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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Verzweiflung drückten. Ich schlief u n ruhig, taumelte von einem Albtraum in den nächsten. Darin stand ich nackt auf dem Großen Platz, und jeder wusste, dass ich von der Akademie ausgesondert worden war. Mein Vater war da. »Sei ein Mann, Nevare!«, fuhr er mich heftig an, doch stattdessen heulte ich wie ein kleines Kind. Ich träumte von Rory und der Fleck-Frau. Ein- oder zweimal wachte ich auf, als andere Kadetten zurückkehrten. Sie lachten und rissen Witze, und von ihren Alkoholfahnen wurde mir übel. Nach meinem E r lebnis mit Caulder nahm ich an, dass es eine ganze Weile dauern würde, bis ich wieder Lust haben würde, etwas zu trinken. Ich wälzte mich auf die andere Seite und fiel in einen tieferen Schlaf, und mit diesem einher ging ein sehr lebensechter lustvoller Traum.
    Alle jungen Männer haben solche Träume. Es ist nichts Schlimmes daran; es besteht kein Grund, sich d a für zu schämen. Mein Traum war höchst sinnlich und voller plastischer Details. Ich schmeckte, ich roch, ich hörte, ich berührte und ich sah. Jeder meiner Sinne war an dem Zusammensein mit der Frau beteiligt. Ich ruhte zwischen ihren Schenkeln und zeichnete träge mit dem Finger die bunten Muster auf der Haut ihrer Brüste nach. Ihre Brustwarzen waren dunkel und hoch aufgerichtet. Ihre Zunge war ebenfalls dunkel, und ihr Atem roch nach Blumen u nd Waldboden und schmeckte wie sonnengerei f te Früchte an einem heißen Sommertag. Ihr Körper u m fing meinen mit weiblicher Geschmeidigkeit. Wir paarten uns wie Tiere, bedenkenlos und ohne jede He m mung.
    Sie war meine Belohnung dafür, dass ich mein Volk verraten hatte. Ich lag auf ihrer wölbungsreichen, zart schmiegenden Weichheit und vergrub mein Gesicht in der köstlichen, warmen Mulde zwischen ihren Brüsten. Ich schwelgte in ihrer Fülle, fasziniert von den nachgi e bigen Falten und Erhebungen ihres Leibes. Danach hielt sie mich noch eine Weile in sich, fest umschlungen. Sie küsste mich mit einer Sinnlichkeit, die alles, was ich mir je ausgemalt hatte, weit übertraf. Ihre Hände liebkosten meinen kahlrasierten Schädel und packten dann meinen geteerten Haarbüschel, der in seiner Mitte emporstand. »Du hast die Linie überschritten und bist mein«, sagte die Baumfrau ganz leise.
    Ich schrak mit einem Keuchen aus dem Schlaf hoch. Trotz der Ferien schlugen am nächsten Morgen die Trommeln. Für einen kurzen Moment noch hallte die Sinnlichkeit der lüsternen Frau in mir nach, in meinen Gedanken und in meinem Körper. Doch schon im näc h sten Moment ekelte ich mich so vor mir selbst, als wäre mein Traum Wirklichkeit gewesen. Niemand ist veran t wortlich für das, was er des Nachts träumt. Dennoch schämte ich mich dafür, dass ich mir dergleichen auch nur hatte vorstellen, geschweige denn mich davon err e gen lassen können. Die anderen im Zimmer stöhnten und fluchten, und wir zogen uns die Kissen über den Kopf. Keiner stand auf. Ich schlief noch einmal fest ein und erwachte erst, als Tageslicht durch die Fenster hereinfiel. Schließlich quälte ich mich aus dem Bett. Es war kalt, aber ich war besser dran als die meisten meiner Kamer a den. Ich war immer noch müde und niedergeschlagen, aber ich hatte wenigstens keinen Kater. Kurz vor dem Mittagessen zog ich meine Uniform an, die noch klamm war von der vorausgegangenen Nacht. Die Tische im Speisesaal waren halb leer. Einer von den wenigen, die sich dort zu mir gesellten, war Spink. Vor dem Essen hatte ich ihn kaum zu Gesicht bekommen, denn er war früh aufgestanden und hatte einen Spaziergang in der kalten Morgenluft gemacht. Er lächelte in sich hinein und summte vor sich hin, als er sich neben mich setzte. »Ep i ny?«, fragte ich ihn leise.
    Er schaute mich aus rotgeränderten Augen an. Er wirkte müde, aber gutgelaunt, und antwortete nach ku r zem Zögern: »Ich habe sie nicht gefunden. Ich habe sie eine Weile gesucht und es dann aufgegeben. Vielleicht war sie so vernünftig, zu Hause zu bleiben. Danach habe ich dich gesucht. Aber es war einfach zu voll dort. Wirst du nach ihr fragen, wenn du deinem Onkel schreibst?«
    »Sicher.« Mir fiel ein, dass ich es gestern versäumt hatte, ihm einen Brief zu schreiben. Gleichzeitig wurde mir bewusst, dass ich auch keinen von ihm bekommen hatte. Nun, schlechte Nachrichten eilen nicht, pflegte mein Vater zu sagen, und mir fiel beim besten Willen keine gute ein, die ich meinem Onkel hätte überbringen können. Ich überlegte, ob ich Spink von meinem G e spräch unter vier Augen mit

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