Nevermore
ändert, sonst werde ich mich nach neuen Stammspielern umsehen müssen! Und Borgon, ich muss dir hoffentlich nicht noch mal sagen, dass du den verdammten Ball auch festhalten sollst, wenn du ihn fängst! Hast du kapiert? Ist das klar? Und jetzt bewegt eure Ärsche da raus und dreht dieses Spiel!«
Vielstimmiges Poltern war zu hören, als die Spieler von den Bänken aufsprangen. Isobel machte einen Schritt zurück, als die Meute nach draußen strömte wie Dampf aus einem Schnellkochtopf. Keiner von ihnen bemerkte Isobel. Schweigsam und schlecht gelaunt liefen sie an ihr vorbei. Gegen die kalte Betonwand gepresst, suchte Isobel die Rücken nach der Nummer einundzwanzig ab und hoffte, dass sie auch weiterhin unsichtbar blieb.
Brads Nummer entdeckte sie allerdings nicht. Er musste noch in der Kabine sein. Isobel wartete, bis nach einer Weile Trainer Logan herauskam. Er drehte sich um, entdeckte sie und sein gerötetes Gesicht verzog sich zu etwas, das Isobel als anzüglichen Blick interpretierte. Sie widerstand dem Drang, zornig zurückzustarren, und sah stattdessen auf den Boden zwischen ihren Turnschuhen.
Als der Trainer in Richtung Spielfeld davonstürmte, drückte Isobel sich von der Wand ab. Leise schlüpfte sie durch die Tür und ging die drei Stufen hinunter, die zur Umkleidekabine führten. Die Luft hier drin war feucht und durchtränkt von dem Geruch nach Schweiß, Gras und Schmutz. Sie fühlte sich beim Einatmen stickig an, so als ob sie keinerlei Sauerstoff enthielt. Als ob man eine Sauna betrat.
Brad saß alleine in der Mitte einer Bank, hielt seinen Helm in den Händen und hatte den Kopf gesenkt. Seine Haare hingen ihm schweißverklebt ins Gesicht. Nass hatte es die Farbe alter Pennys.
Isobel ging auf ihn zu und war überrascht, dass er nicht aufsah. »Brad«, kündigte sie sich mit ruhiger Stimme an.
Er starrte weiter auf seinen Helm. Langsam drehte er ihn zwischen seinen Händen, so lange, bis die Innenseite nach oben zeigte.
»Brad«, wiederholte sie und ging auf ihn zu. Der glänzende Schweißfilm auf seiner Haut ließ das Rot der Blase auf seiner Oberlippe aufleuchten. Oder war der Grund dafür eher, dass er so blass war?
Isobel blieb vor ihm stehen und sah hinunter auf das schwarze Schaumstofffutter seines Helms. Dann ging sie vor ihm in die Hocke und legte ihre Hände auf seine Handgelenke. »Brad, ist alles in Ordnung mit dir?«
Er hob den Kopf und Isobel spürte, wie Entsetzen in ihr hochstieg. Geweitete Pupillen, groß und schwarz, verdeckten fast gänzlich das kräftige Blau seiner Iris - zwei schmale Kränze um Löcher aus lichtschluckender Schwärze.
»Fass mich nicht an«, fauchte er und schüttelte ihre Hände ab, als er aufstand. Isobel verlor das Gleichgewicht und richtete sich stolpernd auf. Brad wandte sich von ihr ab und ging Richtung Tür.
»Brad, warte!«
»Sag ihnen, sie sollen mich in Ruhe lassen!«, rief er und lief die Treppe hinauf.
Schockiert sah Isobel, wie er durch die Tür ging und sich entfernte. Sie rannte ihm hinterher, stieg die drei Stufen hoch, als ihr plötzlich der Weg verstellt wurde.
Mark. Mit dem Helm in der Hand funkelte er sie wütend an. Sein Gesichtsausdruck war unnachgiebig und hart. Unter jedes Auge hatte er einen Streifen schwarzer Farbe geschmiert.
Isobel hüpfte auf den Zehenspitzen auf und ab und streckte sich so hoch wie möglich, um über seine dick gepolsterte Schulter sehen zu können. Brad näherte sich dem Spielfeld und hob eine Hand an die Stirn. Die Luft um ihn herum schien sich zu bewegen und zu flimmern. Isobel blinzelte, um besser sehen zu können, doch das half nicht. Dunkle, schlangenartige Ranken aus öligem Rauch tauchten wie aus dem Nichts auf. Wie violette Tintewolken nahmen dunkle Wesen Gestalt an. Urplötzlich tauchten mehrere Paar schwarzer Stiefel auf, die vier weißgesichtigen Kreaturen gehörten, die nun zielstrebig hinter Brad hermarschierten, zwei auf jeder Seite. Ihr Lächeln funkelte scharfrot.
»Oh mein Gott, Brad!« Isobel wollte vorpreschen, doch Mark hinderte sie mit seinem kräftigen Arm daran. Sie wehrte sich, doch er hielt sie fest und schleuderte sie nach hinten. Isobel stolperte die Treppe hinunter und stützte sich an einer Wand ab.
»Ich weiß ja nicht, was du gemacht hast«, sagte Mark, »aber halt dich einfach von ihm fern.«
Verblüfft starrte Isobel ihn an. Als er ihr den Rücken zuwandte stürzte sie die Stufen hoch, entschlossen, an Mark vorbei zuflitzen. Er musste ihre Schritte gehört haben,
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