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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Platz. Der Kutscher knallte die Tür zu und stieg auf se i nen Bock. Und da saßen wir dann scheinbar ewig lange, bis er es endlich schaffte, sein Gespann in den stetig fli e ßenden Strom aus Kutschen, Karren und Fußgängern zu manövrieren. Wir bewegten uns im Schritttempo durch die Straßen der Stadt nahe dem Großen Platz, und mehr als einmal hörte ich, wie Kutscher sich gegenseitig ve r wünschten und Drohungen ausstießen.
    Je weiter wir uns vom Platz entfernten, desto dunkler wurde die Nacht und desto mehr ließ der Verkehr nach. Schließlich trieb der Kutscher sein Gespann zu einem flotten Trab an, und wir ratterten dahin durch die nächtl i chen Straßen. In Abständen huschte Lichtschein von den Straßenlaternen durch das Innere der Kutsche. Immer wieder stieß ich Caulder mit der Fußspitze an. Das Stö h nen, das ich ihm damit entlockte, beruhigte mich, bede u tete es doch, dass er noch am Leben war. Wir waren schon fast auf der Akademie-Auffahrt, als ich ihn husten und dann mürrisch fragen hörte: »Wo sind wir? Sind wir schon da?«
    »Wir sind fast zu Hause«, sagte ich tröstend.
    »Zu Hause? Ich will nicht nach Hause.« Er versuchte sich aufzusetzen und schaffte es nach einigen vergebl i chen Versuchen schließlich auch. Er rieb sich das G e sicht und die Augen. »Ich dachte, wir würden in ein H u renhaus gehen. Das war die Wette, weißt du nicht mehr? Du hast gewettet, dass ich nicht die ganze Flasche scha f fen würde, aber wenn ich es schaffen würde, würdest du mich in das beste Hurenhaus in der Stadt mitnehmen.«
    »Ich habe mit dir um überhaupt nichts gewettet, Cau l der.«
    Er beugte sich vor und schaute zu mir herauf. Sein Atem stank bestialisch. Ich wandte mich angewidert von ihm ab. »Du bist ja gar nicht Jaris! Wo ist er? Er hat mir eine Frau versprochen! Und ich … wer bist du?« Er fas s te sich plötzlich mit beiden Händen an den Kopf. »Beim gütigen Gott, ist mir schlecht! Du hast mich vergiftet!«
    »Jetzt kotz bloß nicht die Kutsche voll! Wir sind schon fast vor deiner Haustür.«
    »Aber … was ist passiert? Warum haben sie nicht … Ich …«
    »Du hast zu viel getrunken und das Bewusstsein verl o ren. Und ich bringe dich gerade nach Hause. Mehr kann ich dir auch nicht sagen.«
    »Warte.« Er versuchte, auf die Knie zu kommen, um mir ins Gesicht schauen zu können. Ich lehnte mich z u rück. Er packte mich bei den Aufschlägen meines Ma n tels. »Du kannst dich nicht vor mir verstecken. Ich kenne dich. Du bist dieser verstockte Burvelle, dieses Neuadel-Schwein. Der mit dem Stein. Du hast mir den Dunke l abend versaut. Die haben gesagt, ich könnte mit ihnen kommen! Sie haben gesagt, sie würden heute Nacht e i nen Mann aus mir machen!«
    Ich umfasste seine Handgelenke und riss unsanft seine Hände von meinen Mantelaufschlägen los. »Dazu bräuchte es weit mehr als eine Nacht und eine Flasche billigen Schnaps. Nimm deine Hände von mir, Caulder! Und wenn du mich noch einmal als Schwein bezeichnest, verlange ich Satisfaktion von dir, egal wie alt oder we s sen Sohn du bist!« Ich stieß ihn mit dem Fuß von mir fort.
    »Du hast mich getreten! Du hast mir wehgetan!« Er bellte die Worte regelrecht heraus, und als die Kutsche schließlich anhielt, brach er in Tränen aus. Es war mir einerlei. Ich hatte mehr als genug von ihm. Als ich über ihn stieg, um an die Türklinke zu gelangen, trat ich ihm auf die Hand. Ich wollte einfach nicht mehr so lange wa r ten, bis der Kutscher von seinem Bock herunterstieg und uns die Tür aufmachte. Mit den Füßen zuerst zog ich Caulder nach draußen und ließ ihn mit dem Hintern auf das Pflaster knallen. Ich zog ihn zur Seite, weg von der Kutsche, und schlug die Tür wieder zu. Der Kutscher trieb sofort seine Pferde an und fuhr los. Auch er wollte nichts weiter mit uns zu tun haben. Er hatte es eilig, zum Dunkelabend zurückzukehren und die Gunst der Stunde zu nutzen, um sich noch ein paar lukrative Fuhren zu s i chern.
    »Steh auf!«, herrschte ich Caulder an. Ich war jetzt sehr wütend auf ihn. Er war der perfekte Sündenbock, die ideale Zielscheibe für all meine aufgestaute Wut und Frustration. Da hockte er nun wie ein Häufchen Elend, ein Soldatensohn wie ich, aber ohne jedes Ehrgefühl, ohne jegliche Moral oder Ethik. Aber sein Vater würde ihm den Weg in die Akademie erkaufen, und zweifellos würde er ihm ein schönes Patent beschaffen, nachdem er sich durch die zwei Akademiejahre gesoffen und gehurt haben würde. Caulder würde eine

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