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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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zu werten, und verfehlte ihn mit beiden. Sofort stürzte ich mich auf ihn, in der verzweifelten Hoffnung, seinen Schwanenhals zu unterlaufen und ihm wenigstens ein bisschen wehtun zu können, bevor er mich tötete. Zu meinem Entsetzen griff er blitzschnell um und rammte mir das kurze Heft seines Schwanenhalses in die Mage n grube. Die Wucht des Stoßes h olte mich von den Beinen und schleuderte mich nach hinten. Ich landete auf dem Rücken und schlug so hart mit dem Hinterkopf auf den von der Sonne hartgebackenen Boden auf, dass ich vor meinen Augen Sterne funkeln sah. Der Schlag hatte mir die Luft geraubt. Schmerz breitete sich strahlenförmig von der Mitte meines Körpers aus.
    Ich japste nach Luft, und schwarze Punkte schwa m men am Rande meines Gesichtsfelds. Alle viere von mir gestreckt, lag ich auf dem Boden und rang nach Atem. Er ging ein paar Schritte von mir weg, zog seine Kleider glatt und schob seinen Schwanenhals zurück in die Scheide. All dies tat er mit dem Rücken zu mir. Was das bedeuten sollte, konnte mir nicht entgehen: Ich war kein Gegner für ihn; er sah keine Bedrohung in mir. Als er sich wieder zu mir umwandte, lachte er, als hätten wir gerade gemeinsam etwas Lustiges erlebt, und dann zog er einen Streifen von dem geräucherten Fleisch aus dem Päckchen. Ich hatte mich auf die Seite gerollt und ve r suchte aufzustehen. Er warf mir den Streifen zu, und er landete neben mir im Schmutz. »Du hast die Lektion g e lernt. Iss, Soldatenjunge! Die Lektionen des morgigen Tages werden eine größere Herausforderung für dich sein.«
    Es dauerte mehrere Minuten, bis ich es geschafft hatte, mich wenigstens aufzusetzen. Nichts, was mir bis dahin in meinem Leben widerfahren war, hatte mir mehr we h getan. Verglichen hiermit waren die blauen Flecken von Sergeant Durils Kieselsteinen wie die Küsse einer Mu t ter. Ich wusste, in meinem Urin würde Blut sein; ich hoffte nur, dass ich keine ernsteren inneren Verletzungen davongetragen hatte. Dewara spazierte unbekümmert um meinen Tümpel herum. Er hob eines der Bruchstücke meines Stocks auf und rührte damit gedankenverloren im Wasser herum, vielleicht, um die Blutfrösche zu ve r scheuchen.
    Noch nie in meinem Leben hatte ich mich so gedem ü tigt gefühlt. Ich hasste Dewara von ganzem Herzen, aber noch mehr hasste ich meine eigene Schwäche. Ich starrte auf das Fleisch, das da vor mir im Dreck lag. Meine B e gierde war überwältigend, und gleichzeitig schämte ich mich dafür, dass ich auch nur daran dachte, Nahrung von meinem Feind anzunehmen. Nach einer Weile hob ich den Streifen Dörrfleisch auf. Ich erinnerte mich an Se r geant Durils Worte, dass in einer Gefahrensituation ein Mann alles in seiner Macht Stehende tun müsse, um se i ne Kräfte und zugleich einen kühlen Kopf zu bewahren. Sofort fragte ich mich, ob ich nicht bloß nach Ausreden für meine Schwäche suchte. Der Gedanke m achte mir Angst, dass Dewara mir womöglich einen hinterhältigen Streich spielen wollte. Ich schnupperte an dem Streifen und fragte mich, ob ich es wohl riechen könnte, wenn er vergiftet wäre. Als mir der Duft des geräucherten Fle i sches in die Nase stieg, krampfte sich mein Magen vor Hunger zusammen, und mir wurde schwindelig. Ich hö r te, wie Dewara leise in sich hineinlachte. Dann rief er mir zu: »Besser, du isst, Soldatenjunge! Oder war die Lektion zu hart für dich?«
    »Gar nichts habe ich von dir gelernt«, fauchte ich z u rück, wobei ich bewusst bei der respektlosen Form der Anrede blieb, um ihm meinen Hass und meine Verac h tung deutlich vor Augen zu führen, und biss in die Fleischstange. Sie war zu hart, als dass ich einfach ein Stück von ihr hätte abbeißen können. Erst, nachdem ich sie weichgekaut hatte, konnte ich ein Stück mit den Zä h nen abreißen, und schluckte sie in halb durchgekauten Bissen herunter, die mir wehtaten, als sie sich durch me i nen Schlund zwängten. Leider war die Stange nur allzu rasch aufgezehrt. Während der ganzen Zeit hatte ich D e wara nicht eine Sekunde aus den Augen gelassen. Es ä r gerte mich, so etwas wie Anerkennung und Beifall in seinem Blick zu sehen. Er machte ein Klickgeräusch mit den Zähnen, und einen Moment später hörte ich den Hu f schlag seines Pferdes. Dedem erschien am Rande der Senke und kam eilig heruntergetrabt. Er watete in das seichte Wasser des Tümpels und begann lautstark zu trinken. Dewara ging zum anderen Ende des kleinen Tümpels. Ich sah, wie er niederkniete. Er schob den gr ü nen

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