Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
Truppe führen, wä h rend ich mein Pferd selbst striegeln und Mahlzeiten essen musste, die in einem großen Bottich gekocht worden w a ren, und mich mächtig anstrengen musste, um meine Sergeantenstreifen zu kriegen. Caulder würde eine Frau aus einem guten Haus und mit feinen Manieren beko m men. Vielleicht würde diese Frau meine eigene Base Epiny sein. Geschah ihnen beiden recht. Ich schaute hi n auf zu Oberst Stiets elegantem Haus auf dem Akademi e gelände und wusste, dass dies das einzige Mal war, dass ich je an jener großen weißen Tür klopfen würde. Ich schleppte Caulder die Marmortreppe hinauf, und als ich ihn losließ, fiel er neben mir um wie ein nasser Sack. »Alles deine Schuld, Nevare Burvelle«, lallte er. »Aber das wird Dir noch Leid tun, das schwöre ich dir. Das wird dich teuer zu stehen kommen.«
    »Du bist derjenige, der bezahlen wird!«, versetzte ich barsch. »Dir w ird morgen der Schädel brummen wie noch nie in deinem Leben. Und du wirst dich wah r scheinlich an nichts mehr von dem erinnern, was am Dunkelabend passiert ist.«
    Ich betätigte den Türklopfer bestimmt ein Dutzend Mal, bis ich endlich hörte, dass sich drinnen etwas rührte. Der Mann, der mir aufmachte, hatte den Kragen schlaff um den Hals baumeln und roch nach Glühwein. Ich ve r mutete, dass die Dienstboten, die in dieser Nacht die Stellung im Hause halten mussten, ihre eigene Dunke l abendfeier veranstalteten. Er sah nicht so aus, als habe er die Absicht, seine Teilnahme an den Festivitäten zu b e enden, auch nicht, als ich einen Schritt zur Seite trat und ihm das Häufchen Elend auf der Türschwelle namens Caulder präsentierte.
    »Doktor Amicas hat mir aufgetragen, ich soll Ihnen sagen, dass Sie ihn ins Bett schaffen sollen, aber dass Sie ihn erst schlafen lassen sollen, nachdem Sie ihm zwei Schoppen heiße Rinderbrühe eingeflößt haben. Er leidet an Unterkühlung, und er hat weit mehr getrunken, als ihm zuträglich ist. Der Doktor sagt, er habe schon erlebt, dass Kadetten an einer solchen Alkoholmenge gestorben sind.«
    Just als ich das sagte, beugte Caulder sich zur Seite und erbrach sich über die Treppe. Der Gestank war de r maßen unerträglich, dass sich mir der Magen umdrehte. Der Dienstbote wurde ganz bleich. Er drehte sich um und brüllte: »Cates! Morray!« Als die Gerufenen, zwei jüng e re Männer, einen Augenblick später erschienen, befahl er ihnen: »Tragt den jungen Herrn hinauf in sein Bett, zieht ihn aus und steckt ihn in einen Zuber mit heißem Wasser. Sagt dem Koch, er soll ihm heiße Rinderbrühe machen. Einer von euch holt einen der Stalljungen; er soll die Treppe abwischen, bevor das Zeug festfriert. Und Sie, junger Mann! Wie heißen Sie?«
    Ich hatte mich bereits zum Gehen gewandt. Widerstr e bend drehte ich mich wieder um. »Kadett Nevare Burve l le. Aber ich habe Caulder lediglich nach Hause gebracht. Für seinen Zustand bin ich nicht verantwor t lich.«
    Das schien den Mann nicht zu interessieren. »Nevare Burvelle«, sagte er langsam und in missbilligendem To n fall, als sei mein Name Teil von Caulders üblem Geruch. Die anderen Bediensteten hatten Caulder inzwischen he r eingeschleift, und der Diener mit dem lose hängenden Kragen folgte ihnen und schlug die Tür hinter sich zu, ohne ein Wort des Dankes oder auch nur einen A b schiedsgruß zu äußern.
    Ich ging vorsichtig die Stufen hinunter, machte einen Bogen um das Erbrochene und überquerte den nächtl i chen Campus. Die Kälte und die Dunkelheit schienen hier noch größer und noch tiefer zu sein als anderswo. Das einzige Geräusch, das ich vernahm, war das Kni r schen meiner Sohlen auf dem halb gefrorenen Schnee. Als ich Haus Carneston erreichte, begrüßte mich ein ei n zelnes trübes Licht an der Tür. Als ich hineinging, fand ich das Erdgeschoss verwaist. Niemand saß an Sergeant Rufets Tisch. Das einzige Licht spendete die dunkelrote Restglut im Kamin. Ich stieg die Treppe hinauf, dankbar für die Lampen, die auf jedem Treppenabsatz brannten. Unsere Zimmer waren alle dunkel. »Spink!«, rief ich, aber es kam keine Antwort. Er war nicht zurückgekehrt. Das bedeutete, dass das Unglück, in das er und Epiny verwickelt waren, seinen Lauf nahm.
    Ich fand mein Bett im Dunkeln, ließ meine Kleider einfach auf den Boden fallen und stieg hinein. Ich war tüchtig durchgefroren, und die bitteren Enttäuschungen der letzten Tage und Wochen legten sich über mich wie schwere Decken, die mich nicht wärmten, sondern nur noch tiefer in die

Weitere Kostenlose Bücher