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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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großen Verblüffung ließ er mich laufen.
    Ich brauchte nur kurz, um das zu begreifen. Oder vie l leicht auch lange. Ich ritt und ritt, meine Wunde brannte, und mein Herz hämmerte so stark, dass ich fürchtete, es würde mir aus dem Leibe springen. Jeden Moment rec h nete ich damit, dass die Klinge wieder herabsauste und das Licht für mich ausging. Das Dröhnen meines eigenen Blutes in meinem Körper war so laut, dass ich zuerst gar nicht merkte, dass sein Hufschlag leiser wurde. Ich ri s kierte einen Blick zur Seite und dann nach hinten. Er ha t te seinen Hengst gezügelt. Während ich davongaloppie r te, saß er reglos auf seinem Pferd und schaute mir hinte r her. Er lachte mich aus. Ich hörte es nicht, ich sah es nicht, aber ich fühlte es. Er schwang seine golden bli t zende Klinge über dem Kopf und machte eine verächtl i che Geste mit seinem freien Arm. Sein Spott traf mich wie ein heißer Stich.
    Schamerfüllt und blutend floh ich wie ein getretener Hund. Ich hatte nicht mehr genügend Flüssigkeit in me i nem Körper, um weinen zu können, sonst hätte ich es wohl getan. Meine Kopfwunde blutete eine Weile, dann bildete sich eine Kruste aus geronnenem Blut und Staub darauf.
    Ich ritt weiter. Kiekscha wurde langsamer, aber ich besaß weder den Willen noch die Energie, sie zu schne l lerer Gangart anzutreiben. Eine Zeitlang versuchte ich noch, sie zu führen, in der Hoffnung, dass wir den gle i chen Weg zurückritten, den wir gekommen waren, aber wir waren bereits von unserer ursprünglichen Richtung abgekommen, und das kleine Taldi war entschlossen, seinen eigenen Kopf durchzusetzen. Ich ließ es gewä h ren. Hatte mir nicht Sergeant Duril oft genug gesagt, ich solle meinem Pferd vertrauen, wenn ich keinen besseren Führer hätte?
    Den ganzen Nachmittag über hing ich wie ein Sack auf Kiekschas Rücken und ließ sie willenlos laufen, w o hin immer sie wollte. Unser Tempo war kaum mehr als ein gemächlicher Gang. Mir war schwindlig. Der Hi m mel war strahlend blau und die Sonne brannte heiß. Mein Hunger, der eine Weile in den Hintergrund getreten war, hatte sich mit Macht wieder gemeldet, und mit ihm ein Würgegefühl, das meine ausgedörrte Kehle schier zu ze r reißen schien. Ich fühlte mich vollkommen verloren, hil f los den Launen des Schicksals preisgegeben. Als ich Dewara gefolgt war, hatte ich geglaubt, es gebe irgendein Ziel, zu dem wir strebten, und trotz meiner Zweifel hatte ich mich irgendwie sicherer bei ihm gefühlt. Jetzt war ich so gut wie verloren, bis die Nacht anbrach und die Sterne mir den Weg wiesen. Und was noch schlimmer war: Ich hatte mein Leben verpfuscht. Ich war ungehorsam g e genüber Dewara gewesen und hatte meinem Vater Schande gemacht. Ich hatte mein jugendliches Urteil s vermögen über ihres gestellt, und wenn ich hier draußen den Tod fand, dann hatte ich das ganz allein mir zuz u schreiben. Vielleicht war es ja wirklich eine Prüfung meines Durchhaltevermögens gewesen, und ich hatte zu früh aufgegeben. Wenn ich versucht hätte, ihm das Wa s ser gewaltsam abzunehmen, wäre er vielleicht von me i nem Mut beeindruckt gewesen und hätte mich mit einem Trunk belohnt. Vielleicht hatte ich mir durch meine Flucht den Tod eines Feiglings verdient. Mein Körper würde hier draußen verfaulen und Insekten und Vögeln zum Fraß dienen, bis meine Knochen zu Staub zerfallen waren. Mein Vater würde sich meiner schämen, wenn Dewara ihm erzählte, wie ich vor ihm weggerannt war. Ich ritt weiter, völlig verzweifelt.
    Am späten Vormittag des darauffolgenden Tages fand Kiekscha Wasser. Ich kann nicht behaupten, dass ich ihr dabei behilflich gewesen wäre.
    Wer sagt, dass unsere Flachlande dürr sind, hat damit nur teilweise Recht. Es gibt Wasser, aber es befindet sich größtenteils unter der Erde und tritt nur an die Oberfl ä che, wenn Gesteinsformationen oder das Gelände es dazu zwingen. Kiekscha fand eine solche Stelle. Der steinige Wasserlauf, dem sie folgte, war in jenem Frühling kn o chentrocken, aber sie trottete stur neben ihm her, bis wir an eine Stelle kamen, wo eine Felsnase das Wasser an die Oberfläche gezwungen und es sich zu einem morastigen Tümpel kaum größer als zwei Stallboxen angesammelt hatte. Der Tümpel stank vor Leben und hatte die giftgr ü ne Farbe der Verzweiflung. Kiekscha platschte hinein und begann das schlammige Wasser zu trinken.
    Ich ließ mich von ihrem Rücken gleiten, ging zwei Schritte von ihr weg und legte mich bäuchlings in die trübe

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