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Nevermore

Nevermore

Titel: Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Creagh
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»ich hatte schon befürchtet, dass das der Fall sein würde.«
    Isobel ergriff die Gelegenheit beim Schopf. Sie packte den Türknauf, den sie sich erdacht hatte, und drehte ihn. Der Boden unter ihr gab nach und sie stürzte.
    Überrumpelt purzelte Pinfeathers an Isobel vorbei, die sich an dem Türknauf festhielt. Sie öffnete den Mund zu einem lautlosen Schrei, als ihr Körper mit einem Ruck anhielt und sie über einer Welt aus Asche, verwelkten Blättern und verkohlten schwarzen Bäumen baumelte. Sie blickte zwischen ihren Füßen hindurch nach unten, wo Pinfeathers sich in dicke Tintenspiralen auflöste, bevor er auf dem Boden - der nicht mehr als drei Meter entfernt war - aufschlagen und in tausend Stücke zerspringen konnte.
    Es hatte funktioniert, stellte Isobel erstaunt fest und warf einen kurzen Blick um sich. Sie war wieder hier! Sie hatte es in die Wälder geschafft!
    Die Köpfe der übrigen Nocs erschienen in der offenen Tür über ihr. Sie flüsterten und drehten die Köpfe. Keiner von ihnen machte auch nur die geringsten Anstalten, nach ihr zu greifen.
    Isobels Hand begann vom Türknauf abzurutschen. Sie ließ los, machte sich bereit für den Fall und landete auf den Beinen.
    Pinfeathers richtete sich zu seiner menschenartigen Gestalt auf. Er blieb in einiger Entfernung von ihr stehen, während die anderen Nocs sich in Vögel verwandelten und durch die offene Tür flogen. Sie ließen sich auf den nackten, sich hin und her wiegenden Ästen der skelettartigen Bäume nieder, beobachteten sie und warteten.
    Um sie herum regnete es Asche, die so schwer und dicht war, dass sie sich auf den Schultern von Varens Jacke sammelte. Mittlerweile hatte sich Isobels Frisur vollkommen aufgelöst. Ein kalter Windstoß schlug ihr ins Gesicht.
    Der violette Himmel drehte sich, tobte und toste wie das Auge eines Hurrikans. Die in der Luft schwebende Tür wurde von einem Windstoß zugeknallt.
    Isobel blickte durch die Bäume hindurch und entdeckte eine weitere, schmalere Tür. Sie erkannte sie sofort wieder und wusste augenblicklich, dass es die war, die sie suchte. Es war fast so als ob die Tür sie gesucht hätte.
    Oder ihr aufgelauert hatte.
    Als sie näher kam, fiel Isobels Blick auf die beiden Schilder, die an der Tür klebten. Die Worte darauf waren in Spiegelschrift geschrieben, doch Isobel musste sie nicht erst lesen, um zu wissen, was da stand. Auf dem oberen: Kein Zutritt , während das untere den Leser zur Vorsicht vor Bess mahnte.

 
     
    Verschleiert
     
    Isobel stand jetzt direkt vor der Tür. Hinter ihr riefen und krächzten die Nocs wie verrückt. Der Wind riss und zerrte an ihren Haaren, an Varens Jacke und am Saum ihres zerfetzten Kleides. Die an der Tür klebenden Papierschilder zitterten und flatterten in dem Getobe und drohten von dem schnell heftiger werdenden Wind mitgerissen zu werden.
    Sie griff nach dem Türknauf, der sich links an der Tür befand, genau auf der anderen Seite als der Türknauf in Bruce’ Laden, so hatte Isobel es in Erinnerung - ebenso wie die Schilder. Neben ihr raschelte es. Sie hielt inne, drehte sich blitzschnell um und sah, wie Pinfeathers näher kam.
    »Tu das bloß nicht«, warnte sie ihn.
    Er blieb mit ein paar Metern Abstand vor Isobel stehen. Die anderen Nocs verstummten und verharrten regungslos in den Bäumen, während Pinfeathers Isobel misstrauisch beäugte. Sie starrte kühl und beherrscht zurück. Es schien so, als wären sie sich nun beide im Klaren darüber, wozu sie fähig war.
    »Ich weiß, was du jetzt denkst«, sagte er und seine statisch rauschende Stimme nahm einen sanften, diplomatischen Tonfall an. Sein Blick wanderte zur Tür und dann wieder zu Isobel. »Und deshalb rate ich dir dasselbe.«
    Isobel kniff die Augen zusammen und konzentrierte sich auf ihn. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Hatte er nicht gerade noch versucht, sie aufzuspießen? Warum wollte er ihr jetzt ins Gewissen reden? Und warum hatte er es sich in letzter Minute anders überlegt, nachdem sie auf dem Friedhof bis aufs Blut miteinander gekämpft hatten, und bot ihr jetzt seine Hilfe an?
    Dass er mit ihr spielen wollte, war von Anfang an klar gewesen Doch jetzt war da mehr. Irgendetwas anderes, irgendein Geheimnis, das hinter der hohlen Maske seines Gesichts lauerte. In Gedanken kehrte Isobel zurück zu dem violetten Zimmer, zu Pinfeathers’ und Varens seltsamer Unterhaltung. Welche Bedeutung hatten sie füreinander?
    Isobel war bewusst, dass diese Frage zu gefährlich war, um sie der

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