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Nevermore

Nevermore

Titel: Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Creagh
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hielten ihre Köpfe nach rechts und links gewandt, während sie sich selbstvergessen im Tanz drehten.
    »Sieh sie dir an«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Hast du so etwas schon mal gesehen? Sie haben einfach alles, nicht wahr? Alles, aber keine einzige Sorge, über die sie sich den Kopf zerbrechen müssten.«
    Mit einem Ruck befreite Isobel ihre Hand aus seinem kalten, glatten Griff. Pinfeathers bekam sie wieder zu fassen, drehte sie erneut zu sich herum und beugte sie nach hinten. Für einen Moment stand die Welt köpf, dann richtete er sie zu schnell wieder auf - und vor Isobels Augen verschwamm alles. Pinfeathers fasste sie wieder an den Händen. Mit seinem Fuß drückte er gegen ihren und versuchte sie dazu zu drängen weiterzutanzen.
    »Verstehst du denn nicht, du dummes Mädchen? Weißt du denn nicht, dass du hier alles tun und lassen kannst, was du willst? Du kannst alles haben, was du dir wünschst.«
    »Aber es ist nicht echt«, widersprach Isobel. »Nichts davon ist echt.«
    »Du bist doch echt, oder? Versuch es mal. Denk an etwas, das du dir wünschst. Denk an etwas, das du dir mehr wünschst als alles andere. Warte. Ich weiß … aber erst musst du die Augen schließen.« Er brach den Walzer ab und hielt ihr eine Krallenhand ans Gesicht. Unwillkürlich schloss sie die Augen. Als sie sie wieder öffnete, stand Varen vor ihr.
    Die blauen Flecken und der Schnitt in seinem Gesicht waren verschwunden. Unter seinen Augen war kein Kajal und kein schmaler Silberring durchbohrte seine Lippen. Und seine Haare waren jetzt nicht mehr pechschwarz, sondern hatten ein sanftes Weizenblond angenommen. Er lächelte zu ihr herunter und sein Blick wirkte irgendwie wärmer. Seine Augen hatten das sanfte Grün eines Waldes. Jede kleine Veränderung an ihm war für sich alleine genommen fast gar nicht zu bemerken, doch wenn man sie alle zusammennahm, war der Unterschied riesig. Er wirkte so … normal.
    Isobel hob eine Hand und strich ihm mit den Fingerknöcheln über die Wange, genauso, wie er es an jenem Abend vor ihrem Haus getan hatte. Varen nahm ihre freie Hand und Isobel war überrascht, dass sie nicht die scharfen Kanten seines Drachenrings oder die spitzen Ecken seines Schulrings spürte. Seine Haut fühlte sich so warm auf ihrer an. Sie blickte auf die Vorderseite seines zugeknöpften Hemdes. Es war blau - ihre Lieblingsfarbe - und es stand ihm wirklich gut.
    Sie sah ihn an.
    »Vertrau mir«, flüsterte er.
    »Aber ich -«
    »Lass einfach los.«

 
     
    Eine Erscheinung
     
    Isobel, ich habe gefragt, ob wir gehen wollen.«
    »Was? Wohin denn?«
    Varen lachte und ein Grübchen erschien, von dem sie bisher gar nicht gewusst hatte, das es existierte. Aber es schien irgendwie logisch, dass es dort war. »Zu Swansons Unterricht, wohin denn sonst?« Er drehte sich um und sie bahnten sich, immer noch Händchen haltend, einen Weg durch die Menge.
    Um sie herum wurden Spinde zugeknallt, hievten Schüler ihre Rucksäcke auf ihre Schultern und griffen nach ihren Büchern. Vor ihnen stand Mr Swanson an der Tür zu seinem Klassenzimmer und lotste die Schüler hinein.
    Sie waren an der Trenton High. In der Schule. Wie waren sie denn hierhergekommen?
    »Ah, Var-obel«, sagte Mr Swanson, als sie näher kamen, »wie schön, dass ihr es ausnahmsweise pünktlich schafft. Isobel, ich brauche immer noch diese Hausarbeit über Cervantes von dir. Ich weiß, dass am Freitag ein Spiel stattfindet, aber kannst du sie vielleicht nächste Woche abgeben?«
    Hausarbeit. Cervantes. Don Quixote? Hatte sie die jemals fertig geschrieben?
    »Ich glaube, sie ist fast fertig damit. War das nicht die, bei der ich dir geholfen habe? Isobel?«
    Die Schulglocke läutete schrill und laut über ihren Köpferi Isobel sah nach oben und versuchte herauszufinden, wo das Geräusch herkam.
    »Okay, okay, ich glaube euch.« Ihr Englischlehrer seufzte. Er wedelte mit den Händen und bedeutete ihnen hineinzugehen »Geht schon. Setzt euch hin. Lernt.«
    Isobel blieb kurz stehen. Sie blickte den Flur hinunter und fragte sich, woher sie gerade gekommen waren. Warum konnte sie sich nicht daran erinnern, vor dieser Stunde im Unterricht gewesen zu sein? Und woher hatte sie überhaupt diese verwaschenen dunklen Jeans und das eng anliegende pinke T-Shirt mit dem V-Ausschnitt?
    Varen zog sie weiter und der Gedanke zerplatzte wie eine Seifenblase. Sie folgte ihm und er führte sie zu dem Platz, an dem sie immer saßen. Ganz automatisch setzte Isobel sich neben ihn. Warum fühlte

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