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Nevermore

Nevermore

Titel: Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Creagh
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verzerrte Version von Isobels Spiegelbild auf.
    Als das Pendel ein weiteres Mal vorbeischwang, spiegelte sich darin das weiße Gesicht einer Gestalt mit leeren Augen. Isobel japste nach Luft, drehte sich in Windeseile um und stolperte dabei fast gegen die Uhr.
    Doch hinter ihr war niemand.
    Ihr Blick erhaschte das letzte Stück eines davoneilenden Schattens, den das flackernde Licht auf die blutroten Fenster warf.
    Sie blickte zurück zur Uhr, doch diesmal war im Silber des Pendels nur ihr eigenes Spiegelbild zu sehen. Isobel trat einen Schritt zurück. Der Minutenzeiger zuckte. Sie machte kehrt und rannte auf den Türbogen zu.
    Mitternacht. Um diese Zeit hatte Poes Geschichte ihren Höhepunkt erreicht. Und genau um diese Zeit würde es wieder geschehen - das wurde Isobel plötzlich klar. Panik durchflutete sie. Wo auch immer sie war, was auch immer hier los war, ob es nun ein Traum war oder nicht - sie hatte nur eine Stunde Zeit. Eine Stunde. Um was zu tun? Um die Tür zu finden, die sie laut Varen finden sollte? Glaubte er denn, sie würde ihn hier zurücklassen? Und wenn sie es nicht schaffte, ihn vor Mitternacht zu finden, Was dann?
    Isobel schob den Gedanken beiseite.
    Begierig darauf, endlich dem schwarzen Zimmer zu entfliehen, durchquerte sie den Türbogen. Sie gelangte in einen tunnelartigen, kurzen Durchgang. Violette Wände erhoben sich rechts und links des schmalen, bogenförmigen Flurs. Er führte zu einem weiteren Raum, in dem alles violett war, die Fenster glichen Amethysten.
    Während das schwarze Zimmer komplett leer gewesen war, standen in diesem überall Leute, die als Pfauen, Hofnarren, Dämonen und Königinnen verkleidet waren. Da gab es Federmasken, Seidenmasken, glitzernde Abendkleider mit Glockenärmeln, Zylinder und lange Umhänge. Zahllose Goldornamente hingen von der Decke herab wie ein ganzes Sonnensystem. Eine junge Frau, die mit weißen Straußenfedern und Diamanten geschmückt war, lag ausgestreckt auf einem Diwan. Von einer ihrer Zehen baumelte ein elfenbeinfarbener Schuh, in jeder Hand hielt sie ein Glas Wein und sie lachte hysterisch, als ein winziger Mann in einem grün-gelben Hofnarrenanzug wieder und wieder so tat, als würde er hinfallen.
    Isobel musterte die maskierten Gesichter und Gestalten auf der Suche nach irgendjemand - irgendetwas - Vertrautem. Sie schlängelte sich an Gruppen und Paaren vorbei und bahnte sich einen Weg zum anderen Ende des Raumes.
    Als sie den Türbogen erreichte, der in das nächste Zimmer führte, musste sie sich eng an die Wand drücken, um nicht von einer Schlange Feiernder über den Haufen gerannt zu werden. Sie hielten sich an den Händen und preschten schreiend und lachend an ihr vorbei. Der Letzte in der Reihe war ein Mann, der eine Hundemaske mit Hängeohren trug; er griff nach Isobels Hand, um sie mitzuziehen. Sie riss sich los und stolperte in das nächste Zimmer.
    Es war so weiß wie Schnee und in Pastelltönen dekoriert. Ausladend erstreckte es sich um eine runde Tanzfläche voller sich drehender Tänzer. Vergoldete Ornamente säumten die runden Wände und überzogen die hohe Kuppeldecke. Der ganze Raum glitzerte und funkelte wie das Innere eines Faberge-Eis.
    Die Musiker waren als schillernde Libellen verkleidet und saßen dicht gedrängt in einer Ecke. Fieberhaft spielten sie auf ihren Instrumenten, Geigenbogen flatterten wie Libellenflügel. Die Tänzer drehten sich in dem beständigen Eins-zwei-drei-Rhythmus wie Derwische und ihre mit Perlen und Edelsteinen besetzten Kleider flogen dabei in die Höhe.
    Die Frauen waren gepudert und blass und sahen aus wie altbackene Zuckertörtchen. Die Männer waren groß gewachsen und wirkten mit ihren knallbunten spitzen Masken wie Raubtiere.
    Isobels Blick fiel auf eine vertraute, männliche Gestalt. In einen Tanz mit einem dunkelhaarigen Mädchen in Rot versunken, drehte er sich weg.
    »Varen!« Isobel lief auf die mit Kristall geflieste Tanzfläche, wich den Tanzenden aus und duckte sich unter behandschuhten Armen und um sich schlagenden Fächern hindurch. Sie verlor das Paar aus den Augen, doch dann schob es sich wieder in ihr Blickfeld. Sie war sich absolut sicher, dass er es war. Seine Haare, seine Größe und Statur - alles passte. Und das Mädchen. War das Lacy?
    Isobel rannte schnurstracks auf sie zu. Das Paar verschwand erneut und tauchte dann blitzartig wieder in dem Gewühl kostümierter Höflinge auf. Sie drehten sich vor ihr, glitten hinter sie, tanzten neben ihr. Isobel spürte, wie das

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