte ihm den rechten Arm um die Hüfte, zog mir seinen linken Arm über die Schulter und hielt ihn mit der linken Hand fest, was dadurch erschwert wurde, dass ich ein gutes Stück größer war als er. »Beweg dich, Caulder!«, schrie ich ihm ins Ohr, und er murmelte irgendetwas U n verständliches. Ich schleppte ihn mit mir wie einen na s sen Sack, als ich mich auf den Weg machte, quer über den Großen Platz zu den Droschkenständen. Manchmal lallte er irgendetwas, und seine Beine bewegten sich, als mache er Riesenschritte, aber seine Worte ergaben ke i nen Sinn.
    Der Große Platz machte in dieser Nacht seinem N a men alle Ehre. Manchmal wurden wir vom Strom der Menschen vorwärtsgeschubst, manchmal kamen wir nicht weiter, weil irgendeine Menschentraube uns den Weg versperrte. Wir mussten uns mühselig um ein durch Seile abgetrenntes Areal herumarbeiten, auf dem Paare tanzten. Die Musik der Instrumente schien nur selten mit dem Herumgehüpfe der maskierten Tanzenden im Ei n klang zu sein, und nicht wenige von ihnen wirkten eher gequält als festlich gestimmt, während sie im Kreis he r umsprangen und die Arme und Beine fliegen ließen.
    Einmal erbrach sich Caulder ohne jede Vorwarnung – ein gewaltiger Schwall gelblichgrünen Auswurfs, der nur um Haaresbreite die Röcke einer feinen Dame verfehlte. Ich hielt ihn fest, während er sich krümmte und spotzte wie eine defekte Pumpe, und ich war heilfroh, dass der Begleiter der Dame sie eilig aus der Gefahrenzone esko r tierte und mich nicht, wie befürchtet, wütend zur Rede stellte. Als Caulder sich ausgekotzt hatte, schleppte ich ihn erst einmal weg von der Schweinerei, die er hinte r lassen hatte. Ich setzte ihn auf dem Rand eines der eing e frorenen Brunnen ab. Vergeblich suchte ich nach weni g stens einer Pfütze Wasser. Ich zog mein feuchtes T a schentuch hervor, wischte ihm so gut ich konnte das Kinn und seine triefende Nase ab und warf es dann weg. »Caulder! Caulder!«, schrie ich ihn erneut an. »Mach die Augen auf! Du musst aufstehen und gehen! Ich kann dich nicht den ganzen Weg bis nach Hause schleppen.«
    Aber statt zu antworten fing er bloß an zu zittern. Sein Gesicht war blass, und seine Haut fühlte sich immer noch klamm und kalt an. Ich stand auf und ging ein Stück von ihm weg. Er hing auf dem Brunnenrand wie ein Haufen schmutziger Wäsche, den jemand zurückgelassen hatte. Bis zum heutigen Tag weiß ich nicht, was mich bewog, umzukehren und zu ihm zurückzugehen. Ich trug keine Schuld an seiner Lage, und ich schuldete ihm nichts. Ich empfand eigentlich nichts als eine tiefe Abneigung g e genüber dem intriganten Balg, aber ich brachte es trot z dem nicht über mich, ihn zurückzulassen, damit er dort starrgefroren erwachte, wie er es verdiente.
    Ich gab den Versuch auf, ihn zu veranlassen, aus eig e ner Kraft zu gehen, sondern lud ihn mir über die Schu l tern wie einen Verwundeten und trug ihn durch die Me n ge. Dies erwies sich als eine bessere Lösung, denn mehr Menschen als vorher sahen uns rechtzeitig kommen und machten uns Platz. Als ich schließlich den Droschke n stand erreichte, hatte sich dort bereits eine lange Schla n ge gebildet. Die Straßen waren immer noch von Me n schen verstopft, was die Warterei noch in die Länge zog, weil die Droschken Mühe hatten, sich zum Halteplatz durchzukämpfen, um dort ihre Fahrgäste aussteigen und neue Passagiere einsteigen zu lassen.
    Als wir

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