Never Knowing - Endlose Angst
Ferne heulten Sirenen auf. Sollte ich warten? Eine Stimme in meinem Kopf schrie:
Fahr los, hol Ally, du hast keine Zeit!
Ich sprintete zur Tür, riss meinen Schlüssel aus dem Schloss, sprang in den Cherokee und startete den Motor. Ich setzte in der Auffahrt zurück, verpasste knapp den parkenden Streifenwagen. Am Ende der Auffahrt schaltete ich in den Vorwärtsgang und drückte das Gaspedal durch.
Während ich die Straße entlangraste, überschlugen sich meine Gedanken, um einen Plan zu schmieden, aber alles, woran ich denken konnte, war Ally. Ich musste sie holen – schnell. Im Moment galt die Aufmerksamkeit der Cops vor allem Sandy, aber jede Minute konnte ihnen auffallen, dass wir verschwunden waren. Ich musste den Cherokee loswerden. Könnte ich es zu Lauren schaffen? Nein, zu weit. Ein Nachbar! Gerry, der alte Mann ein paar Häuser weiter, hatte einen Truck, den er nie benutzte, und eine lange Auffahrt. Ich bog ab, parkte in einer kleinen Lichtung, die durch ein paar Bäume vom Haus abgeschirmt war, und rannte zu seiner Tür.
Er reagierte nicht auf mein hektisches Klopfen. Ich hämmerte erneut gegen die Tür. Ich wollte gerade wieder gehen, als die Tür aufging. Gerrys weiße Haare standen ihm zu Berge, und er trug einen Bademantel.
»Sara, du hast ja überall Blut!«
»Gerry – ich brauche deinen Truck. Ich war spazieren, und Elch wurde von einem Auto angefahren. Ich habe keine Zeit, zu mir nach Hause zu laufen.«
»Wie furchtbar. Natürlich.« Er schlurfte in die Küche, mit mir dicht auf den Fersen, und wühlte in einem Korb auf dem Tresen, während ich das Bedürfnis unterdrückte, ihn aus dem Weg zu stoßen. Als er die Schlüssel hochhielt, riss ich sie ihm praktisch aus der Hand, rief ihm ein »Danke!« über die Schulter zu, während ich schon aus der Tür raus und auf seinen alten roten Chevy zurannte.
John hatte nicht geschrieben, welchen Highway ich von Nanaimo aus nehmen sollte, also fuhr ich auf die Schnellstraße, die um die City herumführt, und fuhr Richtung Norden. Weil der Highway landeinwärts entlangführt, gibt es zu beiden Seiten der Straße nur Wald, und die Ausfahrten liegen weit auseinander. Der Handyempfang wurde schlechter, und ich hatte Angst, ich könnte Johns Anruf verpassen. Das Telefon, das ich neben Sandy gefunden hatte, lag auf meinem Schoß, und ich berührte es mehrmals.
Komm schon, du Arschloch. Sag mir, wo meine Tochter ist.
Mein Kopf war angefüllt mit entsetzlichen Bildern, wo Ally stecken und was John ihr antun könnte. Sollte ich die Polizei anrufen? Verloren sie durch mich kostbare Zeit? In einer Minute schien es genau das Richtige zu sein, in der nächsten geriet ich in Panik, dass John es herausfinden und Ally umbringen könnte.
Dreißig Minuten lang fuhr ich auf dem Highway, mein Körper vibrierte immer noch vor Adrenalin, und meine Gedanken überschlugen sich. Ich blickte auf die Straße, sah jedoch nichts. Ich überfuhr eine rote Ampel. Reifen quietschten, als andere Autos ausscherten, um mir auszuweichen. Ein weiterer Angstschauder schoss durch meinen Körper. Erst als ein Tropfen auf meinem Arm landete, merkte ich, dass ich weinte. Billys Stimme durchbrach den Tumult in meinem Kopf:
Wann immer Sie in Panik geraten, atmen Sie einfach, sammeln Sie sich und konzentrieren Sie sich auf Ihre Strategie.
Ich atmete angestrengt und tief durch die Nase ein und zwang die Luft durch den Mund wieder hinaus. Ich wiederholte diese Übung, bis ich endlich in der Lage war, einen Gedanken festzuhalten. Was war der nächste Schritt? John würde anrufen. Und dann? Er würde mir sagen, wo ich ihn treffen sollte. Was sollte ich dann machen? Alles, was ich tun musste, war mitzuspielen, ihm zu erzählen, was immer er hören wollte, und auf eine Chance zu warten, um …
Das Handy klingelte.
Ich tastete nach dem Telefon und brüllte: »Wo ist sie?«
»Fährst du gerade?«
»Geht es Ally gut?«
»Folgt dir jemand?«
»Wenn du ihr etwas antust, werde ich …«
»Ich tue ihr nichts.«
»Du hast die Polizistin verletzt…«
»Sie wollte auf
mich
schießen. Und du hast schon wieder gelogen – Ally war gar nicht in der Schule.«
»Weil ich Angst hatte, du würdest irgendetwas Verrücktes anstellen, und ich hatte
recht
. Du kannst nicht einfach mein Kind nehmen und damit drohen, sie …« Meine Stimme brach.
»Es war die einzige Möglichkeit, dass du kommst. Ich weiß, dass du mit der Polizei gesprochen hast. Ich werde dir später alles erklären.«
»Bitte tu
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